Nachschlagewerk, Dokumentation und Freude

»400 Jahre Bürgerstolz – Das Eickesche Haus in Einbeck« / Zeugnis einer gelungenen Restaurierung / Viele am Erfolg Beteiligte

Einbeck. Viele an der Stadtkultur interessierte Bürger haben in den letzten zehn Jahren lebhaft die Restaurierung dieses besonderen Bürgerhauses in der Marktstraße verfolgt. Charakterisierende Wendungen sprechen von einer deutschen Fachwerkikone, von einem der schönsten Häuser der deutschen Fachwerkarchitektur, einem Prachtbau und Kleinod und von einem »Baudenkmal von besonderer nationaler und kultureller Bedeutung« – eine durch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege schon 2001 vorgenommene Bewertung. 2008 verleiht die Niedersächsische Sparkassenstiftung den Preis für Denkmalpflege, ein Jahr später folgt der Deutsche Fachwerkpreis 2009 für das Eickesche Haus. 2012 begeht das kostbare Renaissancehaus nun seinen 400. Geburtstag. Zu diesem Jubiläum ist ein sehr informatives, spannendes Buch erschienen, das die Geschichte der beispielhaften, aufregenden und letztlich so großartig vollendeten Restaurierung detailliert in rund 20 Kapiteln abbildungsreich dokumentiert.

Einbeck. Eine so bedeutende, gelungene Restaurierung – die Gesamtkosten beliefen sich auf zwei Millionen Euro – wird getragen und verantwortet von einer großen Zahl von Fachleuten aus Institutionen, Behörden, Fachbüros und Firmen. Sie legen in dem lesenswerten, reich mit Bildern, Plänen und Zeichnungen ausgestatteten Buch eindrucksvolle Rechenschaft ab über ihre planerische und praktische Tätigkeit bei der Wiederherstellung dieses bedeuenden Bürgerhauses. Der Kasseler Architekt Hans-Kurt Kirchhoff fasst in seinem Bericht »Das architektonische Konzept« unter Bauabwicklung zusammen: »An den vorbereitenden Untersuchungen, Gutachten, Planungen, Genehmigungen und Abnahmen waren 15 Institutionen und Büros mit über 30 Personen beteiligt. Die Ausführung der Arbeiten erfolgte zwischen 2002 und 2007 durch 36 Firmen.«

Die Jenaer Journalistin Betina Meißner, verantwortliche Redakteurin des Buches, beschreibt in einem einleitenden Artikel überblickartig die Bau- und Nutzungsgeschichte, dazu die kunst- und kulturgeschichtliche Bedeutung dieses Baudenkmals. Dabei bezieht sie auch Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Bauuntersuchungen mit ein. In einem zweiten Artikel mit dem so bezeichnenden Titel »Bürgerengagement als Rettungsanker« geht sie auf die Gründung der »Stiftung Eickesches Haus« 2001 durch die vier Stifterfamilien Ammermann, Büchting, König und Rüttgerodt, ergänzt durch die Sparkasse Einbeck und die Stadt Einbeck, näher ein.

Die zentrale Aufgabe, der sich die Stiftung erfolgreich – unter hohem persönlichen Zeit- und Arbeitsaufwand – stellte, war die Sicherstellung der Finanzierung, Mittel aufzubringen für eine gleichermaßen denkmalgerechte und konstengünstige Sanierung. Mancher Einbecker Bürger mag sich an die Aktionen und Veranstaltungen der Stiftung erinnern, die dazu führten, dass nicht nur kleine und größere Einzelspenden zusammen kamen, sondern dass sich auch die Finanztore von Bund, Land und von Stiftungen öffneten. Im Nachhinein wird von einer »Erfolgsgeschichte mit Modellcharakter« gesprochen, die jedoch ohne den großen persönlichen Einsatz der Beteiligten nicht möglich gewesen wäre.

Die weiteren fundierten Berichte zeugen von den gründlichen restauratorischen Untersuchungen in der Archäologie, in der Bauforschung und Baukonstruktion, zu den Zierschnitzereien der Fassaden und ihrer lange umstrittenen Farbgebung. Unsichtbares wieder sichtbar und erlebbar zu machen, das gelingt Dr. Stefan Teuber mit seinen Grabungsfunden, grün und schwarz glasierten, motivreichen Kachel-fragmenten aus Keller und Erdgeschoss. Die umfänglichen bauhistorischen Untersuchungen und Erkenntnisse des Architekten Dieter Haupt, Wolfenbüttel, führten zur wiederhergestellten eingezogenen Eckkonstruktion. Mit den filigranen Schnitzarbeiten, einem »Bilderbuch zeitgenössischen Wissens«, beschäftigte sich – auch interpretierend – Bauhistoriker Dr. Holger Reimers. Schließlich wird die jetzige Farbfassung in der Preisverleihung 2009 – Deutscher Fachwerkpreis – belobigend von Professor Manfred Gerner hervorgehoben: Sie verleihe dem bedeutenden Fachwerkhaus ein edles, einem Möbelstück vergleichbares äußeres Erscheinungsbild.

Neben dem Einbecker Stadtarchäologen Dr. Stefan Teuber haben der langjährige Geschichtsvereinsvorsitzende Hellmut Hainski – »Zur Namensgebung und Adressangaben des Eickeschen Hauses« – und Stadtbaudirektor Gerald Strohmeier, ständiger Begleiter der jahrelangen Restauerierungsarbeiten, beachtenswerte Fachaufsätze zur Bewahrung dieses Kulturdenkmals beigetragen.

Möge das Buch zur denkmalpflegerischen Instandsetzung des Eickeschen Hauses als Nachschlagewerk, als Dokumentation für eine »gebaute und sorgfältig restaurierte Geschichtsquelle«, letztlich auch zur reinen Freude an etwas Gelungenem in die Hände vieler Einbecker Bürger gelangen, die als Spender auch ihren Namen auf den Buchdeckel-Innenseiten wiederfinden.

»400 Jahre Bürgerstolz – Das Eickesche Haus in Einbeck 1612 – 2012«, 207 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2012.oh