Olympische Musik hielt Einzug in Einbeck

Niedersächsische Musiktage mit Marialy Pacheco und Max Mutzke | In PS.Halle traf Schwarzwald auf Kuba

Mit einem fulminanten und virtuosen Auftritt über Genregrenzen hinweg begeisterten Marialy Pacheco und Max Mutzke das Publikum in der PS.Halle in Einbeck.

Einbeck. Songs seiner Historie werden durch die Arrangements der kubanischen Jazz-Pianistin Marialy Pacheco schöner, besser und akzentuierter als die Originale, erklärte Max Mutzke beim gemeinsamen Konzert in der PS.Halle. Zwischen den TV-Sendungen »Goldenen Henne« und »Schlag den Star« gastierten die Musiker im Rahmen der Niedersächsischen Musiktage in Einbeck mit ihrem Programm »Mutzke & Pacheco - Soul im Duett«. Vom ersten Song an begeisterten sie das Publikum. Eines der Höhpunkte war die Zugabe, die sie ohne Verstärkung von Piano und Gesang in der lichtgedämmten PS.Halle spielten. Im Dunkeln höre und fühle man intensiver, erklärte der Sänger, bevor er das Lied »Schwerelos« anstimmte.

Stefan Beumer vom Vorstand der Sparkasse Einbeck dankte dem PS.SPEICHER und der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, wieder ein Konzert im Rahmen der Musiktage in Einbeck durchführen zu können. Kultur müssen wieder lebendig werden, wünscht er sich.

Das Motto »Rituale« der Musiktage wurde schon vor drei Jahren festgesetzt. In der vergangenen Zeit verlor man einige alte Gewohnheiten, neue kamen hinzu. Musik und Kultur stellen wichtige Bausteine der Gesellschaft dar, sie müsse man stetig fördern und erleben. Viel Vergnügen wünschte er bei »Soul im Duett« mit hochklassigen Künstlern.

Schon beim Klavier-Intro von Pacheco bemerkten die Zuhörer, dass es ein besonderer Abend wird. Sie wuchs in einer musikalischen Familie in Kuba auf, gilt sie als eine der vielseitigsten und brillantesten Jazzpianisten. Nach Stationen auf der ganzen Welt ist sie seit einigen Jahren in Deutschland zuhause. Für das Album »Duets« lud sie2017 sechs Lieblingsmusiker ins Tonstudio ein. Mit Max Mutzke entschied sie sich für das Lied »You«, das sie auch in Einbeck spielten, in dem es um Folgen einer gescheiterten Beziehung geht. Seit dem ersten gemeinsamen Arrangement treten sie öfter zusammen auf.

Die Mischung aus Kuba und Schwarzwald hat es in sich. Während Pacheco Temperament, Lebensqualität, Emotionen und Anmut am Klavier einbringt, präsentiert Mutzke die Songs gefühlvoll, innig sowie markanter Stimme und umfangreichen Stimmspektrum, das für Verblüffung sorgte und faszinierte.
Im Lauf der Zeit haben die Künstler ein virtuoses Programm entwickelt. Die Freude, endlich wieder auftreten zu können - aber leider ohne Einstimmen des Publikums - merkte man ihnen vom ersten Lied an. Der Funke sprang schnell über, es wurde mitgeklatscht und mitgeschnippst. Spontan Impulse und Improvisationen einzustreuen, das bereitet den Künstlern großen Spaß. Zahlreiche Facetten des Dialogs sind untereinander und zu den Zuhörern zu erleben. Stille und nachdenkliche Momente wechseln sich mit temperamentvollen Arrangements ab. Großen Spaß haben Mutzke und Pacheco, gemeinsam aufzutreten und das Publikum einen Teil davon werden zu lassen.

Im Song »Du und ich« heißt es unter anderem »Und wenn Du nachts wach liegst, fragst Du Dich, was blieb von unseren Träumen übrig?« Oft fehlen einem in schwierigen Situationen die Worte und der Drang, Dinge zu ändern, erklärte Mutzke, man scheint ganz unten zu sein.

Den vielen Künstlern und Menschen in der Veranstaltungsbranche ging es in der letzten Zeit auch nicht einfach. Es war nur schwer möglich, der eigenen Berufung nachzugehen. Daher sei es schön, endlich wieder auf der Bühne stehen zu können und von einem überwältigenden Publikum wie in Einbeck empfangen zu werden.

Die freie Zeit in der Vergangenheit verbrachte er viel mit seiner Familie, engagierte sich auch ehrenamtlich. Dafür lernte er im Schwarzwald, Pistenraupe zu fahren, erklärte er schmunzelnd.

Das Fernweh zog ihn ab und zu vom Schwarzwald über die Alpen ans Mittelmeer. Neben Beziehungen sowie Zwei- und Einsamkeit sang er auch über das Gefühl des Reisens bei »Welt hinter Glas«. Im Refrain heißt es: »Die Welt hinter Glas. Die Route gecheckt. Der Himmel noch schwarz. So still und perfekt und ich bleibe wach. Ich geb auf Dich Acht.« Der swingende Song wurde mit viel Beifall belohnt.

Wenn man lange einsam ist, fühlt man sich nicht so gut. Die Hoffnung keimt auf, wieder zusammenzufinden. Dies thematisierte Mutzke und Pacheco bei »So viel mehr«, denn gemeinsam seien Momente viel schöner und intensiver wie auch bei »Can't wait until tonight«.

Mit »No one will do« forderte er auf, sich für Klima, Gesellschaft und Mitmenschen zu engagieren, aber auch Wählen zu gehen und sich für Demokratie, Deutschland, Europa und die Welt einzusetzen. Gern spiele er mit ausländischen Musikern zusammen, sie bringen einen besonderen Einfluss von Außen ein und vergrößern immer wieder den eigenen Horizont. Ein buntes, offenes Deutschland wünschte er sich. Dies sang er auch bei »Unsere Nacht«. Aufgenommen hat er es als Rap-Version mit Eko Fresh, in der PS-Halle präsentierte er es gefühlvoll mit Klavier-Begleitung.

Sympathisch kamen die Musiker rüber. Weil seine Stimme leicht angeschlagen sei, so Mutzke, trinke er viel Wasser. Das Einbecker Bier mit Blutorange mundete ihm aber auch, obwohl er als Schwarzwälder normal Bier ohne Geschmacksergänzungen vorziehe.

Kürzlich habe er seinen 40. Geburtstag gefeiert und sei momentan »Wunschlos süchtig«. Habe man gute Stimmung, könne diese schnell vorbei sein. An der Schönheit des Moments solle man sich erfreuen, denn diese könne süchtig machen, erklärte Mutzke.

»Wir sind die beste Idee, die wir je hatten«, klinge wie eine Redewendung, die schlüssig sei, sagte ihm ein Freund, teilte der Sänger mit. Auf den Titel kam er intuitiv und fand ihn gut. Gleiches galt auch für die ARD, die das Lied als Olympiasong nutzte.

2019 nahm er als Astronaut bei »Mask Singer« teil, kürzlich trat er beim »Free ESC« von Stefan Raab für den Mond in gleicher Montur an. Sein Lied »Back to the Moon« präsentierte er auch in Einbeck.

Der Hip-Hop-Song »Regulate« von Warren G sei schwierig zu performen, meinte Mutzke. Es stelle ein kompliziertes Stück mit Wortaneinanderreihungen ohne Refrain dar. Prompt passierten ihm Texthänger, die er mit Handy-Unterstützung aus dem Publikum schnell beheben konnte. Zum Abschluss begeisterte Pacheco noch mit einem fulminanten Klavier-Solo, für das es großen Beifall gab.

Die Musiker waren begeistert vom Publikum, dieses auch von der grandiosen Performance der Künstler. Als krönenden Abschluss präsentierten sie als Zugabe ohne Verstärkung von Klavier und Stimme in der verdunkelten PS.Halle »Schwerelos«. So fühlten sich auch die Zuhörer nach dem Konzert und spendeten lang anhaltenden Beifall für Marialy Pacheco und Max Mutzke.mru