Pflanzenzüchtung stellt sich künftigen Herausforderungen

Georg Folttmann, KWS-Manager, Festredner beim Gildentag / Vom Saatgut zum Brötchen: »Decken gemeinsam Grundbedürfnisse«

»Wir decken gemeinsame Grundbedürfnisse der Menschen.« Damit umriss Georg Folttmann, Festredner des Gildentages 2012 in der Northeimer Stadthalle, die Gemeinsamkeiten zwischen der KWS SAAT AG und dem Handwerk. Folttmann sprach über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pflanzenzüchtung.

Einbeck. Der Weg der Pflanzenzüchtung fange im Unternehmen KWS, in dem Georg Folttmann als Manager tätig ist, beim Saatgut an und höre mit Schnitzel und Brötchen, Produkten des heimischen Handwerks, auf: »Ihr und unser Handwerk ist Realwirtschaft«, so der Festredner. Die Herausforderung sei, aktuell sieben Milliarden Menschen auf der Erde zu versorgen; 2050 werden es neun Milliarden Menschen sein. Bedenke man, dass die Ackerfläche schrumpfe, müsse die Landwirtschaft effektiver werden. Die Weiterentwicklung von Wildarten stand am Beginn der Pflanzenzüchtung, die mit Kreuzung und Auslese durchgeführt wurde. Weltweit gebe es 30.000 essbare Pflanzenarten. 7.000 würden genutzt, 150 spielten eine Rolle in der Ernährung, lediglich 30 Arten deckten rund 95 Prozent des Kalorienbedarfs der Weltbevölkerung, davon allein drei Arten – Reis, Mais und Weizen – 50 Prozent des Bedarfs.

Weltweit setze die Saatgutbranche 1,5 Milliarden Euro um, wobei sich die Produktivität in den letzten Jahrzehnten erheblich gesteigert habe. Seit 1960 gebe es einen Preisverfall, was für die Verbraucher bedeute, dass der Anteil des Einkommens, den sie für Lebensmittel ausgeben müssten, geringer werde.

Für KWS als Forschungseinrichtung gebe es viel zu tun: Ziel sei es, neue Sorten zu entwickeln, deren Ertrag um ein bis zwei Prozent über dem herkömmlicher Produkte liege. Bisher würden 42 Prozent der Aussaat vor der Ernte geschädigt – umso wichtiger sei es, beispielsweise Resistenzen zu entwickeln oder den Zuckerertrag zu steigern. »Erfolg kann man säen«, dieser alte KWS-Slogan folge den Ideen von Darwin und Mendel, und die Gründer des Unternehmens, die Familien Rabbethge und Giesecke, hätten gezielt Züchtung eingesetzt. So sei daraus »ein ganz anständiges Unternehmen« geworden, schmunzelte Folttmann, und aus den Anfängen mit der Zuckerfabrik in Klein Wanzleben habe sich eine weltumspannende Firma entwickelt. KWS zähle fast 3.600 Mitarbeiter, allein 1.000 am Standort Einbeck. Rund 15 Prozent des Umsatzes von knapp 900 Millionen Euro würden für den Bereich Forschung und Entwicklung ausgegeben. Unter den fünf weltweiten Marktführern der Saatgutbranche stehe KWS auf Platz 4. Ziele der Pflanzenzucht seien die Steigerung von Erträgen, die Verbesserung von Qualität, die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit gegenüber Schadorganismen und von Toleranzen gegenüber Stressfaktoren sowie die Verbesserung der Nährstoffaufnahme. Dabei würden klassische und moderne Methoden genutzt. Gentechnik, führte Folttmann aus, sei der artenübergreifende Transfer von einzelnen Genen von einem Genom in ein anderes. Die Genomforschung sei somit ein Hoffnungssektor für die Zukunft.

Bis zu einer neuen Sorte, führte er aus, sei es ein langer Weg, mit zehn Jahren Entwicklungszeit müsse man rechnen. KWS erziele mit gentechnisch verändertem Saatgut inzwischen einen Umsatzanteil von 28 Prozent – allerdings nicht in Europa. Hier sei, speziell auch in Deutschland, die Kennzeichnung gentechnischer Produkte ein Problem. Der Vorteil liege derzeit in der Landwirtschaft in Form von Pflanzen, die sich schützen könnten. Weiterer Nutzen, auch für Verbraucher, werde angestrebt.

Ein wichtiger KWS-Markt der Zukunft sei China, führte er weiter aus. Hier gebe es Anbau- beziehungsweise Verbrauchssteigerungen bei Mais, Fleisch und Zucker. Aber auch Energie sei ein Thema. Aktuell würden zwei bis drei Prozent der Flächen für nachwachsende Rohstoffe genutzt. Hunger in der Welt sei weniger ein Thema der Anbauflächen für Energiepflanzen als vielmehr der Veredelung, die wesentlich mehr Raum einnehme. Wenn es um die Frage »Tank oder Teller?« gehe, dann müsse Effizienz den Ausschlag geben. Optimal sei bei den erneuerbaren Energien der Einsatz von Energiemais, dessen Ertragsstärke bei 1:8 liege. Hier liege eines der künftigen Betätigungsfelder der Pflanzenzüchter, sie bringe »Power to the Bauer«.ek