Nicht nach dem Urteil der anderen fragen: Glauben leben

Landessuperintendent Eckhard Gorka spricht beim Osterempfang des Gesamtverbandes über Glauben und Glaubwürdigkeit

»Kümmere dich nicht um Glaubwürdigkeit, sondern um Glaube und Liebe. Stehe zu deinen Stärken und Schwächen und vertraue dabei auf die Treue Gottes« - damit fasste der Redner des diesjährigen Osterempfangs des evangelisch-lutherischen Gesamtverbandes, Landessuperintendent Eckhard Gorka, seine Rede zusammen. Er setzte Glaube und Glaubwürdigkeit in eine spannende Beziehung.

Einbeck. Als Hausherr begrüßte Pastor Daniel Konnerth die Gäste - engagierte Bürger aus den unterschiedlichsten Bereichen. Sie alle eine das Wohl der Stadt. Und der Osterempfang biete die Möglichkeit mit denen ins Gespräch zu kommen, denen Einbeck am Herzen liegt.

Dass »Glaube und Glaubwürdigkeit« durchaus ein »Thema mit Fallhöhe« sein, stellte der stellvertretende Superintendent Karl-Otto Scholz heraus. Er erinnerte an Paul Schneider, Mitglied der Bekennenden Kirche und Opfer des Nationalsozialismus’. Der »Prediger von Buchenwald« sei eine Person in der christlichen Kirche, an der man sich aufrichten könne.

Die Libyenkrise, Fukushima oder die Tötung Osama bin Ladens - immer wieder ging es um Glaubwürdigkeit. Auch im überschaubaren Verantwortungsbereich in Kirche und Stadt werde man an Glaubwürdigkeit gemessen. Oft werde Glaubwürdigkeit aber grundsätzlich in Frage gestellt.  Die jüngsten Wahlen hätten gezeigt, dass nicht politische Fragen, sondern die Glaubwürdigkeit von Personen und Institutionen bewertet würden. Umfragen zufolge würden der Polizei die größte Glaubwürdigkeit zugesprochen. Die evangelische Kirche stehe mit 42 Prozent in etwa auf der Höhe der Gewerkschaften, die katholische Kirche mit 17 Prozent auf der Höhe der politischen Parteien. Fazit sei eine Zeit ohne überzeugende Leitfiguren, ohne intakte moralische Instanzen.

Was aber ist glaubenswürdig, fragte Gorka. Wenn man seine Meinung ändere oder wenn man auf seinem Standpunkt beharre? Glaubwürdigkeit habe eine Imagedimension, sei ein Echobegriff. Glaubwürdigkeit werde den Menschen zugesprochen. Der Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann setzt dabei Vertrauen voraus, wobei Vertrauen für ihn eine Willensleistung ist, die hilft, sich in einer komplexen Welt zurecht zu finden.

Der christliche Glaube nun lebe von der Glaubwürdigkeit Gottes, stellte der Landessuperintendent heraus. Glauben im christlichen Sinne sei immer eine Beziehungsaussage, ein Versuch, die Gottesbeziehung zu beschreiben. Gott sei glaubwürdig, weil er - in der Sprache der Bibel - treu ist. Der Glaube lebe von der Glaubwürdigkeit Gottes, und dabei gehe es nicht um Moral. Gebrauche man Glaube und Moral in enger Verquickung, ergebe sich für die Jünger ein interessantes Bild: da gebe es unter anderem einen Kollaborateur, einen mutmaßlichen Sympathisanten einen terroristischen Vereinigung oder auch eine Frau mit zweifelhaftem Ruf.

Und so sei es auch ein Missverständnis, dass Pastoren bessere Menschen sein müssten. Denn dann falle mangelnde Glaubwürdigkeit des »Bodenpersonals« mit der Glaubwürdigkeit Gottes zusammen. Die Glaubwürdigkeit der Kirche bestehe darin, dass sie auf die Glaubwürdigkeit Gottes verweise.Das Erkennungsmerkmal der Kirche sei, dass sie auf auf das Angewiesen-sein auf Christus hinweise - mit Brüchen.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche habe dem Glauben eine Absage erteilt. Die Überlebensfähigkeit der Kirche führt er darauf zurück, dass die Kirche eine Volks-, keine Staatskirche sei. Die Heiligenverehrung, die laut Gorka der evangelischen Kirche auch nicht fremd sei, sei ein Versuch, die Pflichten der Christen auf bestimmte Personen abzuwälzen. Durch die Reformation wurde der Heiligenverehrung jedoch ein Riegel vorgeschoben. Nach Dietrich Bonhoeffer werfe man sich in Gottes Arme, wenn man darauf verzichte, etwas aus sich zu machen. Wenn man damit beschäftigt sei, glaubwürdig zu sein, dann kreise man um sich selbst. Im guten Sinne angeraten sei deshalb eine »Selbstvergessenheit«, die nicht nach dem Urteil anderer frage.

Nach Martin Luther lebe ein Christ in Christus und im Nächsten. Deshalb solle man sich nicht um die Glaubwürdigkeit kümmern, sondern um Glaube und Liebe. Man sollte zu seinen Stärken und Schwächen stehen und auf Gottes Treue vertrauen. »Trachtet nach Gottes Reich, dann wird euch alles zufallen, auch die Glaubwürdigkeit«, bezog sich Gorka auf die Bibel.sts