Otepää, Östersund, Oslo oder Oberhof

Deutsch-Finnische Biathlonbesuche | internationaler und interkultureller Austausch

Jedes Jahr zu Biathlon-Wettbewerben fahren gemeinsam (von links) Benjamin Lange, Markus Gattermann, Mikko Sihvonen, Hendrik Alex, Simo Tolonen und Antii Sihvonen.

Einbeck. »Wenn die Welt so wie Biathlon funktionieren würde, wäre alles gut«, sagt Hendrik Alex. Zusammen mit Benjamin Lange und Markus Gattermann sowie dessen finnischen Cousins Miko Sihvonen, Simo Tolonen und Antti Shivonen besucht er einmal pro Jahr Biathlon-Veranstaltungen. Jedes Mal sind sie alle begeistert, wie besonders die Atmosphäre ist. Multikulturell werden die Rennen verfolgt und zusammen gefeiert. Alle Athleten werden angefeuert und ausgeharrt, bis der letzte Sportler das Ziel erreicht.

Zusammen verbringt man unvergessliche Stunden, lernt Länder, Kulturen, regionale Spezialitäten und vor allem Menschen kennen. Unzählige interessante Gespräche wurden geführt, internationale Freundschaften geschlossen oder sich mit Stars der Szene wie Martin und Simon Fourcade, Kati Wilhelm oder Michael Greis ausgetauscht. Erinnerungsfotos gab es unter anderem mit Medaillen-Gewinnern, aber auch mit vielen anderen internationalen Akteuren. Es sei einfach, Menschen kennenzulernen, erklärte Gattermann, sie seien alle offen, gastfreundlich, fröhlich, aufgeschlossen, zugänglich, interessiert und sportbegeistert.

Früher hatte er keine großen Berührungspunkte mit Biathlon, war aber durch seine finnische Mutter wintersportaffin, sagte er. 2015 fand die Weltmeisterschaft in Kontiolahti statt, sein Cousin Simo Tolonen wohnt nur vier Kilometer von der Strecke entfernt. Bei Gattermann reifte die Idee, seine Familie zu besuchen und zudem eine Biathlon-WM zu erleben. Als sportinteressierte Personen waren seine Freunde Hendrik Alex und Benjamin Lange von dem Vorhaben begeistert und kamen mit. Es entstand das Sextett mit Hendrik Alex, Benjamin Lange und Markus Gattermann aus Einbeck sowie Miko Shivonen, Simo Tolonen und Antti Sihvonen aus Finnland. Seitdem wird jedes Jahr eine Biathlon-Wochenende - meistens zu den Weltmeisterschaften - verbracht.

Nach Kontiolahti 2015 folgten Oslo mit dem berühmten Holmenkollen, Hochfilzen, Östersund, Antholz, Otepää und dieses Jahr Oberhof. Traditionell reist die Gruppe zum zweiten Wochenende der Veranstaltung an, wenn die Staffeln und der Massenstart anstehen. »Das ist leicht zu verstehen. Der, der als Erster ins Ziel kommt, gewinnt das Rennen«, schmunzelt Gattermann. Ob auf der Tribüne oder an der Strecke, jeder Athlet wird lautstark angefeuert - egal von welcher Nationalität die Athleten und Zuschauer sind.

Im vergangenen Jahr waren die Olympischen Winterspiele in Beijing »etwas« zu weit entfernt, stattdessen ging es nach Otepää nach Estland. 2024 sind die Weltmeisterschaften in Nove Mesto in Tschechien, 2025 in Lenzerheide in der Schweiz sowie die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand, Cortina d’Ampezzo und Antholz; Besuche dorthin sind geplant.

Manches Mal verläuft die Anreise »relativ einfach« wie nach Oslo oder Oberhof; die finnischen Cousins kamen vorher nach Einbeck zu Markus Gattermann. Etwas komplizierter sind die Reisen nach Estland. Von Einbeck ging es erst nach Berlin, von dort mit dem Flugzeug nach Helsinki und dann mit dem Schiff nach Tallinn. Von der Hauptstadt Estlands folgte noch eine mehrstündige Anreise mit dem Mietwagen durch winterliche Landschaften bis nach Otepää.

Begeistert sind die Mitglieder des Sextetts von der Gastfreundlichkeit in den jeweiligen Orten. Herzlich empfangen wurden sie unter anderem in Estland und Skandinavien. In Schweden verbrachten sie fünf WM-Tage in einem Haus einer Gastfamilie, schliefen aber auch in Pensionen, Hotels oder bei der Familie von Gattermann.

Die Durchführung der Wettbewerbe in Otepää im vergangenen Jahr war lange Zeit fraglich. Neben der Corona-Pandemie kam noch der russische Angriffskrieg hinzu. Sie fanden doch statt und überall hörte man solidarisch »Slava Ukraini« (Hoch lebe die Ukraine).

Die Liebe zum Biathlon und das Interesse, Menschen kennenzulernen, sei groß, betonten Gattermann und Alex. Nationale Spezialitäten werden sich einander angeboten, egal, ob diverse Alkoholika oder Speisen wie Elchspieße, Räucherlachs oder Thüringische Bratwürste.

Besondere Momente gibt es immer wieder neben den traditionellen Karaoke-Abenden, die bei jeder Fahrt obligatorisch sind. Zusammen mit den finnischen Cousins fuhren die Einbecker schon mit Schneemobilen über zugefrorenen Seen, lernten das Erfurter Prinzenpaar in Oberhof kennen und sangen mit ihm Karnevalslieder, waren mitten im Winter zu einer Gartenparty mit Bar und Lagerfeuer in Estland eingeladen, zu der auch das französische Nationalteam kam, oder genossen die jeweiligen WM-Abschlussfeiern mit den Biathleten aller Nationen.

Für alle sechs sind die jeweiligen Fahrten ein wichtiger Fixpunkt im Jahr, um mit engen Freunden ein wunderschönes, sportliches Wochenende zu verbringen sowie Menschen und Kulturen kennenzulernen. Alle nehmen sich Zeit und freuen sich auf die Biathlon-Besuche, denn: »Wenn die Welt so wie Biathlon funktionieren würde, wäre alles gut.«mru