»Mindestens zehn sehr gute Ideen« für Abgewanderte

Gesprächsrunde Rückkehrförderung: Einbecks Vorzüge erkennen und hervorheben / Jugendlichen mehr ermöglichen

Was macht Einbeck lebenswert? Was hat diese Stadt, was Abgewanderte zur Rückkehr reizen könnte? Welche Vorteile und Schwächen sehen Außenstehende eher als Einheimische? Diesen Fragen ging Heidrun Hoffmann-Taufall als Moderatorin einer Gesprächsrunde beim Abend zur Rückkehrförderung nach.

Einbeck. In der Gesprächsrunde wurden Vertreter unterschiedlicher Bereiche befragt: Die Hektik großer Städte mag beispielsweise Volksbank-Vorstand Andreas Wobst nicht, er mag die Region und das, was sie zu bieten hat. Er verstehe aber, wenn es Menschen in die Großstadt ziehe, sagte er. Wer gehe, der sollte gut behandelt werden, denn vielleicht gebe es einmal eine Chance zur Rückkehr. Um Mitarbeiter zu halten, sei es beispielsweise wichtig, Weiterbildungen anzubieten, denn man sehe durchaus schon heute die Probleme, die im Personalbereich in Zukunft kommen würden. Um als potenzieller Arbeitgeber interessant zu sein, sei zudem Kinderbetreuung ein wichtiger Faktor.

Sparkassen-Vorstand Stefan Beumer als Zugereister aus einer Metropolregion schätzt es, nicht zweimal täglich im Stau stehen zu müssen. Es sei aber schade, dass bei Gesprächen über die Region häufig Negatives zuerst genannt werde. Dabei sei Einbeck eine tolle Stadt, die viel Lebensqualität biete. Wenn man großstädtische Angebote nutzen wolle, sei man in einer Stunde beispielsweise in Hannover in der Oper – so lange Wege müsse man in Großstädten auch zurücklegen. Er wünsche sich, so Beumer, mehr Selbstbewusstsein für diese Stadt. Viele Länder hat Jaana Saarteinen-Erben schon kennengelernt, heute ist sie Personalleiterin bei KWS. Die Sehnsucht nach Familie, so ihre Überzeugung, gebe Halt und Heimat, sie biete der Platz, an den man gern zurückkomme. Für Fachkräfte seien Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, München oder Berlin interessant – alles andere erscheine ihnen als Peripherie. Wenn es aber gelinge, sie hierher zu locken, blieben viele auch. Sie suchten Sinn und Zweck in ihrer Arbeit, und das könnten sie hier finden. Die Mitarbeiter suchten aber nicht nur die Arbeit, sondern sie hätten auch ein Leben in den Familien, und während für Kinder vieles geboten werde, gebe es für Jugendliche zu wenig. Sie fühlten sich gefangen hier, es fehle ihnen an Infrastruktur, und deshalb gingen viele Familien lieber nach Göttingen als nach Einbeck: »Es ist schön hier, aber Jugendlichen müsste man mehr ermöglichen.«

Die Vorzüge der ländlichen Regionen kennt auch Mediziner Thomas Schlachter, er hat zwölf Jahre in Frankfurt/Main gelebt. Für Kinder sei das Aufwachsen hier sicherer. Für Ärzte werde der demografische Dönerspieß zur Hähnchenkeule, mit einem starken Teil am oberen Ende. Die Patienten würden nicht nur älter, sondern sie brauchten auch mehr Fürsorge und Betreuung, und in einigen Jahren werde man zudem mehr Ärzte brauchen. Noch sei die Versorgung gut, wenngleich bis zu 20 Prozent der Kollegen schon über der Altersgrenze seien. In einigen Jahren seien es sogar 60 Prozent. Der medizinische Nachwuchs, so Schlachter, sei weiblich, und eine Praxis wie seine könnte auch von zwei bis drei Kolleginnen zusammen geführt werden, hätten Frauen doch eine andere Lebensplanung – das sei ein Modell der Zukunft. Rückkehrförderung sei somit für seinen Berufsstand ein wichtiges Thema, und gerade die Familienfreundlichkeit sei dabei zentral.

Einbeck, Botswana, Neuseeland, Heidelberg, das waren einige Lebensstationen von John Deppe. Früh und immer wieder hat er sich sozialen Projekten gewidmet, angefangen in der evangelischen Jugend. Einbeck, ist er überzeugt von seiner Heimat, sei eine schöne Stadt. Das Wichtigste sind auch für ihn die Familie. Deren Förderung, kritisiert er, sei aber schlecht in Deutschland. Viele Paare müssten sich sehr anstrengen beziehungsweise beide berufstätig sein, um über die Runden zu kommen. So wären beitragsfreie Kindergärten ein Beitrag zur Familienfreundlichkeit, aber wie so oft liege es auch hier am Geld: Mit mehr Geld könne man mehr machen und mehr Chancen bieten. Einbeck müsse sich stärker rausputzen, nicht zur zum Eulenfest und zu Weihnachten. Es gebe eine wunderbare Musikszene, viel Potenzial im kreativ-künstlerischen Bereich, das müsse man herausheben. Und wenn etwas stattfinde, sollten die Einbecker das auch nutzen und hingehen.

»Einbeck ist attraktiv, es muss nur kommuniziert werden«, so Heidrun Hoffmann-Taufalls Fazit nach einem anregenden Abend. Sie habe »mindestens zehn sehr gute Ideen« gehört, ergänzte Professor Christiane Dienel.ek