Salzderhelden im Jahr 1654

Bei Merian-Stichen steht zuweilen die Ästhetik im Vordergund

Dieser Merian-Stich wurde 1654 vom Mitarbeiter Conrad Buno aus Frankenberg an der Eder, dem Hofkupferstecher des Herzogs von Braunschweig, angefertigt.

Salzderhelden. Matthäus Merian und seine Söhne waren erfolgreiche und bekannte Maler, Verleger und vor allem begnadete Kupferstecher. Merian-Stiche aus dem 17. Jahrhundert sind weltweit bekannt und beliebt. Der vorliegende Merian-Stich wurde 1654 vom Mitarbeiter Conrad Buno aus Frankenberg an der Eder, dem Hofkupferstecher des Herzogs von Braunschweig, angefertigt. Salzderhelden gehörte damals zu den vereinigten Herzogtümern Grubenhagen, Celle und Lüneburg unter Herzog Christian Ludwig.

Dominierendes Bildelement ist die Heldenburg. Der Turm, Donjon oder Bergfried ist mit einem Renaissance-Dach geschmückt, und allein die Westseite zeigt mehrere imposante Fachwerk-Giebel, ebenfalls im damals modernen Renaissance-Stil. Die Burgmauer mit der Vorburg ist auf dem Bild noch genauso komplett erhalten, wie die Heldenburg selbst. Weiter unten steht das fürstliche Amtshaus.

In der Bildmitte befindet sich der Flecken mit Kirche, Rathaus und Vorwerk. Für die Einwohner von Salzderhelden war 1654 ein schlechtes Jahr. Zwar war der furchtbare 30-jährige Krieg schon einige Zeit vorbei, seine Spuren waren aber noch lange nicht beseitigt. Die Salzderheldener Saline war, wie vieles andere auch in der Umgegend, stark verwüstet.

In den folgenden wirren Zeiten waren andere Dinge wichtiger als die Wartung und Instandhaltung des Salzbrunnens – was sich leider irgendwann rächen musste. Am Ende wurde nur noch wenig Sole produziert und es kam zu einem gnadenlosen Konkurrenzkampf zwischen den einheimischen Salzproduzenten, den Kötnern.

Die Preise sanken und sanken. Dann folgte das nächste Ungemach: Die Kötner wollten oder konnten noch nicht in ein moderneres, Feuerholz sparendes Leckewerk (Gradierwerk) investieren. Doch unglücklicherweise stiegen auf einmal die Holzpreise bei gleichzeitig niedrigen oder sinkenden Salzpreisen stark an. Das ging so weit, dass die Holzhändler nicht mehr auf den Salzderheldener Markt fuhren mussten, sondern das Holz von den Kunden persönlich abgeholt wurde.

Das war die Ausgangslage – und zu allem Übel wurde Salzderhelden 1654 von einem Großbrand betroffen. Die Abbildung zeigt noch weitere Details, wie den Marktkirchturm in Einbeck , die Kohnser Kirche (G »Honsen«) und die Erichsburg (M). In der Bildmitte fließt von links nach rechts die alte Leine. Der Standpunkt des Zeichners ist in der heutigen Siedlung ungefähr am Grepenweg. In der Gegenwart verläuft dort, wo die Bauern mit altertümlichen Gerät die Felder beackern (unten im Bild), die Bundesstraße 3. Die Leine und das Stauwerk befinden sich in dem Bereich, wo bei Merian die Baumreihen und Gärten zu sehen sind. Auch Teile der Einbecker Landwehr sind zu sehen.

Der Klapperturm , Pinkler und Reinserturm sind mit Buchstaben bezeichnet. Allerdings scheint der Landwehr-Verlauf zwischen Reinser Turm (K) und Pinkler (L, im Hintergrund links) sehr großzügig gestaltet. Die Einbecker Landwehr wurde nach dem Krieg ausgebessert, aber um den Waffenbestand in der Stadt stand es eher schlecht. Zwar gab es einen Feuerwerker und einen »Constabel«, die die wenigen Geschütze instand hielten, aber von den zur Verteidigung erforderlichen Waffen und Munition war nur noch »ein Zehntel bis ein Drittel des Bedarfes vorhanden«.

Bei Merian-Stichen steht zuweilen die Ästhetik und Formvollendung im Vordergrund und geht ein wenig zu Lasten des realen Zustandes. Schaut man sich zum Beispiel den Reinser Turm (K) genauer an, fällt auf, dass die Turmspitze fehlt. Hier war für Conrad Buno das Abbilden der Realität wichtiger. Tatsächlich entsprach die Darstellung dem wirklichen Aussehen: 1651 klagte der Pächter Jost Notrabe gegen den Rat der Stadt Einbeck wegen des Zustandes des Reinser Turms. Die Gebäude seien ruiniert gewesen, das Turmdach abgedeckt und der Zaun verbrannt. wk