»Steht alle auf für die Gerechtigkeit«

Malaysischer Weltgebetstag wurde mit einem Gottesdienst in der St. Jacobi-Kirche gefeiert

Die »Straße der Harmonie«, die farbenfroh und lebendig in der St. Jacobi-Kirche aufgebaut wurde, spiegelte die Vielfältigkeit Malaysias wider, des Themen-Landes des Weltgebetstages. Mit einem ökumenischen Gottesdienst feierten die Einbecker diesen Tag und brachten dabei den Besuchern das Land und die Menschen näher.

Einbeck. Traditionell am ersten Freitag im März wird in über 170 Ländern der Weltgebetstag begangen. Lieder, Gebete und Inhalte des Gottesdiensts werden in jedem Jahr von Frauen eines anderen Landes vorbereitet, wie  diesmal von den malaysischen. Sie beschreiben, wie die multikulturelle und -religiöse Gesellschaft funktionieren kann und welcher Reichtum in dieser lebendigen Vielfalt liegt. Ebenso sprechen sie mit dem Thema »Steht alle auf für Gerechtigkeit« Probleme, Spannungen und Ungerechtigkeiten an, über die nicht hinweggesehen werden soll.

Der Weltgebetstag ist eine internationale ökumenischen Bewegung, deren Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. In Deutschland wächst sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, und sie ist heute die wichtigste, lebendige ökumenische Arbeit der Gemeinden. Aus diesem Grund wird jedes Jahr der Weltgebetstag mit einem speziellen Gottesdienst zelebriert. In der St. Jacobi-Kirche hatten sich rund 20 Frauen, die aus den evangelischen, der katholischen und der Baptisten-Gemeinde stammten, unter der Leitung von Susanne Hornung, Karin Augustin und Bettina Scherer, die die musikalische Gestalung inne hatte, mit der malaysischen Gottesdienst-Ordnung befasst und sie thematisch umgesetzt, so dass alle Anwesenden einen farbenfrohen, lebendigen aber auch kritischen Gottesdienst feierten.

Malaysia besteht aus zwei Landesteilen – dem Westen mit der Hauptstadt Kuala Lumpur und dem Osten, der 500 Kilometer davon entfernt auf der Insel Borneo liegt. Auf den 330.000 Quadratkilometern des Landes, das etwas kleiner als Deutschland ist, leben rund 28 Millionen Einwohner, die sich hauptsächlich aus malaiischen, chinesischen, südostasiatischen und indigenen Bevölkerungsgruppen zusammensetzen. 60 Prozent gehören der Staatsreligion, dem Islam, an. Doch prägen viele Hinduisten, Buddhisten und Christen die multireligiöse Situation. Mit seiner konstitutionellen Monarchie und seiner parlamentarischen Demokratie kann das Land wirtschaftlicher Erfolge aufweisen. Außerdem zählt es zu den 15 bedeutendsten Industrienationen der Welt, so dass viele Menschen nach Malaysia kommen, um dort ihr Glück zu versuchen. Etwa drei Millionen Arbeitsmigranten tragen zu der Vielfältigkeit des Landes bei, doch haben eine Million davon als Flüchtlinge keine gültigen Arbeitspapiere. Deshalb gründete Irene Fernandez 1991 die Basis-Organisation »Tenaganita« (»Frauenkraft«), die sich um den Schutz und den Rechtsbeistand der Frauen kümmert. Ihr Ziel ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der Migranten, damit ihnen keine physische, psychische und seelische Gewalt mehr angetan wird und ihre Lebensumstände verbessert werden.

Wie mit der malaysischen Begrüßungsformel »Selamat Datang« (Friede und Willkommen), bei der die Hände wie zum Gebet gefaltet werden und eine Verbeugung angedeutet wird, sollen sich alle Menschen für die Gerechtigkeit und das würdige Leben einsetzen, um überall friedlich willkommen zu sein. Die malaysischen Christen appelieren an das Gewissen aller Menschen, dass ein jeder sich einmischt und nicht schweigt bei Korruption, Unterdrückung, Misshandlung sowie der ungleichen Verteilung staatlicher Dienstleistungen.

In den ausgewählten Lesungen verbinden die malaysischen Frauen den Ruf nach Gerechtigkeit des eher unbekannten Propheten Habakuk mit dem Gottvertrauen sowie dem aktiven Handeln der beharrlichen Witwe aus der Bibel, um die Kraft des Einzelnen darzustellen, die bei stetigem Engagement Änderungen hervorrufen kann. Als Beispiel wird das Engagement von Irene Fernandez angegeben, die sich gegen die Ausbeutung von Frauen und Mädchen einsetzt, die weltweit als Hausangestellte unter widrigen Voraussetzungen arbeiten.In den Fürbitten wurde vermehrt der Wunsch geäußert, dass alle Menschen für Gerechtigkeit aufstehen sollen, damit in Zukunft die »Straße der Harmonie« nicht nur lebendig, farbenfroh, multikulturell und religiös sei, sondern ebenso sozial, fair und mit viel Frieden auf Erden, wie in dem Lied »Let there be peace on earth« beschrieben, bei dem sich die Gottesdienstbesucher von den eingängigen Rhythmen mitreißen ließen.

Zum Abschluss überreichte Susanne Hornung die Weltgebetstagskerze an Karin Augustin, da die St. Alexandri-Gemeinde im kommenden Jahr als Gastgeber sein wird. Frauen aus Frankreich werden den Weltgebetstag unter dem Motto »I was a stranger and you welcomed me« (Ich war ein Fremder und du hast mich willkommen geheißen) gestalten. Anschließend konnten die Besucher im Gemeindehaus einige traditionelle malaysische Gerichte ausprobieren und dabei noch einmal die Vielfalt des Landes erlebten.mru