Rund 1.200 Gäste lernen Villa-Wuff-Bewohner kennen

Führungen durch das Einbecker Tierheim am Tag der offenen Tür / Henry, Linus, Zeus, Teddy und Kollegen warten auf neue Besitzer

Die Tiere haben genau gemerkt, dass dieses Wochenende anders war als sonst, und manche haben sich auch so verhalten, als wüssten sie, um was es geht: Rund 1.200 Besucher waren beim Tag der offenen Tür in der Villa Wuff, dem Tierheim vor den Toren Einbecks, und die Schicksale der Vierbeiner standen im Mittelpunkt der geführten Rundgänge über das Gelände.

Einbeck.  Vor dem Zaun hatten die Mitglieder eine große Kuchentheke, Grillstand und Getränkewagen aufgebaut. Der Erlös kommt der Arbeit ebenso zugute wie der Flohmarktverkauf, und die Gäste griffen hier gern zu beziehungsweise zeigten sich spendabel.

Die Aufgaben, denen sich das Villa-Wuff-Team vor Ort und der Verein täglich aufs Neue stellen müssen, sind groß. Bei den Führungen konnten die Besucher vor allem die Hunde, die auf ein Zuhause warten, kennenlernen. Andere gehören zum festen Inventar des Tierheims, für sie wird sich auch beim besten Willen niemand finden, der sie zu sich nimmt. Da ist beispielsweise Max, »der jagt alles, was Fell und Federn hat«, so Tierwartin Katrin Kühn. Seit vier Jahren lebt der ehemalige Hofhund hier. Es gehe ihm gut, er sei sehr wachsam, die Klingel sei eigentlich nicht nötig. Aber der Jagdtrieb macht es nicht möglich, ihn zu vermitteln. Ausgesetzt, dieses Schicksal hat die kleine Mischlingshündin Maja ereilt. Sie ist sieben Jahre alt. Wer sie neu kennenlernt, erlebt sie »die erste hundertstel Sekunde« scheu, dann entpuppt sie sich als lieb und nett. Sie lebt mit Tierheimleiter Holger Niedrig im Haus, bis sie vermittelt wird, denn die Haltung im Zwinger macht ihr schwer zu schaffen.

Henry sieht putzig aus mit seinen Körperformen: 65 Zentimeter lang, 35 Zentimeter hoch - ein Mischling aus Riesenschnauzer »und etwas Kurzbeinigem«. Er ist drei Jahre alt und hat sein Leben größtenteils an einer Kette verbracht. In die Villa Wuff kam er mit einer schlimmen Hautkrankheit. Inzwischen geht es ihm deutlich besser; wenn er auskuriert ist, kommt der freundliche schwarze Rüde in einigen Wochen in die Vermittlung. Vier Jahre alt ist Linus, ein munterer Labrador-Mix. Er kennt Kinder und Katzen. Bei der Erziehung braucht er Liebe und eine konsequente Hand, ist also kein Hund für Anfänger.

»Mein Seelenhund«, so stellte Katrin Kühn den elf Monate alten Berry vor. Der reinrassige Schäferhund leidet an der Hüftkrankheit HD. 500 Euro Operationskosten seien für das frühere Herrchen nicht drin gewesen, er sollte eingeschläfert werden. Dieser »Traum von einem Hund« sei offen für alles Neue. Von der Villa Wuff bekommt er nun die erforderliche Operation, dann kann er vermittelt werden, um noch zehn oder zwölf Jahre ein schmerzfreies, glückliches Leben zu führen.

»Der hier leidet am meisten«, bedauert die Tierwartin den acht bis neun Jahre alten Mischling Zeus. Er sei die Zwinger-Haltung nicht gewohnt, an seiner Geschichte sei etwas »faul« gewesen, und nun müsse das Tier es leidvoll ausbaden. Zeus teilt sich den Zwinger mit der achtjährigen Doggen-Mischung Luzy. Deren Besitzer mussten sich aus finanziellen Gründen von ihr trennen.

Ins Schwärmen gerät Katrin Kühn auch bei Snoopy, einem eineinhalb Jahre alten Schäferhund-Mischling. Er habe einen traumhaften Charakter und sei sehr gehorsam. Gehandicapt ist er allerdings durch seine Krankheit: Er ist kleinäugig, hat nur etwa 30 Prozent Sehkraft, was ihn allerdings kaum beeinträchtigt: »Er hat ja eine Nase wie ein Hund«, schmunzelt sie.

Elf Jahre alt ist der Schäferhund-Mischling Nico, auch er wartet in der Vermittlung, genau wie Odin, acht Jahre alter Schäferhund-Mix. Freundlich und nett, wäre er am besten in einem Haus mit Garten am Rand einer Ortschaft aufgehoben. Ein Stadthund ist er nicht. Lange hat er an der Kette sein Dasein fristen müssen, und kleine Kinder sind auch nicht seine Sache.

Spike ist vermittelt, vielleicht lag es an den Stehohren - der Schlappohrige Bruder Teddy wartet noch. Der fünfeinhalbjährige Mischling ist freundlich, nett und lebhaft, er zeigt aber auch ruhige und verschmuste Seiten. Gut geeignet wäre er für einen Anfänger, »gern in Verbindung mit einer Hundeschule«. Auch einen guten Zweithund würde er abgeben. Und gucken kann er - »da wird man weich wie Butter«, lacht Katrin Kühn. Kommen neue Tiere mit sichtbaren Krankheiten in die Villa Wuff, steht für sie ein Quarantäne-Zwinger zur Verfügung, komplett gefliest und leicht zu desinfizieren. Zur Anlage gehört außerdem der so genannte Polizei-Zwinger mit Zugang von außen. Hier kann die Polizei Hunde, die aufgegriffen wurden, kurzfristig unterbringen, wenn auf dem Gelände ausnahmsweise niemand zu erreichen ist.

Im Sammelzwinger wurden anlässlich des Besucher-Ansturms die Hunde untergebracht, die sonst im Haus und frei auf dem Grundstück leben, Lotte und Paula etwa, die Hunde von Holger Niedrig, der 14-jährige Linus mit seiner Tochter, und es gab ein Wiedersehen mit Cocker Alex, der im vorletzten Winter rund ein Vierteljahr allein durch die Gegend stromerte, immer wieder gesehen wurde, aber zu ängstlich war, sich einfangen zu lassen.

In der Nagerstation leben derzeit die Ratte Baldrian, die ihren Tag größtenteils mit schlafen verbringt, und die Kaninchen Muschel und Sternchen, die aus einem Haushalt mit sogenannten animal hording geholt wurden: 70 Kaninchen in einer kleinen Wohnung. Beiden hat das aber nichts ausgemacht, sie machen einen fitten und fröhlichen Eindruck.

Deutlich reduziert wurde die Zahl der Degus, der chilenischen Strauchratten. Nur vier dieser Verwandten des Meerschweinchens sind noch zu vermitteln, aufgenommen wurden einmal 22. »Aber das sind echte Nager, einen handelsüblichen Käfer kriegen die in kürzester Zeit durch,« macht Katrin Kühn auf richtige Unterbringung aufmerksam.

Staunen konnten die Besucher über die großen Mengen Holz: Es wird für die Heizung benötigt, »und nachdem im letzten Winter noch etwa vier Scheite übrig waren, haben wir nun vorgesorgt«, erläuterte Katrin Kühn. Die Mengen, von Holger Niedrig selbst aufgearbeitet, reichen nun »für zwei laue oder einen harten Winter.« ek