400 Schmetterlingsarten erfasst

Im Märchenwald | Bedeutender Rückzugsraum für selten gewordene Tierarten

Dr. R. Theunert bestimmt am Lichtturm angeflogene Schmetterlinge.

Einbeck. Nach drei Jahren kann der Diplombiologe Dr. Reiner Theunert eine ausgesprochen positive Bilanz im Märchenwald ziehen. In dieser Zeit konnte er genau 400 (bisher) verschiedene Schmetterlinge nachweisen und erfassen. »So viele Arten auf einer Wald-Fläche von nicht einmal 25 Hektar, das ist für Niedersachsen herausragend«, betonte der Zoologe. Er hat nicht nur auf die so genannten Großschmetterlinge geachtet, sondern auch auf die kleinen Arten, die oftmals nur schwer zu finden und nicht einfach zu bestimmen sind.

Doch diese Insektengruppe stand im Fokus, weil sie von den meisten Schmetterlingskundlern nicht beachtet wird. Unter ihnen sind Arten, deren Flügelspannweite nicht einmal einen Zentimeter erreicht. Über die Lebensraumansprüche dieser Micros, ihre Verbreitung und Häufigkeit ist nur wenig bekannt.

161 Arten gehören zu dieser Gruppe der Kleinschmetterlinge. Für die meisten gibt es nicht einmal einen deutschen Namen. Weitaus besser ist die Kenntnislage bei den 239 nachgewiesenen Großschmetterlingsarten. Von den vorgefundenen stehen landesweit 71 auf der Roten Liste bestandsbedrohter Arten.

Vier von ihnen gelten als »vom Aussterben bedroht« Dazu gehören der Ulmen-Zipfelfalter (Satyrium walbum), der Bergulmenspanner (Venusia blomeri), der Ahorn-Lappenspanner (Nothocasis sertata) und das Blaue Ordensband (Catocala fraxini), das mit einer Flügelspannweite von um die zehn Zentimeter im Vergleich zu den Kleinschmetterlingen ein Riese ist. 13 Arten werden als »stark gefährdet« geführt, 24 Arten als »gefährdet«, und 30 Arten sind in der Vorwarnliste.

Man muss dazu wissen, dass es in Niedersachsen noch keine Rote Liste für Kleinschmetterlinge gibt, sonst wäre der prozentuale Anteil der Rote-Liste-Arten um etliches höher. Die »Rote Liste« der Großschmetterlinge ist im Jahr 2004 für Niedersachsen veröffentlicht worden. Bei Rote-Liste-Arten wird davon ausgegangen, dass sie in absehbarer Zeit bestandsbedroht sein könnten, wenn ihre Lebensräume weiterhin zerstört werden.

Auch andere durch den Menschen bedingte Faktoren werden sich negativ auswirken, zum Beispiel durch den Klimawandel. Seit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Zusammenhänge sind die Insektenbestände bundesweit dramatisch zusammengebrochen. Experten sprechen von einem Rückgang von bis zu 75 Prozent.

Entgegen dieser fatalen Entwicklung hat sich der Märchenwald einmal mehr als ein überregional bedeutsamer Rückzugsraum für selten gewordene Tierarten erwiesen. Einen Großteil dieser erfassten Schmetterlinge hat Biologe Theunert auch aus eigenem Antrieb und aus eigenem Interesse am Märchenwald erfasst neben einer anderen Insekten-Untersuchung (Käfer außerhalb des Märchenwaldes).

Akribisch hat er jede unbekannte Art unter die Lupe genommen und gegegebenfalls wenn nötig auch einmal andere Literatur zu Rate gezogen. Waldökologe Henning Städtler, der für das Projekt als Ansprechpartner zeichnet, konnte den Biologen auf vielen seiner nächtlichen Exkursionen begleiten und seine Arbeitsweise bestaunen: Gut, dass es solche Allround-Insektenkundler noch gibt, die in das unbekannte Wissen um die Zusammenhänge in der Natur Aufhellung bringen können, meint er.hst