Stolz darauf sein, in die »Heimat« zurückzukehren

Rückkehrförderung Thema eines Arbeitskreises und eines Vortrags / Uni-Präsidentin spricht am 26. Februar / Willkommenskultur

»Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir in ein paar Jahren ganz große Probleme haben.« Das befürchtet Heidrun Hoffmann-Taufall mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in Einbeck. Die CDU-Ratsfrau hat aber Ideen, was man dagegen tun könnte, vor allem Rückkehrförderung liegt ihr am Herzen. Mit einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe hat sie sich in den vergangenen Monaten um das Thema gekümmert, eine Auftaktveranstaltung wird am 26. Februar stattfinden. Kompetente Partnerin ist Professor Dr. Christiane Dienel, Präsidentin der Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen. Ziel soll es sein, Fach- und Führungskräftemangel in der Region und der Abwanderung junger Menschen zu begegnen und gerade Familien für ein Leben in Einbeck zu gewinnen.

Einbeck. »Der Wanderungs-Saldo für Einbeck ist immer negativ«, warnt Hoffmann-Tau-fall, immer gebe es mehr Fort- als Zuzüge. Während Einbeck und die Region schrumpften, gebe es woanders nur Stagnation oder sogar Bevölkerungswachstum. Das liege nicht an einer niedrigeren Geburtenrate in Einbeck, sondern das größte Problem sei die Abwanderung von jungen Menschen. »Ich werde ärgerlich, wenn ich mir die Wanderungsbewegungen zwischen den Bundesländern ansehen«, stellt sie fest: »Baden-Württemberg, Bayern und Hessen profitieren davon, dass wir in Niedersachsen optimale Grundlagen in Kindergarten, Schule und Vereinen für den weiteren Kompetenzerwerb gelegt haben. Wir haben sozusagen in die Kinder und Jugendlichen investiert. Da ist es nur recht und billig, dass wir, wenn die entsprechenden Bedingungen in der Region vorliegen, sie nach Ausbildung und Studium zurückgewinnen wollen - und die Bedingungen liegen vor«, betont Hoffmann-Taufall.

Genau vor einem Jahr hat die CDU im Rat einen Antrag eingebracht mit dem Ziel, dem Fach- und Führungskräftemangel sowie der Abwanderung junger Menschen zu begegnen. Es sollten geeignete Maßnahmen und Strategien gesucht werden, damit aus Abwanderungen zirkuläre Wanderungen werden, damit die jungen Menschen beziehungsweise Familie nach einer Ausbildungsphase außerhalb zurückkommen. »Zunächst einmal wurde die Thematik in der Ratssitzung klein geredet und belächelt, die Wirksamkeit von Maßnahmen wurde hinterfragt«, erinnert sich Heidrun Hoffmann-Taufall. Nicht ohne Stolz blickt sie jetzt aber auf die vergangenen Monate zurück, in denen viel auf den Weg gebracht wurde: In Abstimmung mit dem Rat und dem Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung wurde ein interfraktioneller Arbeitskreis gebildet – »aber nicht nach dem Motto «Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis”«, betont sie. Vielmehr hätten Dr. Ursula Beckendorf, GfE, Michael Neugebauer, Grüne, und Burghard Jablonski, SPD, dieses Thema wie sie selbst interessant, herausfordernd, ermutigend und zukunftsgewandt angesehen. »Der Funke ist übergesprungen«, freut sich die Organisatorin. Zudem habe man »Einbeck Marketing« mit ins Boot holen können: »Es gibt große Schnittmengen. Gemeinsam an einem Strang zu ziehen, ist wesentlich effizienter«, stellt Geschäftsführer Frank Hagemann dazu fest.

Wie Rückkehrförderung aussehen kann, dazu findet am 26. Februar eine Veranstaltung im Alten Rathaus in Einbeck statt. Referentin ist Professor Dr. Christiane Dienel, Präsidentin der Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen. Die 47-Jährige hat in Münster, München, Bordeaux und Paris Geschichte studiert. Als Wissenschaftlerin und Staatssekretärin – von 2006 bis 2009 im Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt – widmet sie sich seit langem dem demografischen Wandel. Arbeit, das belegen empirische Untersuchungen, ist nicht das einzige Wanderungsmotiv für Rückkehr. Vielmehr haben auch soziale Motive und hohe Lebensqualität starken Einfluss auf eine Rückkehr-Entscheidung. »Jetzt gilt es herauszufinden, wie diese Faktoren verstärkt werden können«, so Heidrun Hoffmann-Taufall. Laut Professor Dienel verliert die Heimatregion mit jedem abgewanderten Jugendlichen an Attraktivität für die Bleibenden. »Dem haben wir entgegen gewirkt, denn ich konnte das Gejammere über die mangelnde Attraktivität von Einbeck nicht mehr hören. Wir haben Menschen gesucht, die zurückgekommen sind, und wir sind völlig überrascht worden. Auf einmal schämt man sich nicht mehr, in die «Heimat” zurückgekehrt zu sein, sondern man ist im Gegenteil sogar stolz drauf.« Hilfreich sei es in jedem Fall, wenn alte Freunde ebenfalls wieder zurückgekehrt seien.

Durch eine wissenschaftliche Begleitung soll herausgefunden werden, welche Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Bindung an die Region spielen und wie die Rückwanderungsneigung verstärkt werden kann. Einbeck habe es in der Hand, dass sich die Menschen hier wohl fühlten. Man müsse eine Willkommenskultur schaffen und daraus praktische Maßnahmen entwickeln. Günstig sei es, wenn der Bezug zur Heimatstadt nicht abreiße. Einbeck sei eine gemütliche Kleinstadt schlechthin, und damit könne man sich früh identifizieren, so Hagemann. Vom Kindergartenalter bis Anfang 30 etwas zu bieten, sei auch Teil der Wirtschaftsförderung. Über diese Bindungen, ergänzt Michael Neugebauer, könne man dauerhafte Rückkehr erleichtern. Mit der Aktion »Rückkehrförderung« sollen zudem Unternehmen unterstützt werden, denn für sie wird es zunehmend schwieriger Fach- und Führungskräfte zu gewinnen und zu binden. Darüber hinaus soll Bevölkerungsrückgang abgefedert werden, damit vieles an Infrastruktur erhalten bleiben kann.

Der Vortrag von Professor Dienel beginnt am 26. Februar um 19 Uhr im Alten Rathaus. Es werden auch Vertreter aus der Wirtschaft sowie Rückkehrer zu Wort kommen. Eingeladen sind neben Unternehmen vor allem Politiker, Ärzte, Ortsbürgermeister, Vereine oder Feuerwehren – »alle, die unter der Entwicklung zu leiden haben und die Nachwuchs brauchen.« Um Anmeldung bei »Einbeck Marketing«, Telefon 31319-10 oder info@einbeck-marketing.de, wird gebeten.ek