Staunen über das bunte Früchtebild

Landfrauen besuchen Sargenzell mit dem Früchteteppich »Ecce Homo« / Tagesfahrt

Das Original stammt von Antonio Ciseri und befindet sich in der Galleria d’Arte Moderna im Palazzo Pitti in Florenz; die Nacharbeitung des Bildes »Ecce Homo« ist als Früchteteppich in Sargenzell zu sehen. Das besondere Ausstellungsstück haben die Mitglieder des Einbecker Ortsvereins der Landfrauen unter der Leitung von Gerda Schaper jetzt besichtigt.

Einbeck. Das Bild »Ecce Homo«, »Seht, da ist der Mensch«, Johnnes 19, 1 bis 7, bildet die Vorlage des 23. Früchteteppichs in Sargenzell bei Hünfeld im Landkreis Fulda in Hessen. Die Szene spielt im Prätorium, dem Amtssitz des römischen Präfekten. Im Zentrum des Bildes präsentiert Pilatus den gegeißelten Jesus, den er freilassen will, mit Dornenkrone und Purpurmantel. Pilatus, von hinten zu sehen, beugt sich über die Brüstung, um die wütende Menge zu beruhigen. Doch das Volk schreit immer wieder: »Ans Kreuz mit ihm.«

Am rechten Bildrand ist die Frau des Pilatus zu sehen, sie wendet sich ab, nachdem sie ihren Traum von der Unschuld Jesu ihrem Mann mitteilen ließ. Auf der linken Seite stehen römische Soldaten. Mit erhobenem Haupt und nacktem Oberkörper hält einer von ihnen den roten Königsmantel und den hölzernen Herrscherstab. In der linken Hand hat er den Strick, mit dem Jesus gefesselt ist, und den Morgenstern, ein grausames Folterwerkzeug.

Der Richterstuhl ist mit einem Leopardenfell bedeckt, von hier aus wird Pilatus das Todesurteil verkünden. Das Feldzeichen mit dem römischen  Legionsadler zeigt, in wessen Auftrag alles vollzogen wird. Künstler Antonio Ciseri hat die »Ecce Homo«-Szene aus dem Johannes-Evangelium mit dem Auftritt der Frau des Pilatus aus dem Markus-Evangelium kombiniert.

Mit der Arbeit am Früchteteppich wird seit den 80-er Jahren in Sargenzell jeweils etwa acht bis zehn Wochen vor dem Erntedankfest begonnen. Zahlreiche Materialien finden dabei Verwendung. Die Figur des Jesus besteht beispielsweise aus Hirse für das Gesicht, Nachtkerze für die Haare und Samenkörnern aus Sri Lanka für das Gewand. Bei Pilatus wurden Lichtnelke für die Haare und Grieß für die Kleidung genutzt. Die Frau des Pilatus ist mit Silberhirse für das Gesicht, Leindotter für das Gewand und Hiobs-tränen, einer afrikanischen Frucht als Haarschmuck, gefertigt worden. Lampionblume, Mohn und Ackerleinkraut sind weitere Naturmaterialien, die für das Bild genutzt wurden. Das großformatige Kunstwerk ist von einer Reihe Äpfeln umrahmt. Die Landfrauen verließen die Kapelle überaus beeindruckt.

Die nächste Station der Tagesreise war die Burgenstadt Schlitz, ein Ort mit vier Burgen, dessen markantes mittelalterliches Stadtbild sich aus den Flussauen erhebt. Einer der treuesten Stammgäste war Kaiser Wilhelm II., der oft zur Auerhuhnjagd hierher kam - seit 1898 im kaiserlichen Reisewagen per Bahn. Die Menschen pflegen eine über Jahrhunderte fast unveränderte bäuerliche Kultur mit lebendigen Traditionen.

Äußeres Zeichen sind interessante Fachwerkdörfer mit großen Bauernhöfen. Die Kulturlandschaft ist geprägt von rotem Sandstein und vielen Wäldern. Das macht Lust, einmal mehr Zeit in und um Schlitz zu verbringen. Nach einem erlebnisreichen Tag mit leuchtendem Herbstwetter traten die Landfrauen die Heimreise an.oh