Mit Tula und Tim soziale und emotionale Kompetenz bei Kindern fördern

Lions Club Einbeck unterstützt die Kindergärten der Region im Jubiläumsjahr durch Finanzierung einer Fortbildung zum Programm »Kindergarten plus«

Der Lions Club Einbeck feiert sein 50-jähriges Bestehen – und die Kindergärten der Region können sich über Geschenke freuen. Alle Einrichtungen haben die Möglichkeit, am Bildungs- und Förderprogramm »Kindergarten plus« teilzunehmen. Der Lions Club unterstützt die entsprechende Fortbildung von Erzieherin-nen mit bis zu 15.000 Euro. Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der deutschen Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft, Berlin, hat den Erzieherinnen jetzt das Programm vorgestellt.

Einbeck. Nach dem Jugendförderungsprogramm »Lions Quest«, das auch in den Schulen in Einbeck erfolgreich durchgeführt wurde, möchte der Lions Club Einbeck die Arbeit im Bildungsbereich mit »Kindergarten plus« fortsetzen. Dahinter stehe, so Dr. Alexander Bohrisch vom Lions Club Einbeck, die Überzeugung, dass Frühförderung eine wichtige Aufgabe sei, um Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken und ihnen eine gesicherte Bildungsgrundlage für die weitere Entwicklung zu vermitteln.

Der Club widme sich dieser Aufgabe aus der Erkenntnis, dass Kinder mit ungleichen Voraussetzungen im Bereich Verhalten und Bildungsstand in den Kindergarten kommen würden. Durch gezielte Erziehungsmaßnahmen sollten sie gefördert werden, um den Übergang in die Grundschule mit gleichen Startchancen problemlos zu schaffen. Dass das Programm Erfolg hat, zeigen die Lions im Nachbarkreis Holzminden. Hier konnten inzwischen alle 20 Kindergärten dafür gewonnen werden. »Wir haben 2008 mit vier Kindergärten angefangen, und das Angebot wurde schnell zu einem Renner«, berichtete Wolfgang Ernesti, Lions-Mitglied aus Holzminden. »Von der guten Arbeit sind Erzieherinnen und Kinder gleichermaßen begeistert.« Man könne nur empfehlen, ein solches Vorhaben umzusetzen und es zum festen Bestandteil der Kindergartenarbeit zu machen.

Lions, führte Dr. Bohrisch weiter aus, wurde 1917 in Chicago gegründet. Mit 1,4 Millionen Mitgliedern in 45.000 Clubs sei dies die größte Nichtregierungsorganisation der Welt. Die Idee sei, dass Unternehmer sich für soziale Projekte engagierten. Der Club vor Ort, erläuterte Dr. Bohrisch, habe 34 Mitglieder. Spenden würden unter anderem beim Flohmarkt anlässlich des Eulenfestes gesammelt. Es würden Benefiz-Vorträge angeboten, erstmalig kam im vergangenen Jahr ein Adventskalender mit Gewinnmöglichkeiten heraus, und zum fünften Mal findet am 21. März das Konzert mit dem Heeresmusikkorps 1 aus Hannover im Wilhelm-Bendow-Theater statt. Hinter allem stehe ein großer ehrenamtlicher Aufwand, hob er hervor.

Mehr als 1.300 Einrichtungen machten bereits bei »Kindergarten plus« mit, erläuterte Dr. Jörg Maywald. Ziel sei die Stärkung der Persönlichkeit vier- bis fünfjähriger Kinder in Kindertageseinrichtungen. Das Programm fördert das soziale und emotionale Lernen und die Persönlichkeitsbildung. Dies sei ein zentraler Bildungsbereich und der Schlüssel für viele andere Felder. Wenn man den Kindergarten als vorgezogene Schule sehe, werde das Bildungsverständnis verengt, so Dr. Maywald. Bei »Kindergarten plus« handele es sich nicht um ein Vorschulprogramm.

Ein wichtiges Element des Programms sind die Handpuppen Tula und Tim, denn die Zielgruppe sei im »das goldene Alter der Rollenspiele«, wie er betonte. Von den Puppen sind die Kinder in der Regel ganz begeistert. Im Abstand von drei bis vier Monaten, bei Bedarf auch länger, werden die neun Module des Programms mit den Kindern erarbeitet. So sollen nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Kinder bald mehr Zeit in der Kita als in der Grundschule verbringen, emotionale, soziale und geistige Bildung und Kompetenz gefördert werden. Die Erzieherinnen werden bei Beobachtung und Dokumentation unterstützt, und Eltern werden informiert und sensibilisiert. Zudem dient das Programm dazu, die Einrichtung zu profilieren. »Kindergarten plus« orientiert sich an neurobiologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen, wonach jedem geistigen Lernschritt ein emotionaler Entwicklungsschritt voraus geht. Durchgeführt wird das Programm von möglichst zwei Erzieherinnen, wobei es günstig wäre, wenn die Gruppenerzieherin der Kinder zwar dabei sei, aber keine führende Rolle übernehme. Optimal wäre es, die Angebote in Zusammenarbeit mit anderen Kitas abzuhalten, wobei dies vermutlich nur schwer möglich sein werde, räumte der Referent ein. Umgesetzt wird »Kindergarten plus« in Gruppen mit bis zu zwölf Kindern, die Zusammensetzung sollte bunt gemischt sein. Geschult werden sensomotorische Kompetenzen im Bereich »Mein Körper, meine Sinne«, emotionale Kompetenzen, wenn es um Gefühle, Angst und Mut, Wut und Freude, Trauer und Glück geht, soziale Kompetenzen bei den Modulen »Du und ich« sowie »Ich und mein Raum« und methodische Kompetenzen unter der Fragestellung »Was ich mitnehme«. Jedes Modul ist nach einer festen Struktur aufgebaut und dauert etwa eineinhalb Stunden. Es wird gesungen, es gibt praktische Übungen, ein Bewegungsspiel, eine Obstpause, kreative Angebote und ein Abschlussritual. Hier erhalten die Kinder eine Gefühlsperle, die sie anschließend zu einer Kette zusammensetzen. Bildmaterial, ein Bilderbuch, die Hand- und weitere Fingerpuppen und ein Bilderrahmen kommen zum Einsatz. Auch Elternmaterialen und Unterlagen für zuhause stehen bereit, außerdem können die Einrichtungen einen allgemeinen Elternbrief nutzen, der in sechs Sprachen verfügbar ist. Die Vorbereitung der Kitas erfolgt im Rahmen von zweitägigen Fortbildungen. Neben dieser Basisfortbildung, die ständig weiterentwickelt wird, gibt es ein Aufbauprogramm. »Kindergarten plus« wird wissenschaftlich begleitet von der Leuphana Universität Lüneburg. Der Lions Club ist bereit, den Kindergärten jeweils 750 Euro für Fortbildungskosten zur Verfügung zu stellen. Weitere 60 Euro, beispielsweise für Verbrauchsmaterialien, müssen die Einrichtungen selbst übernehmen. Interessierte Kitas können sich bis zum 31. März beim Lions Club melden; alle sind schon im Vorfeld darüber informiert worden. Das Programm könnte im zweiten Halbjahr anlaufen. Aufgrund der großen Nachfrage, bedauerte Dr. Maywald, habe man früher keine Kapazitäten frei. ek