»Passt wunderbar nach Einbeck«

Beiträge zum Architekturwettbewerb für zweiten Abschnitt des Wissensquartiers vorgestellt

Einige Ratsmit­glieder haben die Chance genutzt, sich von Bau­direktor Joachim Mertens (rechts) die eingereichten Wettbewerbs­beiträge für den zweiten Bauabschnitt »Wissensquartier« erläutern zu lassen.

Die Entscheidung war knapp, die Diskussion der Jury hat viel länger gedauert als erwartet, aber jetzt sind die Ergebnisse erstmals präsentiert worden: Der Sieger des Architekturwettbewerbs für den zweiten Bauabschnitt des Einbecker »Wissensquartiers« steht fest, und damit habe man eine Grundlage, über die man weiter reden könne, sagte Fach­bereichsleiter Joachim Mertens bei der Präsentation vor Ratsmitgliedern. Die Öffentlichkeit wird noch informiert, und in diesem Zusammenhang werden auch die Preisträger ausgezeichnet.

Einbeck. Deutlich länger als gedacht hat die Jury in der vergangenen Woche getagt, um aus den 13 eingereichten Entwürfen zum zweiten Bauabschnitt des »Wissensquartiers« den am besten geeigneten herauszufinden. Zwischen Auf dem Steinwege und Stadtgrabenstraße sollen im Zusammenhang mit dem gerade begonnenen Neubau des Kindergartens Münstermauer und dem Stadtmuseum Räume für die Stadtbibliothek und das Archiv entstehen; alles soll an diesen gemeinsamen Standort. 30 Büros wollten sich am Wettbewerb beteiligen, 15 Bewerber aus ganz Deutschland sind ausgelost und zur Einreichung von Entwürfen aufgefordert worden, 13 waren schließlich dabei. Nach einer formalen Vorprüfung durch das Hannoveraner Architekturbüro Kleine + Assoziierte, das den Wettbewerb betreut hat, konnte die Jury die anonym präsentierten Entwürfe bewerten. Dabei sei man, berichtete Joachim Mertens, von den ausgelobten Preisen abgewichen: Statt eines vierten Preises werde man zwei Anerkennungspreise vergeben.

Alle Büros haben Zeichnungen, Schnitte, Ansichten aus allen Himmelsrichtungen sowie ein kleines Modell geliefert, das zur Veranschaulichung in ein größeres Stadtmodell gesetzt werden konnte.

»Willkommensein« vermitteln

Einige Entwürfe, erläuterte Mertens den Ratsmitgliedern beim Rundgang zu Zeichnungen und Modellen, seien schon bei den ersten Beratungen aussortiert worden: Dann war das Ergebnis beispielsweise nicht offen genug, vermittelte kein Gefühl des Willkommenseins. Wie sieht das für ein Kind aus, auch diese Frage stand im Fokus mit Blick auf Kindergarten und -krippe in unmittelbarer Nachbarschaft. Somit sollte das »Wissensquartier« nicht zu verschlossen wirken. »Nicht die richtige Architektur für kleine Kinder und Schüler« hieß es bei einem Entwurf, der »klösterlich« anmutete. Ein anderer Vorschlag hatte einen zu industriellen Ausdruck, der nicht ins kleine Einbeck passe.

Ensemble für eine »virtuelle Zeitreise«

Roter Klinker fand ebenso wenig Anklang wie die fehlende bauliche Anbindung an das Museumsgebäude, die gefordert war. Eine extravagante Idee zeigte einen entkernten und neu organisierten Anbau, ein weiterer Ansatz sah die neuen Gebäude als Einzelbauten, wie hingewürfelt auf dem Gelände. Sich spontan gut zurechtfinden zu können, das sollte das neue »Wissensquartier« ermöglichen, und diese Idee zerfalle bei Kleinteiligkeit. Enormes Volumen der Baukörper war ein Ausschlusskriterium, sind doch damit hohe Kosten verbunden. Auch unter diesen Aspekten haben sich die meisten Planer entschlossen, das Archiv in die Kellerräume zu verlegen, um so große Aufbauten zu vermeiden. Vieles sei, betonte Mertens, von großer Qualität, aber dabei nicht das, was man sich gewünscht habe.

Entschieden hat sich die Jury in einer bis zum Schluss intensiven Beratung für MOSAIK architekten bda, Hannover; der erste Preis ist mit 8.000 Euro dotiert. Der Entwurf, führten Joachim Mertens und Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek aus, nehme die kleinteiligen Strukturen des Umfelds sehr gut auf, etwa in der Dach-Giebel-Folge, wobei über die Dachkonstruktion noch einmal zu reden sein wird. Der Neubau sei aber auch angemessen zurückgenommen. Platz und Raum seien vorhanden, ein »Kulturhof Einbeck« lasse sich durch eine Treppe und eine Rampe erschließen. Das Ensemble stehe für eine virtuelle Zeitreise, mit wenig Eingriffen in die geschützte Substanz. Viel Glas heiße den Besucher willkommen. Insgesamt gebe es eine starke architektonische Sprache. »Passt wunderbar nach Einbeck«, betonten Bürgermeisterin und Baudirektor. Zum Altbau gebe es eine gelungene Verbindung, zum Kindergarten mit der Mauer eine gute Abgrenzung, die man aber auch durchlässig oder bespielbar machen könnte.

Preise nach Dresden, Leipzig, Berlin und Kassel

Der zweite Preis ist mit 6.000 Euro dotiert. Der Vorschlag stammt von Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten mbH aus Dresden. Dabei überzeugte, dass er sich an den Bestand einfüge, die Anbindung zur Nachbarschaft sei gegeben, und ein Forum bilde den Schwerpunkt des neuen Ensembles – ein gutes Verhältnis von Aufwand und Qualität. Dass dies »nur« der zweitbeste Entwurf sei, lasse sich lediglich daraus erklären, wenn man den ersten Platz sehe.
Den dritten Platz hat das Büro ist W & V Architekten GmbH aus Leipzig erreicht mit dem Entwurf »Der Knick Auf dem Steinwege«, dotiert mit 4.000 Euro. Ein geschlossener Baukörper nimmt dabei den leichten Knick auf, den die Straße an dieser Stelle vor dem Museum macht. Nicht ganz überzeugt hat die Jury der durch einen geschlossenen Baukörper abgeriegelten Innenhof, der am Wochenende, wenn die öffentlichen Einrichtungen geschlossen sind, nicht zugänglich wäre.

Mit Anerkennungspreisen in Höhe von jeweils 1.000 Euro werden Simone Boldrin Architettura, Berlin, mit Verwoots & Schinder Architekten BDA Bochum und pape + pape architekten, Kassel/Hannover, gewürdigt.

Entwürfe im Alten Rathaus

Und was kostet die Umsetzung? Dazu gibt es bewusst noch keine Aussagen. Aber eine Kostenermittlung für den Siegerentwurf ist im Budget noch vorgesehen. Die Politik war im Preisgericht vertreten. Feinheiten und Varianten des Siegerentwurfs sind noch abzustimmen, Veränderungswünsche wurden schon laut. Ob und wann das Millionen-Projekt umgesetzt werden kann, zeigen die weiteren Beratungen.

Die Entwürfe können in der Halle des Alten Rathauses noch bis Ende Juli von interessierten Bürgern besichtigt werden: montags von 8.30 bis 16 Uhr und donnerstags von 8.30 bis 18 Uhr.ek