Nach langem Weg wieder im Schrank der Loge

»Hier haben sie ihren Platz«: Nach Forschung zur Herkunft gibt die Stadt Bücher an die Freimaurer zurück

Gleich werden die Bücher ihren Platz im Schrank in der Bibliothek der Einbecker Freimaurerloge »Georg zu den drei Säulen« finden: Jörg Dodenhöft, Dr. Volker Bullwinkel und Dr. Manfred Schwörer von der Loge sowie Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Provenienzforscher Dr. Christian Riemenschneider und Museumsleiter Marco Heckhoff (von links) bei der Rückgabe.

Einbeck. Die Bücher sind wieder »zuhause«: Zwei historische Werke hat die Einbecker Freimaurerloge »Georg zu den drei Säulen« wieder in ihren Bestand nehmen können. In den 1930-er Jahren waren sie auf verschiedenen Wegen ins damalige Landratsamt in Einbeck und ins Museum gekommen. Im Rahmen eines Projekts zur Provenienzforschung sind sie von Dr. Christian Riemenschneider entdeckt und von der Stadt Einbeck nun zurückgegeben worden. Dr. Manfred Schwörer, Meister vom Stuhl der Freimaurerloge, konnte sie nach der Rückgabe durch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek an einen Ehrenplatz in der Bibliothek stellen.

Er sei begeistert, welchen Weg das genommen habe, sagte Museumsleiter Marco Heckhoff. Die Provenienzforschung, die von seiner Vorgängerin Dr. Elke Heege begonnen wurde, sei für ihn ein Vorzeigeprojekt im Verbund mehrerer Museen unter Federführung des Landschaftsverbandes Südniedersachsen. Es sei schön, dass die zwei auf diese Weise entdeckten Bücher jetzt zurückgegeben werden könnten. Hier hätten sie ihren Platz, hier gehörten sie her – nicht ins StadtMuseum, hob Heckhoff hervor. Bundesweit seien viele Orte von diesem Zustand noch sehr weit entfernt, einige hätten sich noch nicht einmal Gedanken gemacht über die Rückgabe von Kunstwerken oder Gegenständen, die aufgrund ihrer Herkunft zurückgegeben werden müssten. Umso erfreulicher sei es, dass man in Südniedersachsen dieses Projekt abgeschlossen habe.

Netzwerk Provenienzforschung seit 2015

Ihn interessierte die Geschichte hinter diesen Büchern, führte Provenienzforscher Dr. Christian Riemenschneider aus. Er arbeitet am Projekt des Landschaftsverbandes Südniedersachsen in einer noch jungen Wissenschaft, die sich mit der Herkunft von Kulturgütern beschäftigt. Die zentrale Frage dabei ist: Sind sie im Zusammenhang mit Unrecht erworben worden, beispielsweise als Raubkunst im Nationalsozialismus? Das Netzwerk mit dem Landschaftsverband ist 2015 gegründet worden. Zunächst wurde untersucht, ob Forschungsbedarf besteht – und eine positive Antwort führte dazu, dass Dr. Christian Riemenschneider seit 2016 vertiefend in neun Häusern tätig ist und in acht davon fündig wurde, unter anderem in Einbeck. Einige Verdachtsfälle haben sich dabei ergeben, auch im Zusammenhang mit der Loge. Er stieß auf 29 Gegenstände, die von der Freimaurerloge stammten – das lässt sich anhand der Eingangsbücher im StadtMuseum nachvollziehen.

Erste Restitution innerhalb des Projekts

Die Loge wurde 1935 auf Druck der Nationalsozialisten aufgelöst. Einige Gegenstände wurden danach dem Landratsamt beziehungsweise dem Museum übergeben. Darunter befanden sich auch Meisterhammer und -stuhl und Bijoux, also Abzeichen, außerdem Archivalien. Diese wurden nicht, wie angeordnet, vernichtet, sondern gelangten ins Museum. 1953 erhielt die Loge sie zurück. Sie stammten aus der Loge selbst und aus dem Johannisstift, dem 1897 gegründeten Altenheim der Freimaurer, das 1936 ebenfalls aufgelöst, aber mit anderen Bewohnern weitergeführt wurde.

Die Gestapo, berichtete Dr. Riemenschneider, habe die Logen-Räume, die sich damals im Rheinischen Hof befanden, versiegelt, aber eben nicht alle. Die Möbel habe das Landratsamt des damaligen Kreises angekauft, unter anderem für die eigenen Büros und für ein BdM-Heim in Markoldendorf. Einen Teil der Bücher habe ein Logenbruder dem Museum übergeben, ein anderer Teil, auch aus dem Bestand des Altersheims, war verschollen. Was vorhanden war, kam in den 50-er Jahren ins Museum. Einige Bücher wurden später zurück gegeben, andere verblieben bis jetzt im Museum. »Sie wurden Ihnen entzogen, jetzt bekommen Sie sie zurück – der Kreis schließt sich«, wandte er sich an Dr. Manfred Schwörer, Dr. Volker Bullwinkel und Jörg Dodenhöft vom Vorstand der Loge. Dies sei zugleich die erste Restitution innerhalb des Forschungsprojekts.

Die Ergebnisse der Arbeiten sollen, das kündigte Marco Heckhoff an, veröffentlicht werden in der Reihe der »Kleinen Schriften des Stadtmuseums«. »Das ist ein wichtiges Thema, und wir können damit Vorbild sein für andere Museen in Deutschland«, sagte er. Nicht überall, das bestätigte Dr. Christian Riemenschneider, seien die Häuser so offen wie in Einbeck: Sie wollten sich möglicherweise nicht in die Karten schauen lassen oder hätten Angst, wichtige Museumsobjekte zu verlieren. Wie man es hier mache, das sei ein vorbildlicher Weg: »Das ist eine tolle Haltung in Einbeck.«

Bücher aus dem 19. Jahrhundert

Man könne zeigen, was verboten wurde und welche Folgen das hatte beziehungsweise wie sie umgangen wurden – in diesem Fall, um die Bücher vor der Vernichtung zu bewahren, stellte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek fest. Im Kleinen seien verschlungene Wege des Widerstands gefunden worden. Man gebe die Bücher gern zurück, aus ethischen Gründen sei das natürlich geboten, ergänzte Marco Heckhoff. »Die Heimat ist hier«, bestätigte Dr. Volker Bullwinkel.

In der Loge wurden »Was ist Freimaurerei?« von 1895 und »Die Geschichte der großen Loge von Preußen genannt Royal York zur Freundschaft« von 1898 mit Freude in den Bücherschrank gestellt – an einen besonderen Platz, wie Dr. Manfred Schwörer hervorhob.ek