Nicht immer ist Kunde König

Verbraucherzentrale: Recht auf Reklamation wird häufig verweigert

Wer als Verbraucher einen Kaufvertrag abschließt, hat gesetzlich verbriefte Rechte. Dazu zählt in erster Linie das Gewährleistungsrecht. Danach darf der Käufer vom Verkäufer Ersatz für eine Sache oder deren Reparatur verlangen, wenn sie bei Übergabe defekt oder mangelhaft ist. Hierfür gilt eine Frist von zwei Jahren. Da die Unternehmen ihren Kunden dieses Recht jedoch oftmals verweigern, starteten die Verbraucherzentralen eine bundesweite Aktion. Vom 30. April bis 30. September 2013 wurden bundesweit rund 4.000 Reklamationsfälle erfasst und ausgewertet. In Niedersachsen gab es 224 Fälle.

Einbeck. Die meisten Verbraucherbeschwerden, insgesamt 1069, gab es über Elektro- und Möbelhändler. Mit 56 Fällen traf dies auch in Niedersachsen zu. »Unsere Aktion hat gezeigt, dass Unternehmen oft Ansprüche mit der Behauptung zurückweisen, es läge kein Mangel vor oder der Käufer habe den Schaden selbst verursacht«, berichtet Karin Goldbeck, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. 57 der 224 niedersächsischen Beschwerden bezogen sich auf diese Problematik. Da die gesetzliche Beweislast beim fachunkundigen Käufer liegt, können die Verbraucher nur über Sachverständigengutachten den Beweis erbringen.

In anderen Fällen wurden die reklamierenden Verbraucher direkt an die Hersteller verwiesen. Die größten Chancen, ihre Ansprüche durchzusetzen, hatten die Kunden in den ersten sechs Monaten der Gewährleistungsfrist. »In dieser Zeit geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Mangel von Anfang an bestand«, sagt Karin Goldbeck. Nach einem halben Jahr muss der Verbraucher beweisen, dass der Fehler schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. »Vor meist teuren Sachverständigengutachten schrecken viele Käufer jedoch zurück«, so Goldbeck weiter. Aber auch wenn die Mängel von den Händlern widerspruchslos akzeptiert wurden, hätten sie sich bei der Gewährleistung wiederholt auf falsche Argumente berufen. Beispielsweise seien von den Kunden Nutzungsentschädigungen oder Aus- und Einbaukosten verlangt worden.

 »Die Verbraucherzentralen werden Verstöße der Händler künftig mit kollektiven Rechtsmitteln stärker sanktionieren«, betont Karin Goldbeck. An den Gesetzgeber richtet sich die Forderung, die Fristen im derzeit bestehenden Gewährleistungsrecht auf den juristischen Prüfstand zu stellen. Die Verbraucherschützer verlangen darüber hinaus, dass das Verkaufspersonal hinsichtlich der Rechtsgrundlage von Kaufverträgen besser aus- und fortgebildet wird. »Außerdem ist es dringend notwendig, die Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt über ihre Ansprüche aufzuklären. Nur wer seine Rechte genau kennt, kann sie selbstbewusst durchsetzen«, so Juristin Goldbeck.

Bei einem Quiz von Juni bis November 2013 konnten Verbraucher ihr Wissen zum Gewährleistungsrecht testen. In Niedersachsen beteiligten sich 210 Verbraucher (bundesweit 1.680 Teilnehmer). Bei allen 18 Fragen überwogen die falschen Antworten teils sogar erheblich.sts