Reformationsofen: Woran sich Lutheraner wärmten

Fürstenportraits, Putten und Inschriften auf Ofenkacheln aus dem Eickeschen Haus / Dr. Stefan Teuber referiert beim Geschichtsverein

1612 erbaut: Nun, zum Jubiläum des Eickeschen Hauses, gibt die gleichnamige Stiftung im Juni ein »schönes rundes Buch« heraus, kündigte Dr. Stefan Teuber bei der Mitgliederversammlung des Geschichtsvereins an. Stiftung, Bauamt, Gewerke und Wissenschaftler – alle seien gleichermaßen beteiligt.

Einbeck. Mit einem Kurzvortrag zu Ofenkacheln aus dem Eickeschen Haus machte Dr. Teuber die interessierten Zuhörer neugierig auf seinen Buchbeitrag. 2002 wurden bei Grabungen in Kellerschichten Ofenkacheln gefunden. Sechs Bruchstücke von Blattnapfkacheln wurden entdeckt: Rechtecke mit kreisrundem Ausschnitt für den »Napf«. Die Ecken wurden mit Reliefverzierungen gestaltet. Diese Form der Kachel, so der Stadtarchäologe, ermöglichte eine geschlossene Ofenwand ohne sichtbare Lehmbauteile.

Eine Weiterentwicklung stellten so genannte Blattkacheln dar, die aus einer gemodelten Vorderseite, dem Blatt, bestanden, sehr geeignet für bildliche Darstellungen und Texte. Eine nur teilweise vorhandene Inschrift konnte rekonstruiert werden: »Also spricht Got dis ist mein lieber Son an welchem ich Wolgefallen hab. Den solt ihr horen« – ein Satz aus dem Neuen Testament, Matthäus 17,5, der die Verklärung Jesu beschreibt. Intensives Suchen in der Kunstgeschichte zu der bildlichen Darstellung unter dem Text gehört zur Arbeit des Archäologen. So fand der Wissenschaftler die Vorlage hierzu bei Lucas Cranach dem Älteren. Bild und Text stünden in Zusammenhang mit der Reformation. Der Auftraggeber wollte hier also seinen lutherischen Glauben demonstrieren, stellte Dr. Teuber fest.

Ein weiterer bemerkenswerter Fund: eine Kachel mit dem Bildnis eines bärtigen Mannes mit Barett, Federbusch, Renaissancetracht sowie den Buchstaben »P« und »L«. Die Recherche ergab, dass es sich um Philipp I., Landgraf von Hessen (1504 bis 1567) handeln muss, der seit 1524 Anhänger des protestantischen Glaubens war. Er zählte mit Einbecks Landesherrn, Herzog Philipp dem Älteren von Braunschweig-Grubenhagen, zu den Mitbegründern des Schmalkaldischen Bundes.

Die Kacheln mit protestantischen Bildinhalten weisen auf einen »Reformationsofen« hin. »Der grün glasierte Ofen, dessen Reste sich in der Kellerverfüllung fanden, dürfte zwischen 1550 und 1580 erbaut worden sein«, also in einem Vorgängerbau des Eickeschen Hauses. Jedoch seien damals Umsetzen sowie Ab- und Wiederaufbau von Öfen durchaus üblich gewesen. »Sicher erscheint, dass der Ofen, dessen Reste in der Kellerverfüllung der Zeit um 1700 eingelagert waren«, im Haus von 1612 stand. Dieser zweite Ofen sei zwischen 1590 und 1620 gebaut worden.

Eine Rekonstruktionszeichnung verdeutlichte die Bauweise eines solchen Turmofens: oben Bekrönungs- oder Kranzgesimskacheln, unten ein rechteckiger Feuerungskasten aus Blattnapfkacheln, in der Mitte, etwas zurückgesetzt, ein »oktogonaler Turm mit zwei bis vier Ebenen von Blattkacheln mit reformatorischem Bildprogramm«.

Den Zuhörern erläuterte er noch weitere Identifizierungen von Bildniskacheln. Eine freistehende Figur im Hochrelief auf einer Bekrönungskachel gab dem Forscher zunächst Rätsel auf. Hier wurde er bei Ovids Metamorphosen und dem Holzschnitt »Apollo tötet Pythias« fündig. Dass eine Kranzkachel mit einem geflügelten Engel (Putto) zu einer »memento mori«-Darstellung gehören muss – »Bedenke, dass du sterben musst« – entdeckte er in Northeim. Noch einmal ausführlich nachzulesen ist diese Forschungsarbeit in dem Jubiläumsbuch der Stiftung, das im Sommer erscheint.des