Mehr Durchgängigkeit, Licht und Luft schaffen

Programm »Städtebaulicher Denkmalschutz« bietet Fördermöglichkeiten für Sanierungsvorhaben | Begehung

Einbeck. Wo liegen die Schwächen der Quartiere, welches sind ihre Stärken, wo gibt es Möglichkeiten und wie könnte man diese Chancen nutzen? Der Sanierungsbeirat aus dem Förder- und Sanierungsgebiet »Neustadt - Möncheplatz« war jetzt zu einem Rundgang durch die Innenstadt eingeladen. Vor Ort wollten sich Planer und Anwohner ein Bild davon machen, welche Probleme bei der Altstadtsanierung zu bewältigen sind, denn gefragt ist eine intensive Beteiligung der Bürger.

Das Förderprogramm »Städtebaulicher Denkmalschutz« hat unter anderem die Steigerung der Anziehungskraft der Altstadt zum Ziel, der Immobilienbestand und die Quartiere im Sanierungsgebiet sollen aufgewertet und private Vorhaben zu Modernisierung, Instandsetzung sowie Aus- oder Umbau aktiviert werden. Maßnahmen des Klimaschutzes und zur energetischen Quartierssanierung sind dabei ebenso im Blick wie Marketing und Management zur Altstadtbelebung. Begleitet wird die Sanierung durch umfassende Beratung von Bauwilligen und Hauseigentümern. Zahlreiche Bürger haben sich bereiterklärt, als Mitglieder des Sanierungsbeirates an der Rahmenplanung zur Altstadtsanierung mitzuwirken und ihre Anregungen und Ideen zur Entwicklung der Innenstadt und der Altstadtquartiere einzubringen.

Wissen aus den Quartieren war gefragt beim Blick durch Grundstückseinfahrten und auf Hinterhöfe. »Wir wollen Themen und Probleme aus Bereichen sammeln, wo wir in den kommenden Jahren aktiv werden können«, wünschte sich Fachbereichsleiter Gerald Strohmeier. Die Bürger beziehungsweise den Sanierungsbeirat wolle man unbedingt im Prozess mitnehmen, sie seien es, die Gedanken einbringen sollten in diesem Verfahren, das große Chancen für Einbeck biete.

Die Planer Hajo Brudniok und Dirk Puche ergänzten, dass man auf die Ortskenntnisse und das Insiderwissen der Quartiersbewohner zurückgreifen wolle. Die Mitglieder des Sanierungsbeirates seien zugleich Multiplikatoren, um in ihren Wohnbereichen für das Sanierungsvorhaben zu werben. Im Vorfeld seien zu Bewohnern einiger Sanierungsblöcke schon Kontakte geknüpft worden. Wenn man die Innenblöcke zeitgemäß saniere, könne man die Nachfrage nach dem Wohnen in der Altstadt erhöhen, waren sie sicher. Im Untersuchungsgebiet, führte Hajo Brudniok aus, gebe es derzeit einen relativ geringen Leerstand, aber viele Gebäude seien nur noch von einzelnen Senioren bewohnt.

Thema war zunächst der Möncheplatz: Welche Aufgaben soll der Platz künftig aufnehmen, und wie kann er entwickelt werden, das waren die Kernfragen dazu. Der Wunsch des Sanierungsbeirates war es, die Aufenthaltsfunktion zu verbessern. Aber auch die Informationsfunktion sollte bedacht werden. Erst müsse klar sein, was gewollt sei, dann nehme der Planer den Stift in die Hand, betonte Strohmeier. Notwendig scheint auch die Verbesserung der Bushaltestelle, die Situation mit der leichten Kurvenlage sei nicht optimal, hieß es. Mehr Licht und Luft in die Quartiere zu bringen, das könnte sich durch den Abbruch ungenutzter und teilweise ohnehin baufälliger Hinterhofanlagen erreichen lassen. Eine Entkernung ist beispielsweise am Neuen Markt möglich, eventuell – und den Bedarf gibt es auch für andere Bereiche – zu Gunsten von Stellplätzen für die Anwohner. Die Sanierung, führten die Planer aus, biete die Gelegenheit, die Grundstücke neu zu ordnen und zugleich »aufzuräumen« und für mehr Durchgängigkeit zu sorgen. Vielen Grundstücken, die direkt an der Straße gelegen seien, fehle es an Zufahrten zu den Höfen; hier könnte die Sanierung eine Verbesserung bringen. Wie so etwas möglich ist, schaute der Sanierungsbeirat in der Hägerstraße an: eine ruhige Oase im Grünen mit kurzer Innenstadtanbindung, erschlossen von der Vor- und Rückseite des Grundstücks. Ähnliches wäre auch für die Baustraße möglich, und hier gibt es schon Bereitschaft von Eigentümern, die Chancen des Sanierungsprogramms zu nutzen. Aber auch kulturelle Nutzungen sind möglich, als Beispiel wurde der frühere Saal Langhagen in der Altendorfer Straße besichtigt. »Kultur im Stadtquartier« sei eine Möglichkeit, dieses Quartier neu zu nutzen und interessant zu machen.

Flächenpotenzial ist vorhanden, das machte die Besichtigung in vielen Hinterhofbereichen deutlich. Wenn man neu baue, sollte man zeigen, dass auch im 21. Jahrhundert gestalterische Qualität möglich sei, appellierte Strohmeier an die Beteiligten, gute Ideen zu entwickeln. Dabei müsse man die Eigentümer mitnehmen, wenn man ihren Quartieren ein neues Gesicht gebe.

Komplett verändern soll sich der Neustädter Kirchplatz. Hier sind rund 3.000 Quadratmeter Einzelhandelsverkaufsfläche geplant. Der Bauantrag, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, liege noch nicht vor, es brauche seine Zeit, zahlreiche Details zu klären. Sie sei aber guter Hoffnung, dass man hier kurzfristig weiterkomme. Auf Seiten der Stadt und beim Investor Sepa gebe es große Bemühungen, das Projekt voranzubringen.

Einbezogen ins Sanierungsgebiet ist weiter der Mühlenwall. Der Eigentümer hat Überlegungen zur künftigen Nutzung eines leeren Gebäudes angestellt. Es gebe eine umfangreiche Bestandserfassung, und er sei willig, etwas daraus zu machen, hieß es. Das Gebäude habe Charme und Charakter, es wäre schön, wenn sich an dieser Stelle etwas Positives entwickele, betonte der Sanierungsbeirat.

Eine laufende Sanierung konnte der Beirat in der Alten Synagoge in der Baustraße besichtigen. Das Gebäude, entstanden um 1800, wird derzeit denkmalgerecht instandgesetzt, als Ort für Dialog und Begegnung, wobei die historischen Wurzeln nicht verdeckt werden. Aktuell sei, berichtete der Fördervereinsvorsitzende, die Baustelle »unter Dach und Fach«, zwei bis drei weitere Bauabschnitte seien noch geplant, und dazu soll auch das Förderprogramm genutzt werden. Dies werde, waren Strohmeier und Brudniok zuversichtlich, ein Schlüsselprojekt, von dem die gesamte Stadt profitieren könne.

Nach dem gelungenen Startschuss wird der Sanierungsbeirat künftig auch in der Alten Synagoge tagen: Geplant ist, dass im kommenden halben Jahr etwa sechs Sitzungen stattfinden, die nächste Zusammenkunft ist Mitte September.ek