Souverän, humorvoll und natürlich: Bettina Tietjen ist eine würdige Bierordensträgerin

Einbeck. Das war ein Abend, der allen Beteiligten sichtbar Spaß gemacht hat: Fernsehmoderatorin Bettina Tietjen hat am Montag den Einbecker Bierorden erhalten. Gut gelaunt bedankte sich die Journa­listin in der restlos ausverkauften Rathaushalle für die Auszeichnung nicht mit der traditionellen Rede aus der Bütt, sondern mit dem, wofür sie seit langem steht: mit einem unkomplizierten Talk auf dem roten Sofa. Viel Prominenz machte der Till (Markus Henze) in der Rathaushalle aus, und in der Politik hätten alle ihr Päckchen zu tragen: Der Ex-Bürgermeister mit dem roten Schal sei abgetaucht, die GfE gehe auf Abschiedstournee, und die Liberalen hätten mit der Sexismusdebatte ein schmutziges Päckchen. Aber die neue Bürgermeisterin sei derzeit Einbecks Sonnenschein.

Bettina Tietjen, verriet der Till, habe schon Erfahrung mit seinesgleichen: Vor kurzem erst habe »der Schweiger Til« auf dem roten Sofa gesessen. Für das Einbecker Brauhaus hieß Torsten Eikenberg die Besucher willkommen. Der Einbecker Politik empfahl er ein besonderes Vorgehen: alle Farben in einen Topf und dann umrühren. Dabei werde das Beste für die Stadt und ihre Bürger herauskommen. Eine bessere Wahl als Ordensträgerin Bettina Tietjen habe man nicht finden können, war er sicher, er freue sich über die spontane Zusage: »Mit Ihnen wird die Reihe um eine würdige Persönlichkeit erweitert.« Der große Zuspruch spreche für den Gast aus dem Norden, stellte Karnevalspräsident Albert Eggers fest. Offi­ziell sei sie noch entmachtet, aber die Laudatio auf die zu Ehrende halte sie gerne, sagte Bürgermeis­terin Dr. Sabine Michalek.

Mit dem Orden werde deutlich, dass Bier und karnevalistischer Frohsinn gut zusammen passten. Mit einem Augenzwinkern belegte sie die Zitate in ihrer Ansprache mit Quellenangaben. Bettina Tietjen sei nicht wegzudenken aus dem NDR-Fernsehen. »DAS«, die Talkshow mit Dr. Eckhart von Hirschhausen oder »Wer hat’s gesehen« zeigten sie als eloquente Talkmasterin. Dabei sei die gebürtige Wuppertalerin nach eigenen Angaben während ihres Studiums zurückhaltend gewesen. Journalistische Erfahrungen sammelte sie bei einigen Zeitungen, bevor sie zum NDR ging, wo sie heute zu den bekanntesten Moderatorinnen zähle. Sie sei souverän, mit einer Prise Humor und durch nichts aus der Ruhe zu bringen, »nicht einmal von Jenny Elvers-Elbertzhagen.« Seit fast 19 Jahren talkt sie auf dem roten Sofa, einmal im Monat ist sie am Freitagabend von Hannover aus auf Sendung, am Sonntagabend erinnert sie an unvergessene TV-Momente, und am Sonntagmorgen ist sie auf NDR 2 zu hören bei »Tietjen talkt«, nicht geschminkt und gepudert. Bettina Tietjen, so die Laudatorin, nehme sich Zeit zum Plaudern, sie könne ernste Themen attraktiv präsentieren.

Das Publikum werde angeregt, aber nicht belehrt. Sie verstehe es, Menschen behutsam zu öffnen, und sie sei »grundnatürlich«, wie Kollege Carlo von Tiedemann bescheinigte. Seit 17 Jahren lebe Bettina Tietjen mit ihrer Familie in Hamburg-Harburg. Sie sei sozial engagiert, unter anderem in der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und als Schirmherrin eines DRK-Hospizes: selbstverständliche Hilfe, wie sie selbst sage. Temperamentvoll, bodenständig, einfühlsam – und genau die Richtige für den Bierorden, stellte Dr. Michalek fest. Auf ihre Familie, Reisen, Musik und gutes Essen könne sie nicht verzichten. Als stark empfinde sie sich, wenn sie morgens vor 9 Uhr joggen gehe, als schwach, wenn sie nicht an Schokolade vorbei komme. Am Einbecker Bierorden komme sie nun nicht vorbei. »Ist der groß!« Erstaunt über die Auszeichnung war Bettina Tietjen, als ihr das Prachtstück auf einem Kissen angereicht wurde.

Das sei hier »ein ganz kleines bisschen feierlicher« als in Papenburg, wo sie schon einen Karnevalsorden bekommen habe – und lustiger als Fernsehpreisverleihungen obendrein. Mit ihrer Schwiegermutter habe sie sich auf einen Frauen-Ausflug nach Einbeck gemacht, verriet sie. »Ich find’s toll«, so ihr Eindruck, sie werde sicher noch mal wiederkommen. Draußen zu sitzen, könne sie sich ganz schön vorstellen. »Albert und ich haben uns überlegt, dass ich lieber eine kleine Talkshow mache statt einer Büttenrede, und Albert sucht die Gesprächspartner aus.« Mit dem Präsidenten war sie nach dem Genuss einiger Biere schnell beim Du, zumal es ganz hervorragend schmecke, was die Weintrinkerin zugeben müsse. Als Talk-Gäste nahmen neben Albert Eggers Dr. Olaf Städtler, Chefarzt des Einbecker Bürgerspitals, und Bauunternehmer Ernst-Otto Lampe – »wenn irgendwo’n Loch ist, er macht es zu« – auf dem roten Sofa Platz. Beide erwiesen sich als witzig und schlagfertig. »Sie sind doch total lustig«, schmeichelte sie Städtler.

»Das weiß in Einbeck aber keiner«, gab er zurück. Themen waren schnell gefunden, unter anderem die Bemühungen zur Rettung des Krankenhauses: Das sei ein Riesenthema. Dass hier jeder jeden kenne, sei wichtig, um im Geschäft zu bleiben, stellte Otto Lampe fest. Die Einbecker seien nett und aufgeschlossen, erfuhr Tietjen, was sie bestätigen konnte: »Albert und ich sind auch sehr schnell warm geworden.« Und nicht nur an Karneval sei der »Einbecker an sich« gesellig, locker vom Hocker und reaktionsschnell obendrein. »Bauaufträge ha­be ich keine im Moment«, bedauerte sie, mit Lampe nicht weiter ins Geschäft zu kommen. Aber vielleicht habe jemand aus Einbeck bei der Aktion »Wünsch dir deinen NDR nach Hause« Erfolg. Die Verleihungsfeier wurde umrahmt von einem karnevalistischen Programm mit Musik von Michael Beyer, den »Singenden Flaschen« und Louisa Mose und mit Tänzen der Damengarde und der Show­tanzgruppe. Lokalpolitik nahm traditionell Bier­kutscher Albert Eggers aufs Korn. Den Erfolg von Dr. Michalek, der »Bürgermeisterin aus München«, analysierte er ebenso wie Ulrich Minkners Miss­erfolg oder die Wahlkämpfer, schön gemacht für die Plakate mit Sonderschichten der Friseure. Die Sammlung für das Einbecker Bürgerspital ergab einen Betrag von 1.676 Euro.ek