Ausschuss für Finanzen und Rechnungsprüfung

Schwierige Suche nach einem gemeinsamen Weg

Festgefahren und wenig kompromissbereit: Sondersitzung zu Strategischer Gesamtplanung und Finanzen

Einbeck. Die SPD wollte das Thema in öffentlicher Sitzung diskutieren: Der Ausschuss für Finanzen und Rechnungsprüfung hat sich jetzt in einer Sondersitzung mit der Strategischen Gesamtplanung beziehungsweise einem Antrag auf Erstellung einer Finanzpolitischen Gesamtstrategie beschäftigt. Außerdem sollte eine Nachtragssatzung zum Haushalt 2018 vorbereitet werden. Ob es nun zu heiß war oder ob sich die Beteiligten in ihrer Argumentation bereits so verkeilt haben, dass sie feststecken: In der Sitzung ging es ungewohnt grob zu.

Den Antrag der SPD, eine Finanzpolitische Gesamtstrategie für die Stadt Einbeck zu erstellen, begründete Rolf Hojnatzki. Es sei das erste Mal, dass das in einer öffentlichen Ausschusssitzung Thema sei. Nun komme eine »vorgebliche Bürgerbeteiligung«, und dann gehe es über den vertraulich tagenden Verwaltungsausschuss wieder in den Rat. Das gehe so nicht, und das gelte insbesondere für den Kern der kommunalpolitischen Arbeit, die Finanzen.

In den Oberzielen seien schwache finanzpolitische Aussagen enthalten. Die halte er nicht nur für oberflächlich, sondern an einem Punkt für gefährlich und falsch, so Hojnatzki, wenn es nämlich um den Schuldenabbau bei öffentlichen Beteiligungen gehe. Rund 70 Millionen Euro Schulden gebe es dort. Dabei werde außerordentlich solide gewirtschaftet, die Verschuldung spiele eigentlich keine Rolle. Aber möglicherweise steckten Privatisierungabsichten dahinter, warnte er. Um ohne Schulden investieren zu können, müsse die Stadt Überschüsse erwirtschaften, etwa 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Entweder spare man bei den Aufwendungen oder man mehre die Einnahmen. Deshalb müsse es auch um die Frage gehen, wie es die Politik mit den Hebesätzen halten wolle. Zurzeit sei keine Anhebung geplant, aber man brauche Verlässlichkeit.

»Ihr hättet dabei sein können«

Die Ausführungen seien interessant und möglicherweise in Teilen richtig, so Dr. Reinhard Binder, FDP, aber die SPD habe die Strategie nicht verstanden.

Über die Privatisierung der Beteiligungen sei mit keinem Wort gesprochen worden. Tatsächlich habe sich die Fraktion für das Ergebnis der Arbeit der Ratskollegen nicht interessiert. Während die einen Zeit und Mühen investiert hätten, hätten sich die anderen draufgesetzt. Er verstehe zudem den Aufstand nicht: Der Zukunftsvertrag laufe ohnehin nur noch ein bis zwei Jahre, da lohne es nicht, so einen »Hermann« darum zu machen.

Die größte Ratsfraktion habe sich aus dem Staub gemacht, stellte auch Ulrich Vollmer, CDU, fest. Die SPD hätte an den Zielen mitarbeiten können. Allein dass der Zukunftsvertrag nicht aufgelöst werde, habe dafür gesorgt, dass sie abgehauen sei. Die Strategie sei eine Maßnahme gegen Einzelwünsche; die Ziele seien aus heutiger Sicht festgelegt, es stehe der Politik frei, sie zu bearbeiten. »Ihr hättet dabei sein können«, entgegnete er auf den Vorwurf, die Diskussion gehe am Bürger vorbei. Transparenz sei gegeben.

Die Verwaltung habe den Rat mit der Gesamtstrategie überfallen, kritisierte Marcus Seidel, SPD. Der Rat beschließe über grundlegende Ziele, aber in diesem Fall habe man nicht gewusst, »was uns geschah.« Es sei nicht gemeinsam entschieden, sondern festgelegt worden. Wenn man am Zukunftsvertrag festhalten wolle, müsse man sich auch an die Spielregeln halten - Neuverschuldung stehe dagegen. Der Bürger habe das Recht zu erfahren, wohin die Reise gehe. Die geplante Bürgerbeteiligung sei allerdings »lachhaft.«

Er habe Zweifel, ob die Pläne zum Guten für die Stadt seien. Wichtiger wäre es, finanziellen Spielraum zu bekommen um den Haushalt zu gestalten, verbunden mit der Gewissheit, Steuersätze nicht zu erhöhen. Ein Verkauf städtischer Beteiligungen sei mit der SPD nicht zu machen. Mit einer finanzpolitischen Strategie wolle man ein Fundament legen. Die SPD habe drei Forderungen eingebracht und sie mehrfach aufgestellt – darauf habe es keine Reaktion gegeben, entsprechend müsse man sich nicht wundern, wenn sie nicht weiter mitmachen wollte.

Die SPD hätte mitmachen können und Vorschläge einbringen müssen, stellte Albert Eggers, CDU, dagegen – jede weitere Diskussion dazu sei eigentlich überflüssig.

Es habe keine öffentliche Diskussion gegeben

Auf 25-jährige Erfahrung mit öffentlichen Finanzen verwies Rolf Hojnatzki. Um die Stadt in Zukunft handlungsfähig zu machen, habe man unter anderem das Neue Rathaus gekauft. Wenn er im Strategiekonzept nur einen Funken des Fortschrittsdenkens gesehen hätte, hätte er weitere Mitarbeit am Thema empfohlen. Allerdings sei niemand auf die Ideen und Vorschläge der SPD eingegangen, es habe keine öffentliche Diskussion gegeben, und deshalb finde man dieses Verfahren als undemokratisch, inkompetent und nicht im Sinne der Bürger.

Sie sei entsetzt, dass die Arbeit der Ratsmehrheit als »lachhaft« und »Unsinn« dargestellt werde, sagte Beatrix Tappe-Rostalski, CDU, das verbitte sie sich. Die Planung sei gedacht, Einbeck Gutes zu tun. Der Start sei vielleicht nicht ganz glücklich gewesen, aber man habe gut gearbeitet. »Springen Sie mit ins Boot«, forderte sie die SPD auf. Die Kompetenz hätte man gern dabei. Man sollte die Diskussion  nicht verlassen, wenn es nicht nach den eigenen Vorstellungen laufe.

Sie habe sich an der Art und Weise gestört, wie die Verwaltung das Thema eingebracht habe, sagte Eunice Schenitzki, SPD. Wenn die Vorschläge vom Leitbild abgeleitet seien, verstehe sie nicht, warum hinter verschlossenen Türen beraten werde. Alle Kommunalpolitiker wollten etwas für die Stadt tun, warum nicht öffentlich? Eine Bürgerbeteiligung über drei Stunden in der Sparkassen-Passage halte sie für zu wenig. Sie habe außerdem Bedenken, dass sie die Verantwortung, in die sie als Ratsmitglied gewählt worden sei, abgeben müsse.

Eine Arbeitsgruppe habe sich mit Zielen beschäftigt und Überschriften für eine Diskussion gefunden, fasste Frank-Dieter Pfefferkorn, Bürgerliste, zusammen. Die Planung für den Haushalt habe man nicht abgegeben, und die Priorisierung sei nicht in Stein gemeißelt. Er finde, die SPD-Vorschläge kämen zu früh. Wenn weitere Zahlen vorlägen, ergebe sich ein abgerundetes Bild – dann könne man beim nächsten Finanzausschuss Ende August weiter beraten. Die Verwaltung halte erst die Gesamtstrategie und dann die Klärung der Finanzfragen für sinnvoll, führte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek aus. Man brauche die Strategie als Fundament, darüber könne man die Themen setzen. Das Dach sei die Finanzstrategie. Sie sei auch für eine öffentliche Diskussion, aber wenn jemand gehe, könne man nicht mehr diskutieren. Wenn man die Strategie im September verabschiede, werde man sie für den Haushalt 2020 schon nutzen. Über die Veränderung von Beteiligungen habe man übrigens nicht geredet. Die SPD habe sich festgebissen in etwas, was gar nicht diskutiert wurde. Dass erstmal die Gesamtstrategie stehen müsse, betonte auch Kämmerin Brigitte Hankel. Das sei eine moderne Vorgehensweise, und es wäre schön, wenn sie funktionieren würde.

Der Beschluss über eine Finanzpolitische Gesamtstrategie wurde mehrheitlich auf die nächste Sitzung vertagt.

Weiter hatte die SPD die Vorbereitung eines Nachtragshaushalts beantragt. Mehrfach habe es in den vergangenen Monaten außer- und überplanmäßige Beschlüsse gegeben – niemand wisse, wo man eigentlich stehe, so Hojnatzki. Bis zur nächsten Sitzung sollten Ausgaben über 100.000 Euro für die Haushalte 2016 bis 2018 aufgeführt werden. Es gebe Controllingberichte, führte Brigitte Hankel aus. Die Zahlen könne sie nicht wie gewünscht vorlegen, sie seien sei so schnell nicht zu ermitteln. Die Finanzsoftware lasse das nicht zu. Wenn nicht für alle Maßnahmen, dann für sieben ausgesuchte Projekte, grenzte Hojnatzki die Suche ein. Aber auch das sei, so Hankel, in der Kürze der Zeit nicht leistbar.

Der Verwaltung werde immer wieder unterstellt, sie arbeite nicht ordentlich. Dabei sei man gegenwärtig in einer Situation, unter anderem mit Software-Umstellung, in der man das gar nicht schaffen könne. »Machen Sie’s«, forderte sie Hojnatzki auf, der auf seinem Antrag bestand und Hankels Verhalten als »respektlos« bezeichnete: Sie wolle nicht.

Mit Mehrheit wurde der SPD-Antrag auf Vorbereitung einer Nachtragssatzung für den Haushalt 2018 abgelehnt.ek