Männerwirtschaft: »Seltsames Paar« zieht ins 21. Jahrhundert

Heinrich Schafmeister spielte am 55. Geburtstag mit Leonard Lansink in Einbeck / Nahezu ausverkauft /Filmkassiker und wahre Geschichte

Oscar und Felix kennt fast jeder aus der bekannten Fernsehserie mit Walter Matthau und Jack Lemmon. 2002 wurde der Klassiker, der auf einer wahren Geschichte beruht, von seinem Autor Neil Simon neu erfunden: Oscar und Felix erlebten im »seltsamen Paar im 21. Jahrhundert« ihre Wiedergeburt. In der deutschen Fassung der Komödie wird das ungleiche Paar von Leonard Lansink und Heinrich Schafmeister gespielt. »Was am Anfang aussieht wie eine ganz normale Männer-WG, entpuppt sich bald als beinahe eheähnliches Panoptikum, mit dem Unterschied, dass das ewig putzende Heimchen am Herd eben keine Frau, sondern ein Mann ist«. Am Freitagabend waren Oscar und Felix in Einbeck zu Gast.

Einbeck. Beide Schauspieler kennt man aus dem Fernsehen: Leonard Lansink spielt die Hauptrolle in der Serie »Wilsberg«, dem »Münster-Krimi« und war im Wilhelm-Bendow-Theater als Oscar zu sehen. Heinrich Schafmeister, der als Erich Collin in dem Film »Comedian Harmonists« bekannt wurde, spielte den Felix.

Der erste Akt zeigt eine völlig vermüllte Wohnung. Oscar lebt seit einiger Zeit getrennt und hat sich inzwischen mit dem Allein-Leben in einem Acht-Zimmer-Appartment auf seine Weise eingelebt. Regelmäßig trifft er sich mit seinen Freunden Speed (Joachim Kwasny), Vinnie (Dietmar Pröll) und dem Polizisten Murray (Marcus Born) zum Pokerspielen. Oscar hat als Wohnungseigentümer das Sagen und teilt die Getränke und Snacks nach Gutdünken zu. Dass die dazu gereichten Sandwiches wegen ihres fortgeschrittenen Alters schon verschiedene Farben angenommen hatten, stört sie dabei nur ein bisschen. »Sein Kühlschrank ist seit zwei Wochen im A… .« Als Felix eines Tages nicht zum Pokern erscheint, stellt sich heraus, dass sich seine Frau Francis von ihm getrennt hat. Oscar bietet seinem verzweifelten Freund an, in seine Wohnung zu ziehen. Felix nimmt dankbar an und will das Appartment auf Vordermann bringen. Oscar ist das einerlei: »Du kannst meinetwegen das Monogramm meiner Frau aus den Handtüchern fusseln.«

Doch bald wird Oscar der Ordnungsfimmel seines Freundes lästig. Beim Pokerspiel werden statt verschimmelter Sandwiches nun kleine Köstlichkeiten mit Gurkenhäppchen gereicht. Der neue Luftbefeuchter soll ein gutes Raumklima schaffen, aber er nimmt den Freunden die Luft. Das ist für Oscar zu viel. Er kippt den Gurkenteller aus, doch Felix ist sofort mit Handfeger und Kehrblech zur Stelle. Die Freunde wollen wissen, wo er die köstliche Sauce Bernaise her hat. »Man muss in aller Frühe aufstehen und den ›Bär Naise‹ erlegen«, antwortet Oscar trocken. Abends will Felix wieder aufräumen. »Lass es, ich mache heute noch mehr Dreck. Hier muss es nicht aussehen wie bei Mutti«.

Als Oscar im Fahrstuhl zwei »Spanierinnen aus Spanien« kennenlernt, kommt es zu einem Date in der Männer-WG. Dort laufen die Vorbereitung auf Höchsttouren, und man ist voller Vorfreude: Die »Gezeiten sind auf unserer Seite.« Oscar hat spanischen Wein mitgebracht, und Felix schiebt einen Braten in die Röhre. Endlich kommen Ynez (Amor Schuhmacher) und Hoolya (Mirjam Radovic): »Letzte Nacht haben wir geschlafen mit nichts an.« Oscar geht in die Küche, um Sangria zu machen. Allein mit Felix, fragen ihn Hoolya und Ines aus. Felix erzählt von seinen Kindern und seiner »besseren Hälfte«. Das rührt die beiden Damen so sehr, dass sie in Tränen ausbrechen. Oscar kommt zurück: »Was ist denn hier los? Kaum bin ich fünf Minuten weg, ist hier ein Bestattungsinstitut?«

Ynez und Hoolya wollen Ersatz für den Braten schaffen und laden die Männer auf eine Paella oben in ihrer Wohnung ein. Doch Felix ist sauer. Der verschmorte Braten hat ihm den Rest gegeben. Er will nicht mitgehen. Oscar geht allein.

Die letzte Szene zeigt das ungleiche Paar am nächsten Morgen. Oscars Wunschträume hatten sich nicht erfüllt. Die Frauen waren so von Felix beeindruckt, dass Oscar ihnen den ganzen Abend die Lebensgeschichte seines Freundes erzählen musste. Jetzt reicht es auch Oscar. »Ich bin am Rande des Nervenzusammenbruchs.« Felix kann sich immer noch nicht beruhigen, da wirft ihm Oscar seine Sachen hin: »Du hast gepackt!«So endete ein unterhaltsamer Abend im Wilhelm-Bendow-Theater. Das Publikum war begeistert, was die immer wieder aufbrandenden Lachsalven zeigten. Mehr als 700 Zuschauer aus der näheren und weiteren Umgebung waren gekommen, um die beiden aus dem Fernsehen bekannten Schauspieler live zu sehen.

Die Geschichte der Männerwirtschaft gab es übrigens tatsächlich. Ihr Vorbild war der bekannte Künstleragent Roy Gerber. Er vertrat unter anderem die Beatles, Jerry Lewis und Tom Jones. Roy Gerber zog nach seiner Scheidung mit seinem ebenfalls frisch geschiedenen Freund Danny Simon in eine Wohnung in West-Hollywood. Danny Simon war der Bruder von Neil Simon, dem Autor von »Oscar und Felix«. Der ordnungsliebende Danny raubte seinem WG-Genossen den letzen Nerv. Als Roy eines Tages zu spät zum Essen kam, war der Schmorbraten verdorben. Das war das Ende dieser Beziehung und der Anfang eines weltbekannten Theaterstückes, das später in mehr als 100 Folgen verfilmt wurde. Ursprünglich wollte Danny Simon selbst die Geschichte niederschreiben, doch nach 14 Tagen gab er auf. Sein Bruder Neil schrieb die Komödie zu Ende und brachte sie 1965 auf die Bühne. Das Stück gewann mehrere »Tonys«, die »Theater-Oscars«. Kurz darauf wurde das Stück mit Walter Matthau und Jack Lemmon verfilmt.

Das »seltsame Paar im 21. Jahrhundert«, die moderne Fassung der Männerwirtschaft, ist bereits das zweite Mal auf Tournee. Heinrich Schafmeister hatte an diesem Tag übrigens seinen 55. Geburtstag. Ob er am späten Abend noch in den Einbecker Lokalitäten gefeiert hat, ist nicht bekannt.wk