Richter fordert mehr Verantwortung statt Verdrängung

19-Jähriger begeht 15 Straftaten / Verurteilt zu 20 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit

Zu einer Bewährungsstrafe und gemeinnütziger Arbeit hat das Einbecker Amtsgericht jetzt einen jungen Mann verurteilt. 15 Straftaten legte das Gericht ihm zur Last. Es gebe »schädliche Neigungen«, so der Direktor des Amtsgerichts, Thomas Döhrel; für den Angeklagten würden aber positive Sozialprognosen sprechen.

Einbeck. Für 15 Straftaten, die sich aus gemeinschaftlichen schweren Diebstählen, Hehlerei, einem Wohnungseinbruch, Fahren ohne Führerschein, Erwerb von Hehlerware sowie Diebstahl zusammensetzten, wurde ein Einbecker vom Amtsgericht zu 20 Monaten Haft auf Bewährung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Zwischen dem 5. Juli 2011 und dem 18. Mai 2012 hat er unter anderem in Autowerkstätten, Autohäusern, Geschäften, einer Tankstelle, einem Fitnessstudio, einer Pizzeria, einem Küchenstudio, einer Diskothek und einem Wohnhaus Diebstähle mit teilweise sehr hohem Sachschaden begangen – im Einzelfall bis zu 98.000 Euro bei der Aneignung eines Autos. Außerdem hat er mit Hehlerware gehandelt.

Im Prozess gestand der Einbecker seine Taten, und er bat um Entschuldigung. Ohne Arbeit und Perspektiven hätte er »falsche Freunde« kennengelernt, die ihn zu den Fehltritten animierten, um ihm dann Diebesgut abzukaufen. Um Geld für den täglichen Bedarf zu bekommen, sei er straffällig geworden, doch habe er aus seinen Fehlern gelernt. Der zweitägige Aufenthalt in Untersuchungshaft Ende des vergangenen Jahres habe bei ihm großen Eindruck hinterlassen, so der Angeklagte, weshalb er bei der Aufklärung der Fälle geholfen, Mittäter benannt und Diebesgut selbst der Polizei übergeben habe.

Da er für sich in der Region keine Zukunft sehe, ohne immer wieder an seine Fehltritte erinnert zu werden, habe er sich eine Ausbildungsstelle fern von Einbeck gesucht. Diese trete er Anfang des kommenden Jahres an, und er werde beim Neustart und sonst auch intensiv von seiner Familie unterstützt, so der Angeklagte.Den Familienzusammenhalt bestätigte der Sozialarbeiter: Es würden Probleme besprochen und geregelt. Er sagte, dass der Einbecker durch Langeweile und den Umgang mit falschen Personen auf die schiefe Bahn gekommen sei, inzwischen aber gefestigter wirke.

Die Staatsanwältin honorierte den Wandel des Angeklagten: Bei den ersten Hausdurchsuchungen sowie Vernehmungen sei er nicht geständig gewesen, er habe Geschichten erfunden. Inzwischen habe sich das geändert. Es sei ihm anzurechnen, dass er gemeinsam mit ihr und einem Polizeibeamten die Staatsanwaltschaft Göttingen besucht habe und anschließend Diebesgut herausgab, das noch nicht entdeckt wurde. Seinen Sinneswandel bezeuge auch, dass er seine Mittäter preisgab, gegen die daduch Verfahren eingeleitet werden konnten.

Da er noch zu Hause wohne und seine Ausbildung erst später beginne, könne Jugendrecht angewendet werden. Die vielen Taten und die hohen Schäden wirkten sich negativ auf das Strafmaß aus; positiv sei dagegen, dass er sich reuig zeige, den richtigen Weg eingeschlagen und bei der Aufklärung mitgeholfen habe. Sie plädierte auf 20 Monate Freiheitsentzug auf Bewährung sowie 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit, um dem jungen Mann die Zukunft nicht zu verbauen und ihm den sozialen Gedanken langfristig näher zu bringen.Der Verteidiger bestätigte die Ausführungen der Staatsanwältin, er erinnerte aber an die Folgen der Taten: Sein Mandant habe schon einige Arbeitsstellen und seine Freundin verloren, und er wurde von seinen ehemaligen Mitstreitern tätlich angegriffen. Wegen der Schwere und der Anzahl der Delikte sei es unwichtig, ob die Haftstrafe 15 oder 20 Monate betrage, so der Verteidiger, jedoch müsse sie auf Bewährung bleiben, um den Angeklagten nicht die angestrebte Lehre zu verbauen.

Richter und Schöffen folgten dem Strafmaß der Staatsanwältin. Der Richter wunderte sich allerdings, warum der Einbecker nach der angeblichen prägenden Untersuchungshaft noch zwei Diebstähle begangen habe, das habe er nicht ausreichend beantworten können. Positive Ansätze wie die Mithilfe bei der Aufklärung und die Zukunftsprognosen sorgten jedoch dafür, dass das Gericht ihm vorerst keine »Steine in den Weg legen« wolle. Wichtig sei, dass sich der geständige Täter mit seinen Delikten auseinandersetze, sie nicht verdränge und sich für sie verantworte. Zwar habe der Angeklagte das Gericht nicht von seiner Reue überzeugen können, so der Richter, doch sehe man die günstigen Perspektiven, die der junge Einbecker entwickelt habe, so dass sie sich für eine Bewährungsstrafe entschieden hätten.

Zu den Strafauflagen gehöre ein Bewährungshelfer, der mit dem jungen Mann die Probleme offen angehen solle, sowie die Ableistung von 200 Sozialstunden. Es werde länger dauern, sie abzuarbeiten, doch sei genau das beabsichtigt, um den Einbecker immer wieder mit seiner Vergangenheit zu konfrontieren und sein Verantwortungsbewusstsein zu fördern.mru