Partei ergreifen für die Einhaltung der Menschenrechte

Ehemaliger Goetheschullehrer Ekkehard Drost berichtet vom Friedensdienst in Palästina und klagt »ethnische Vertreibung« an

Der Friedensdienst in Palästina habe ihn bereichert, meinte Ekkehard Drost, ehemaliger Lehrer der Goetheschule jetzt bei seinem Vortrag. Drei Monate war Drost als ökumenischer Friedensdienstler im Westjordanland tätig. Der Dienst hat seine Empathie für das israelische Volk in ein anderes Licht gerückt: Interesse am Schicksal der Palästinenser hätten die Israelis nicht, musste er feststellen. Drost will aufklären über die Situation in der Westbank und positioniert sich klar: als parteilich für die Menschenrechte.

Einbeck. Ekkehard Drost war im Auftrag und auf Einladung des Weltkirchenrates (World Council of Churches) drei Monate lang als ökumenischer Friedensdienstler in Palästina. Eine Unterorganisation des Weltkirchenrates ist das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel (Ecumenical Accompainment Programme in Palestine und Israel). Die Helfer nennen sich EAs, Ecumenical Accompaneers.

Ein Vierteljahr lang lebte Drost im 4.000-Einwohner Dorf Jayyous, zusammen mit drei weitere EAs, aus Argentinien, Südafrika und Nordirland. Das Bauerndorf liegt südlich von Nablus, nördlich von Ramallah im nordwestlichen Teil der Westbank. Aufgabe von Drost war es, die »landwirtschaftlichen Tore« zu beobachten, durch die die palästinensischen Bauern auf ihre Felder gelangen. Das bedeutet: 1949 wurde nach dem Waffenstillstandsabkommen die Grüne Linie zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten festgelegt. Diese Linie ist eigentlich 320 Kilometer lang, tatsächlich aber mit 708 Kilometern viel länger. Denn da sind »Einbuchtungen« in der Grenzlinie durch die Landnahme Israels. Der Gürtel werde immer enger um die palästinensischen Ortschaften gezogen, so Drost. Die Israelis »konfiszierten« das Land.

70 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen sind von Dorf abgetrennt – durch einen Zaun. Damit die Bauern ihr Land erreichen können, sind drei Tore geöffnet worden. Nur zu bestimmten Zeiten haben die »Agricultural Gates« geöffnet. Die Bauern müssen, wenn sie zu ihrem Land wollen, die vom israelischen Militär streng bewachten Tore passieren.

Die EAs, erkennbar an ihren Westen, mussten zählen, wie viele Männer, Frauen oder Kinder die Tore nutzen. Um durch die Tore hindurch zu kommen, benötigt man eine Erlaubnis, einen »Permit«. Der Berechtigungsschein wird von der israelischen Behörde ausgestellt – oder auch nicht. Die EAs sollten auch nach dem Grund fragen, wenn das Passieren verboten wurde. Dann wurde mit Diensthandys die »Humanitarian Hotline«, eine Außenstelle des israelischen Militärs, angerufen.

In eindrucksvollen Bildern zeigte der 67-Jährige das Leben im Westjordanland. Er berichtete von schikanösem Verhalten – von Demolition Orders, von »teenagers with guns« und von »permits«. Willkürlich würden Berechtigungsscheine erteilt, Schulkinder würden durchsucht, Jugendliche festgenommen. Zuwächse gebe es bei den Hauszerstörungen, Menschen müssten unter der der Bedrohung durch Zerstörung, Enteignung und Entwurzelung leben. Verstöße gegen die Genfer Konvention seien an der Tagesordnung.

Der ehemalige Goetheschullehrer räumte ein, dass sein Bericht über die israelische Siedlungspolitik möglicherweise einseitig sei. Doch er kennt auch die andere Seite, hat viele Jahre lang am Gymnasium Veranstaltungen zu Israel und zum Judentum gemacht. 2010 war er in Israel und in der Gedenkstätte Yad Vashem, das Thema des Workshops lautete »Vom Holocaust lernen und lehren«. Die »entwürdigende Behandlung« der Palästinenser durch die Israelis stieß Dorst immer wieder auf. Er war verwundert, dass es nicht stärkeren gewaltvollen Widerstand gibt. Man müsse die unterschiedlichen Aspekte des Nahost-Konfliktes beachten, räumte er ein. Dennoch: Die Israelis hätten kein Interesse am Schicksal der Palästinenser. Hier finde eine »ethnische Vertreibung« statt. Und so ergriff der Friedendienstler Partei für die Menschenrechte.

sts