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Deutschkurs bei Baptisten in der Baustraße: unbürokratisch und situationsgerecht

Einbeck. Jeden Dienstagabend trifft sich eine Gruppe von Flüchtlingen in den Räumen der Baptistengemeinde mit dem Anliegen, Deutsch zu lernen. Ohne großes Aufhebens hat sich Rolf Sturhahn vor zwei Jahren dieser Arbeit angenommen. Er sah die Notwendigkeit und hat zugepackt – unbürokratisch, und Dank der Berichterstattung in der Presse sind nun interessierte Menschen aufmerksam geworden, dass ehrenamtliche Helfer benötigt werden. Außer so manchem Mitglied der Kirchengemeinde in der Baustraße sind Alexandra Lindt und Heinz Krüger zu den Helfern gestoßen.

Wie es genau dazu gekommen ist, kann sich keiner der Akteure in der Baptistengemeinde im Nachhinein erklären, jetzt ist es Fakt: Regelmäßig dienstags abends wird in die Baustraße Deutsch gelernt, in diesem Kurs sind es 27 Personen. Unterschiedlich lange sind sie bereits in Deutschland, und wünschen nichts sehnlicher als die Gewissheit, hier ein neues Zuhause aufbauen zu können und dazuzugehören. Deshalb sind sie hoch motiviert dabei. Sie kommen aus Syrien, Saudi-Arabien, Irak, Iran, Sudan, Ruanda und weiteren Ländern. Viele wollen über ihre Fluchterlebnisse noch nicht erzählen: zu dramatisch, zu traumatisierend, zu belastend. Die Zusammenkünfte empfinden sie als wohltuend, denn neben dem Erlernen der Sprache kommen sie aus ihrer Isolation heraus.

Mit dem Flüchtlingsthema seit langem betraut ist Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall. Durch die ­Arbeit in einem Netzwerk ist sie in Kontakt ­ge­kommen mit einer Frau, die sich über ihren Einsatz im Beruf eine sinnvolle Aufgabe im Ehrenamt wünschte, Alexandra Lindt. »Für sie war die sprachliche Barriere auch einmal ein Thema: als sie damals mit 18 Jahren nach Deutschland kam«, so Hoffmann-Taufall. »Deshalb fand ich es so naheliegend, sie für die Arbeit zu gewinnen. Ich rannte bei ihr offene Türen ein.« Alexandra Lindt hat hart gearbeitet, zunächst an ihrem Deutsch, dann hat sie eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert und gemerkt, dass noch mehr in ihr steckt. Sie erinnert sich, als ihre Kinder den Baptistenkindergarten in der Waisengasse besucht haben und sie manches Gespräch mit den Erzieherinnen geführt hat. »Die Erzieherinnen haben mich immer ermutigt und Vertrauen in meine Fähigkeiten gesetzt und damit die beste Grundlage für meine Zukunft gelegt«, so Alexandra Lindt. So hat sie nebenberuflich ein Studium begonnen, das sie 2012 mit dem Bachelor abgeschlossen hat. Mittlerweile hat sie auch ihr Masterstudium so gut wie beendet und fühlt sich jetzt vorbereitet, eine Pflege- oder Altenhilfeeinrichtung zu leiten. Aus Dankbarkeit für ihre Chancen bringt sie sich ehrenamtlich ein, um Anderen das zu ermöglichen, was sie erlebt hat.

Etliche ehrenamtliche Helfer sind für den Fahrdienst notwendig, denn viele Teilnehmer des Deutschkurses kommen aus Kreiensen, Greene und Wenzen. Heinz Krüger ist einer von ihnen. »Die Informationen in der Zeitung haben mich veranlasst, Kontakt aufzunehmen. Jetzt übernehme ich Fahrdienste dienstags und sonntags und freue mich über so viel Dankbarkeit und Freundlichkeit«, so Heinz Krüger aus Holtensen. Als pensionierter Berufssoldat sorgt er in seinem Bekanntenkreis für Aufklärung rund um das Flüchtlingsthema und für das Ausräumen von Vorurteilen. »Viele Menschen gehen von falschen Annahmen aus und wissen zu wenig Bescheid. Ich habe den direkten Kontakt zu den Flüchtlingen und weiß von manchem schlimmen Schicksal.« Heinz Krüger würde es freuen, wenn sich auch Unternehmen in Einbeck einbrächten. »Was wir brauchen, ist ein größeres Fahrzeug. Es wäre wunderbar, wenn ein Unternehmen oder ein Autohändler einen Transporter zur Verfügung stellen würde, nicht an jedem Tag, wir benötigen das Fahrzeug dienstags und sonntags, aber dann kämen wir besser klar.«

Und noch eine Bitte wird nebenbei geäußert: Sara wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder Klavierunterricht zu bekommen, so wie in ihrer früheren Heimat. Wer könnte als Pate fungieren und die Kosten übernehmen?oh