Olm präsentierte sich als umfassender Lebensberater

Zweifacher Comedy-Preisträger gastierte im Wilhelm-Bendow-Theater / kurzweiliges Programm mit überraschenden Ratschlägen

Zwar habe er schon hiesiges Bier getrunken, verbunden mit der »Einbecker Demenz«, doch war er noch nie selber hier, weshalb er aus Quedlinburg »rübergeharzt« sei, um im Wilhelm-Bendow-Theater aufzutreten, eröffnete Hans-Werner Olm sein Programm »Mir nach, ich folge«. Bei seinem Auftritt fungierte er als Lebensberater sowie Motivationsstratege, und er widmet sich schmunzelnd den Widrigkeiten und Paradoxien des Lebens.

Einbeck. »Hallo meine reizenden, wundervollen, außergewöhnlichen, leckeren und anbetungsvollen Damen; guten Abend meine Herren«, schon von Beginn an kam Olms meist derber aber auch feinsinniger Humor beim Einbecker Publikum gut an. Sei es der Weltuntergang, Arztbesuche, Auftritte bei Galas oder Privat-Partys, Witzeleien über Bücher schreibende Kollegen, Prominente, Sportler oder das kontinuierliche nicht wahrhabende Altern - natürlich bei ihm verbunden mit Sex -, bei seinem Auftritt bewies der zweifache Comedypreisträger, welches vielfältige Repertoire ihm Inne wohnt. Gestiken und Mimik waren der jeweiligen Situation angepasst, egal ob beim Vortragen seiner literarischen Werke oder bei seinen eingängigen Liedern.

In seinem Solo-Programm geizte der Bochumer, der Ende der 1970er Jahre bei den »Gebrüdern Blattschuss« den Durchbruch schaffte, nicht mit Lebensweisheiten, die durch das Olm-Gehirn spezifisch gefiltert wurden. Dabei verglich er »die kleinen Dinger, aus denen Musik kommt«, die iPods, mit Peter Maffay, stellte seine Bekanntschaft Gabi mit einer altägyptischen Mumie gleich oder verjüngte sich während seiner Darbietung von einem fast 60-jährigen zu einem Mittvierziger, der noch »voll« im Leben stehe. Obwohl er seine Kultfigur »Luise Koschinsky« eigentlich in den wohlverdienten Urlaub geschickt habe, und er nicht verraten wollte, wann sie zurückkommt, hielt sie kurz Einzug in das Wilhelm-Bendow-Theater, und sie erfreute die Besucher mit ihrem derben, lauten Wesen.Da er den Begriff »Comedian« nicht mag, es gebe zu viele Personen, die sich so titulieren, bezeichnete Olm sich selber als Unterhaltungskünstler oder Entertainer, der sich den täglichen Tabu-Themen annimmt. Als »Lästermaul« zog er über die »fliegende Turnhose« Fabian Hambüchen, eine Mischung aus Weißhandgibbon und Harry Potter, den mit Starkstrom geladenen Ralf Schmitz, die Biografie von Justin Bieber -  ein 16-jährigen schreibt über sein »ganzes« Leben - oder über Daniela Katzenberger her, die für ihr eine Mängelliste sei. In seiner mehr als 30-jährigen Bühnenkarriere habe er erfahren, so der Bochumer, dass eine jede Person mehr oder weniger »Dreck am Stecken« habe. Es bringe ihm daher viel Spaß, bei seinen Auftritten immer jemanden Bekanntes auszuwählen, der sich gerade auf dem absteigenden Ast befinde. Verbale Attacken setzte er süffisant gegen den Testosteron tankenden Kachelofen namens Jörg Kachelmann, den »Grashüpfer« Philipp Lahm oder gegen Ralf Möller, die Zigarre paffenden Recklinghäuser Version von Arnold Schwarzenegger. »In den jungen Jahren die große Fresse und im Alter immer ruhiger«, so seien die Menschen in jeder Lebenslage, auch beim Sex, erläuterte Olm, der nur eine Ausnahme kannte: das morgendlichen Aufstehen, das mit der Zeit immer lauter, geräuschvoller und anstrengender werde.

Ein besonderes Faible hatte der Unterhaltungskünstler für Volkslieder und Schlager, die er für sich anpasste. Mit Umwandlungen von »Let’s twist again«, »Nur noch kurz die Welt retten« oder »17 Jahr, blondes Haar«, das zu »70 Jahr, graues Haar« wurde, verzückte er die Besucher, und er präsentierten ihnen auch das wohl kürzeste Gedicht, das es gibt: »Die Vase, klirr, das war sie«.

Schmunzelnd ließ er sich ausgiebig über die Vorbereitung der eigenen Beisetzung aus, die ihm nach einer Arztaussage über sein Blutbild angemessen erschien, oder er widmete sich den Paradoxien des Lebens. Beim Rhetorik-Kurs scherzte Olm, dass man im täglichen Sprachgebrauch auch das eine oder andere Filmzitat einbauen könnte, das wie ein »literarisches Florett« gezielt treffe. So könnte beim Streit um die Fernbedienung die Aussage »Möge die Macht mit dir sein« oft helfen, ebenso wie beim Berlin-Marathon der Ausspruch »Lasst mich zurück, ohne mich könnt ihr es schafften«, dieses aber schon beim zweiten Kilometer. Das Zitat »Jetzt haben wir ihn genau da, wo wir ihn hinhaben wollten« passe hingegen bei einer Beerdigung nicht ganz in den Rahmen, so der Bochumer Lebensberater.

Dass Deutschland zu viele Coaches oder total verrückte »Nordic Walking«-Frauen in abgestimmten Outfits hätte, die auch noch nächtens eine Grubenlampe auf dem Kopfhätte tragen, thematisiert Olm ebenso, wie die komprimierte Kommunikation der Männer, die Verbal-Ökonomen seien und bei denen das Biertrinken schon als Gespräch durchgehe. Weiter intonierte er Lieder, die den Alltag karikierten. Die Ärzteschaft wurde mit »Was sollen wir tun mit den kranken Zähnen, schon am frühen Morgen« ebenso auf das Korn genommen, wie auch die Vegetarier mit »Sieben Kilo Schwein können nicht gefährlich sein«.

Mit seinen süffisanten Ratschlägen und Strategien, den gezielt gesetzten Pointen, seiner bekannt derb-witzigen Ausdrucksweise, der rhetorischen Exkursion mit verschmitztem und feinsinnigerem Humor und seiner einnehmenden Art, von der auch der Tonmann nicht gefeit war, faszinierte er die Besucher im Wilhelm-Bendow-Theater, so dass er ohne Zugabe die Bühne nicht verlassen konnte.mru