Spannender Spaß mit »Crème frech«

»Schau nicht unters Rosenbeet« mit großem Zuspruch | Erneut am 26. Oktober

Einbeck. Immer wieder Gelächter, aber auch aufmerksame Spannung, fröhliche, aufgeräumte Gesichter und lang anhaltender Beifall, das waren die Reaktionen des Publikums auf den Auftritt von »Crème frech«, des Theaterprojekts Einbeck, in der zwei Mal restlos gefüllten TangoBrücke. Die jungen Akteure um den Theatermann Rolf-D. Bartels führten das Stück »Schau nicht unters Rosenbeet« auf, einen »Comedy-Thriller« des englischen Autors Norman Robbins. Der Präsentation in ihrer Stamm-Spielstätte soll am 26. Oktober, ab 19.30 Uhr, eine weitere Aufführung im Vereinsheim des Einbecker Sportvereins, Lönsweg 2, folgen.

Schwarzer Humor war im Programmheft angekündigt, und den gab es dann auch reichlich. Als der alte Mr. Henk das Zeitliche gesegnet hat, streiten sich die Erben um das hinterlassene Geld. Dabei erfährt man, dass die Familienmitglieder allesamt ihre besonderen Eigenheiten haben. Immerhin hatten Besucher des Monmouth-House schlechte Karten: Keinem von ihnen war es je gelungen, den Wohnsitz lebend wieder zu verlassen. Und beinahe wäre es auch in diesem Stück so geblieben … .

Als die Schriftstellerin Ermintrude Ash eintrifft, weiß sie noch nicht, dass auch ihr Schicksal schon besiegelt ist. Der alte Henk hat sie in seinem Testament bedacht, weil er durch ihre Romane immer so gut einschlafen konnte. Sina Fietze spielt die Rolle der selbstbewussten Autorin souverän bis zu ihrem unerwarteten Hinscheiden. Auch ihr Sekretär Perry Potter, von Boi Krumwiede als eine immer aufs Neue überraschte, verunsicherte und schließlich entsetzte und ängstliche Person dargestellt, kann daran nichts ändern. Immerhin ist er einer der beiden Menschen, die am Ende des Erbschaft-Marathons weiterleben dürfen.

Zur Familie gehört Dora Henk. Sie hat sich darauf spezialisiert, eigenen Wein herzustellen, in den so manches Mal auch Tollkirsche oder Fingerhut gerät, sehr zum Unwohlsein derer, die ihn trinken. Anastasia Lisizin als Dora unterstützt mit kleinen Gesten der rechten Hand fast jedes Wort und zeigt dabei Doras oft ängstlichen und flatterhaften Charakter, kann aber auch sehr gut deren Stolz darauf ausdrücken, in direkter Linie von den Borgias abzustammen. Ihr Bruder, grimmig, energisch und druckvoll dargestellt von Nico Rosniewski, fühlt sich zwar als Haushaltsvorstand, kann sich aber gegenüber seinen Schwestern durchaus nicht immer durchsetzen und wird dann weinerlich: »Nehmt bloß keine Rücksicht auf meine Gefühle.« Sehr zu schaffen macht ihm Emily, seine »verfressene« Schwester, die davon überzeugt ist, ihre ganze Verwandtschaft sei wesentlich dümmer als sie selbst, die aber auch mit giftigen Worten Unheil stiftet. Henrike Bock erscheint als ihre Darstellerin fies, bissig und scharfzüngig. Sie kaut Äpfel, nicht wissend, dass sie an einem solchen sterben wird. Monica, eine weitere Schwester, wird von Michaela Heise verführerisch und lasziv dargestellt. Monica ist aber keineswegs immer so erfolgreich, wie sie als Vamp gern sein möchte. Zwar lebt sie am Ende des Stückes noch. Doch ihre Bemühung, Perry Potter zu erobern, misslingt. Martha Henk schließlich ist die unschuldigste der Schwestern, hat sie doch nichts anderes im Kopf, als die Rolle der Julia aus Shakespeares Drama zu rezitieren, die sie vor sechs Jahren für das Dorffest auswendig gelernt hat. Nadja Pastrick bringt den schwierigen Text durchaus authentisch und anrührend.

Kein Wunder, dass diese Familie eine Krankenschwester braucht. Allerdings ist diese – Anne Franklin – für Martha vorgesehen, obwohl sie kaum verrückter ist als der Rest. Erscheint Anne auch zunächst als freundlich-bestimmter Pflegeprofi, so zeigt sich am Ende des Stückes eine ganz andere Seite. Svenja Neusch spielt die Schlussszene gekonnt differenzierend zwischen gespielter Naivität, bissigem Spot gegenüber ihren Gegnern und purer Mordlust. Eines ihrer Opfer ist Agatha Hammond, die Haushälterin, energisch und durchsetzungsfähig, aber auch davon überzeugt, dass der alte Henk noch lebt und im Haus sein Unwesen treibt. Ivana Kreies spielt die Rolle absolut angemessen.

Der Testamentsvollstrecker ist Harry Penworthy, ironisch-spöttisch und überlegen dargestellt von Yannick Langefeld. Der Zuschauer erfährt, dass er mit Anne Franklin gemeinsame Sache gemacht hat, um an die Erbschaft zu gelangen, weshalb fast die gesamte Henk-Familie ausgelöscht werden musste. Aber auch ihn ereilt das Schicksal in Form eines Küchenmessers im Rücken. Als Anne schon triumphiert, weil sie glaubt, nach all den Morden, die sie mit Penworthy zusammen begangen hat, allein an das Vermögen des alten Henk zu kommen, macht ihr Perry Potter zusammen mit Monica Henk einen Strich durch die Rechnung. Den beiden gelingt es, die Übeltäterin unschädlich zu machen.

Obwohl es so scheint, dass das zu erbende Bargeld gar nicht aufgefunden werden kann, stellt sich am Schluss heraus, dass der Erblasser es in Literatur angelegt hat. Er hat die gesamte Auflage von Ermintrude Ash aufgekauft, um sie dabei zu unterstützen, ihren Roman selbst zu vertreiben. Zum Verwirrspiel gehört allerdings, dass nicht die Frau, die sich Mrs. Ash nennt, die Schriftstellerin ist, sondern in Wirklichkeit ihr Sekretär, der sich aber nicht traut, kitschige Liebesromane als eigene Werke auszugeben. So bleiben unübersehbar viele Leichen und zwei Leute übrig, die mit dem Geld nicht viel und mit dem jeweils anderen gar nichts anfangen können. Doch wenn einige Zuschauer vielleicht geglaubt haben, das Stück sei dramatisch-ernst, eben ein Thriller, so sahen sie sich getäuscht. Die witzig-­bissige Sprache, die Situationskomik, die straffe, aber nie unruhige Regie von Bartels und das sehr gut ­beherrschte komödiantische Spiel der Beteiligten ließen die ­Lacher immer nur kurz verstummen. Zum reibungslosen Ablauf trugen Arne Dorn, der die Technik gewohnt zuverlässig bediente, und Svenja Küster bei, die den Darstellern als Souffleuse half. Die Zuschauer, Menschen zwischen 15 und 75, ­äußerten sich durchweg begeistert.oh