Ausschuss für Umwelt, Energie und Bau

»Märchenwald« soll es wert sein, geschützt zu werden

GfE-Antrag findet Unterstützung der SPD / Verwaltung möchte auf Nutzung von knapp fünf Prozent der Waldfläche nicht verzichten

Zwei Abteilungen im Einbecker Stadtwald sollen als Waldschutzgebiete ausgewiesen werden. Damit fand ein entsprechender Antrag der GfE im Ausschuss für Umwelt, Energie und Bau die erforderliche Mehrheit. Hier könnten, hieß es in der Begründung, wertvolle Flächen unter Schutz gestellt werden, die den Wald zu etwas Besonderem machten. Die Gegner des Vorschlags machten geltend, beim kleinen Einbecker Stadtwald könne man sich eine solche Maßnahme nicht erlauben, Nutzung müsse erlaubt bleiben.

Einbeck. Den Antrag der GfE erläuterte Kurt Meyerholz: Eigentlich habe man vorgesehen, zehn Prozent beziehungsweise 50 Hektar des Stadtwaldes dauerhaft aus der Bewirtschaftung zu nehmen und als Waldschutzgebiet auszuweisen. Hier seien starke Habitatbäume zu finden, die dem ökologischen Biotopverbund dienten, bis hin zu ihrem natürlichen Verfall. Die Bäume seien 120 bis 150 Jahre alt. Die Maßnahme wäre ein Schritt, eine bedeutende Naturlandschaft zu bewahren. Mit den Abteilungen 39a1 und 40b habe man insgesamt 25 Hektar dafür vorgesehen, die als Biotop hervorragend geeignet seien, erlebbare Naturflächen zu schaffen.

Schon jetzt werde die Fläche, die als »Märchenwald« bezeichnet werde, relativ extensiv gewirtschaftet. Sie in der aktiven Nutzung zu belassen, werde die Stadt nicht reich machen. Stattdessen könne man einen »Urwald von morgen« schaffen, so Meyerholz. Zugleich bekomme man eine Referenzfläche für den Wirtschaftswald. Und schließlich sei dieses Projekt nutzbar für den Bereich Tourismus beziehungsweise für gezielte Besuche. Insgesamt halte die GfE den »Märchenwald« für gut für Ansehen einer ökologisch ausgerichteten Stadt Einbeck: »Solche Urwälder sollten wir uns gönnen.« 25 Hektar seien 4,6 Prozent des Waldes - und sie würden bestechen durch Schönheit und hohen Erlebniswert. Wenn dies zu viel Fläche sei, »dann gute Nacht.« Zudem, ergänzte er, sei eine solche Idee nicht neu: Ähnliches gebe es bereits in Lübeck und Göttingen.

Die Unterschutzstellung könne er grundsätzlich befürworten, allerdings auf einem anderen Weg, sagte der Leiter der Stadtforst, Klaus Weinreis. Er halte das LÖWE-Programm für langfristige ökologische Waldentwicklung für richtig. Angesichts optimaler Bodenqualität sollte man nicht auf Bewirtschaftung verzichten, die waldbauliche Lenkung sollte bleiben. Eine Tabu-Zone, so Weinreis weiter, sollte es nicht geben. Er sprach sich dafür aus, auch hochwertige Einzelbäume entnehmen zu dürfen. Eine eigene Beobachtungs- beziehungsweise Erfahrungsfläche sei nicht erforderlich, immerhin sei die Arbeit in der Stadtforst seit rund 300 Jahren dokumentiert. Auf Kalkflächen, warnte Weinreis weiter, werde sich zudem der erwartete Urwald nicht bilden. Das Schutzziel wäre auch mit dem LÖWE-Konzept gesichert.

Die CDU, erläuterte Ulrich Vollmer, sei nicht für die Ausweisung des »Märchenwaldes«. In der Stadtforst seien ohnehin kaum positive Ergebnisse zu erzielen, mit der nicht bewirtschafteten Fläche wären die Verluste noch größer. Er bezifferte sie auf 18.000 bis 20.000 Euro - GfE war von 3.100 Euro pro Jahr bei den zunächst vorgeschlagenen 50 Hektar ausgegangen. »Ohne schwarze Null brauchen wir keinen «Märchenwald”«, so Vollmer. Es sei ja auch schon, erinnerte Carsten Pape, die Ruhewald-Fläche aus der Bewirtschaftung benommen, was das Ergebnis schmälere.

Er halte den GfE-Vorstoß für einen populistische Forderung einer Partei, die neu in die Politik dränge, so Dr. Reinhard Binder. FDP. Die Wünsche kosteten Geld - dabei sei die Situation des Waldes jetzt schon prekär. Wichtiger wäre ihm beispielsweise, Sponsoren für die Instandsetzung der Schwarzen Hütte zu finden.

Der Wald, führte Rolf Hojnatzki, SPD, aus, erfülle mehrere Funktionen. Trotz der geringen Größe sei dies eine sehr wertvolle Fläche, die hervorzuheben sei - wichtig nicht unter wirtschaftlichen, sondern unter ökologischen Prioritäten. Er sprach sich dafür aus, innerhalb von drei bis fünf Jahren zu sehen, was sich auf der geschützten Fläche entwickele. Das Areal sei etwas Besonderes, es schade nicht, zehn Prozent des Waldes sich selbst zu überlassen, betonte Dietlind Ostermann, SPD. Auch der Bevölkerung müsse man klarmachen, welche Schätze sich im Wald befänden: »Die Fläche können wir uns leisten.« Sie schlug vor, Rundgänge im Wechsel der Jahreszeiten anzubieten. Dass kompletter Schutz beispielsweise Verkehrssicherungsmaßnahmen verhinderte, gab der Leiter des Bauhofes, Dirk Löwe, zu bedenken. Das würde dann im Gegensatz zum Vorschlag stehen, hier Führungen durchzuführen. Das Ökosystem, das über Jahre gewachsen sei, erfülle vielfältige Aufgaben der Daseinsvorsorge, und ein öffentlicher Waldbesitzer wie die Stadt habe eine Vorbildfunktion, betonte der Fachbereichsleiter Bauen, Planen, Umwelt, Gerald Strohmeier. Während Bundes- und Landesforsten vor allem auf Wirtschaftlichkeit setzten, könne man in eigener Verantwortung über das wirtschaftliche Interesse hinaus handeln.

Einbeck als Wohn- und Lebensort rückte Peter Osterloh, GfE, in den Fokus. In der Konkurrenz zu Großstädten brauche sie ein Alleinstellungsmerkmal. Vieles habe man hier eben nicht, aber mit Natur könne man sich Originale schaffen, die wichtig seien. Das koste zwar Geld, aber wer den Wert erkenne, werde das auch bezahlen.

Die Kombination zwischen Lehrpfad und komplettem Schutz sei nicht möglich, so Bürgermeister Minkner. Er sprach sich dafür aus, nicht 100-prozentig auf die Nutzung zu verzichten. Außerdem wäre es hilfreich, die Fläche zu besichtigen - angesichts von 300 Jahren Waldbewirtschaftung bestehe kein akuter Handlungsbedarf. Der Antrag der CDU, das Thema zu vertagen wurde abgelehnt. Mit den sechs Stimmen von SPD und GfE sprach sich der Ausschuss dafür aus, die Flächen 39a1 und 40b als besonders geeignete Biotope auszuweisen, hier naturnahe Waldentwicklung sichtbar zu machen und die Fläche als Waldschutzgebiete aus der Bewirtschaftung herauszunehmen. Außerdem sollen Habitatbereiche ausgewiesen werden. CDU, FDP und Grüne stimmten dagegen. ek