Menschen auf der Flucht

Hoffnung geben Segen bringen, Segen sein: Sternsinger machen sich auf den Weg

Was braucht man auf der Flucht? Was bedeutet es gerade für Kinder, wenn sie fliehen müssen, Freunde und Schule verlassen und keine Aussicht auf eine glückliche Zukunft haben? Diesem The­ma widmen sich die Sternsinger bei ihrer Aktion. Sie wollen Segen bringen und Segen sein. Ihr Weg, der gestern mit dem Aussendungsgottesdienst begonnen hat, steht unter dem Motto »Hoffnung für Flüchtlingskinder in Malawi und weltweit«. Unmittelbar nach dem Gottesdienst wurde sie von Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek im Alten Rathaus empfangen.

Einbeck. Eine Fluchtgeschichte aus Bethlehem stellten die Sternsinger im Gottesdienst vor. Auch der neu geborene Jesus war mit seinen Eltern auf der Flucht. Die Familie musste vor König Herodes nach Ägypten fliehen. In der Geschichte kamen nicht nur die drei Weisen mit ihren prächtigen Geschenken zu Jesus, sondern auch eine Frau mit ihrer Tochter. Die beiden sind auf der Flucht, sie haben alles verloren und suchen Hilfe. Alles, was geblieben ist, ist ein Schlüssel, der sie an ihr Heim erinnert. Den schenkt die Frau dem Jesuskind. In jedem Schlüssel stecke Leben und Hoffnung auf ein Zuhause, auf gewohnte Umgebung und Heimat. Auf einer Flucht könne man, so Pfarrer Marschler, nur das Notwendigste einpacken: Kleidung, Essen, Trinken - und manchmal nicht mal das. Flucht und Vertreibung hätten auch viele Großeltern der Sternsinger-Kinder erlebt, die nach dem Krieg nach Einbeck gekommen seien. Marschler rief dazu auf, sich bereit zu machen für Menschen, die fliehen müssten. Wer auf der Flucht sei, dem sei die Hoffnung genommen, er wisse nicht, wie und wo er eine neue Heimat, ein Leben und ein Zuhause finde. Kinder müssten sich neue Spielkameraden suchen, neue Lebensträume müssten entstehen.

In der Sternsinger-Aktion wird an die Kinder gedacht, die alles verloren haben und nicht wissen, was ihnen die Zukunft bringt. Nur wenn sie Hilfe bekommen, können sie im Lager gut leben, eine Ausbildung absolvieren, die notwendige Versorgung erhalten. Es ist wichtig, dass sie die Hoffnung auf ein neues Zuhause nicht verlieren. Bundesweit seien eine halbe Million Sternsinger unterwegs, kündigte Marschler an, die Geld für Flüchtlingskinder sammeln, »damit sie Hoffnung haben.« In Einbeck haben sich rund 70 Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf den Weg gemacht, um mit gesegnetem Stern, gesegneter Kreide und vielen guten Wünschen den Menschen den Segen zu bringen: »Möge der Stern Gottes leuchten.«

Den ersten Segen »20 * C + M + B + 14«, »Gott segne dieses Haus im Jahr des Herrn 2014«, hat der Pfarrer ans Portal der St. Josefskirche geschrieben. Die nächste Station war das Alte Rathaus. Sie freue sich, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, dass die Sternsinger traditionell den Segen hierher bringen und den Wunsch nach Gottes Beistand an die Tür des Sitzungssaales schreiben würden. Besonders erkannte sie an, dass die Sternsinger die Zeit der Schulferien nutzten, um von Haus zu Haus zu gehen, den Menschen die frohe Botschaft Gottes zu bringen und Geld für Flüchtlingskinder in Malawi zu sammeln. »Ich wünsche euch viel Kraft dabei, aber ihr habt sicher auch viel Spaß.«

Mit dem Segensspruch sei der Wunsch nach guten Entscheidungen zum Wohl und Heil der Stadt verbunden, betonte Pfarrer Marschler. Er richtete zugleich Grüße von Papst Franziskus aus, den er vor Weihnachten in Rom kennenlernen konnte. In Europa dürfe man das Leid vor der Haustür nicht übersehen, etwa bei den Flüchtlingen aus Syrien oder Afrika. »Öffnet eure Herzen«, dazu habe auch der Papst aufgerufen. In Einbeck sei es möglich gewesen, nach dem Zweiten Weltkrieg rund 7.500 Flüchtlinge aus Schlesien aufzunehmen. Die Politiker seien zum Umdenken aufgefordert, betonte er, und wenn dies vor Ort nicht möglich sei, sollten sie den Appell weitergeben an ihre Parteien. Wenn man in einer Welt lebe, dürfe Globalisierung nicht bedeuten, dass es den Menschen in Europa immer besser gehe und denen in Afrika, Asien und Lateinamerika immer schlechter.

Die Sternsinger sind bis einschließlich Sonnabend, 4. Januar, unterwegs; am Sonntag, 5. Januar, werden noch Ausweichtermine angeboten. Sie sammeln für die Schulbildung für Flüchtlings- und asylsuchende Kinder im Dzaleka-Flüchtlingslager in Lilongwe in Malawi. Etwa 16.000 Flüchtlinge und Asylsuchende, die hauptsächlich aus Burundi, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo stammen, leben in dem Lager, das ursprünglich ein Gefängnis war. Viele Familien haben in ihrer Heimat Gewalt und Krieg erfahren müssen, sie leiden unter den Folgen. Um den Jungen und Mädchen eine Chance auf eine bessere Zukunft zu geben, hat es sich der »Jesuit Refugee Service« unter der Leitung von Pater David Holdcroft SJ zur Aufgabe gemacht, ihnen ein qualitatives Bildungsangebot zu ermöglichen. Die Qualität der Schulbildung soll weiter verbessert werden: mit mehr Klassenräumen neuen Lehrern und guten Schulbüchern sowie einer regelmäßigen Weiterbildung der Lehrer und Mitarbeiter. Der Schulbesuch ist für Kinder und Eltern ein Segen. Neben der Ausbildung erhalten sie ein Stück Normalität im schwierigen Alltag im Flüchtlingslager.ek