Scharfzüngig, hintersinnig und lehrreich

Wissenschaftskabarettist Vince Ebert unterhält das Publikum aufs Beste im Bendow-Theater

Einbeck. Scharfsinnig und brillant – bei seinem ersten Auftritt in Einbeck überzeugte der Kabarettist Vince Ebert das Einbecker Publikum mit  seiner humorvoll-bissigen Mischung aus Wissenschaft und Kabarett. Der diplomierte Physiker  stellte auf Einladung des Einbecker Kulturrings sein neues Programm »Evolution« vor, und die Zuschauer hatten dabei viel zu lachen. Dementsprechend wurde Ebert am Ende mit viel Applaus von der Bendow-Bühne verabschiedet.

Ebert ist Wissenschaftler, und er erklärte dem Publikum zunächst die kosmologische und biologische Evolution. Esoterik und Astrologie erteilte er eine klare Absage: Denn der Lkw, der bei seiner Geburt vorbeifuhr, habe eine »stärkere Gravitationskraft als ein Aszendent«. Am Screen erläuterte der Kabarettist Theorien zum Urknall, mathematische Gleichungen, naturwissenschaftliche Grundsätze und Theorien oder psychologische Verhaltensexperimente auf äußerst humorvolle Weise – und war dabei noch lehrreich. Der Grundgedanke von Charles Darwin »Survival of the Fittest« geht davon aus, dass das bestangepasste Individuum überlebt. Und so mussten auch Bakterien und Mikroorganismen Thema sein: Drei Kilogramm Bakterien habe der Mensch im Darm, das Gehirn aber sei nur halb so schwer – und da komme die Frage auf, wer denn das Sagen habe. »So ein Scheiß.«

Der menschliche Organismus ist für Ebert ein wahres Wunderwerk. Hautzellen werden alle vier Wochen regeneriert, rote Blutkörperchen alle 120 Tage. Man schätzt, dass nach sieben Jahren jede Zelle im Körper komplett erneuert wurde. Und spätestens dann sagen viele Ehefrauen: »Du bist mir so fremd geworden.«Ebert machte sich für das Publikum auf, das Geheimnis des Lebens zu erkunden: Vor rund 3,5 Milliarden Jahren entstand die erste Lebensform in einem ölig-schleimigen Tümpel, quasi die Vorform eines Versicherungsvertreters.

Der Mensch habe sich gegen Dinosaurier und Säbelzahntiger durchgesetzt und sei dennoch nicht die Krone der Schöpfung: Während Hyänen die vorverdaute Nahrung ihrem Nachwuchs zur Verfügung stellen, nenne man das heute beim Menschen »Junggesellenabschied«. Löwen hingegen würden 70 Prozent der Hyänen-Beute stehlen – und deshalb bezeichnete sie Ebert als »Arschlöcher«. Bonobos, argentinische Ruderenten, Schnecken oder Wale – der Tierwelt widmete Ebert immer wieder einen kritisch-witzigen Blick.Den Homo Sapiens und sein Verhalten nahm Ebert besonders aufs Korn: Der »Anmachspruch« des Neandertalers funktioniert für ihn immer noch gut auf Mallorca. Während Frauen sich abmühten keinen »genetischen Vollpfosten« auszusuchen, seien Männer eher schlicht gestrickt: Sie achten bei Frauen nur auf Äußerlichkeiten, meinte er: »Zwei Augen – passt«. Immer wieder untermalte Ebert seine Ausführungen mit bildlichen Ausflügen ins Tierreich – und wenn es ganz arg wurde, zeigte er zur Entspannung Katzenbilder.

Das Publikum bezog der Kabarettist mit ein, ließ es die DNA eines Borkenkäfers darstellen – immer noch besser als die DNA des Schachtelhalms, lobte er das Einbecker Publikum.

Den Menschen kennzeichnet seine Anpassungsfähigkeit aus. Und doch sind die Menschen immer noch irrational und unperfekt. Warum glauben sie an Gott? Die »Inneneinrichtung des Menschen« sei nicht wirklich gelungen, stellte er fest. Denn der Mensch habe zwar zwei Nieren aber nur ein Gehirn, und das Schienenbein sei eigentlich nur bestens dazu geeignet, im Dunklen scharfkantige Möbel aufzuspüren. Vince Ebert gabt naturwissenschaftlich fundierte Antworten und erklärte, warum der Musikantenstadl nur bedingt mit der Evolutionstheorie vereinbar ist: Im Zoo schunkeln nur psychologisch auffällige Tiere.

Die kulturelle Dimension der Evolution zeigte Ebert auf: Gut sei es, dass Menschen sich für andere einsetzen – beispielsweise beim Blutspenden. Vögel, blickte er wieder ins Tierreich, sitzen mittlerweile auf Weidezaungeräten, um das Vibrieren eines Handys nachzuahmen. Auch die Religion samt Dreifaltigkeit fokussierte Ebert, reduzierte sie auf eine mathematische Gleichung, die am Ende zur Null führt.

Für Ebert als Wissenschaftler ist klar: Der Mensch ist ein »anpassungsfähiger Opportunist«, seine langsame Hirnentwicklung ist die Basis für seine Lernfähigkeit – im Gegensatz zum Flussbarsch, der vielleicht doch nicht ganz doof ist – weil er die Nachkommen frisst, ohne sie vorher hochzupäppeln. Ehen gleiten für den Kabarettisten irgendwann über in das »Frag-net«-Niveau. Der Mensch besteht aus zehn hoch 28 Millionen Atomen – und als die wird er ewig leben – wenn auch in »weniger geordneter Form«. 

Vince Ebert ist studierter Diplom-Physiker, der auch im Bereich Marktforschung und strategischer Planung gearbeitet hat. Mit 30 Jahren unternahm er erste kabarettistische Gehversuche auf verschiedenen Kleinkunstbühnen. Mittlerweile preis­gekrönt präsentierte er 2004 seine erstes Solo­programm, seit vergangenem Jahr ist er mit »Evolution« auf den Bühnen Deutschlands unterwegs. Bekannt ist Ebert zudem durch Kolumnen in angesehenen Zeitungen und Zeitschriften sowie durch TV-Auftritte.sts