Thomaskapelle: neuer Ort zum Gebet und zur Besinnung

Einweihung in der Münsterkirche / Bis Mitte der 1970er Jahre stiefmütterlich behandelt / Nun ist Marienaltar eingezogen

In letzter Zeit Küsterwerkstatt, jetzt wieder ein Ort zum Gebet und zur Besinnung: Eingeweiht wurde jetzt die neue Thomaskapelle in der Münsterkirche. Das kostbarste Stück der Kirche, der Marienaltar, ist dort aufgestellt, eine Bank lädt zum Betrachten der Maria und der Heiligen ein.

Einbeck. Die stiefmütterlich genutzte Thomaskapelle wurde vor 35 Jahren in den Küsterarbeitsbereich umgebaut. Zum Glück, wie Pastor Wolfgang Teicke feststellte, denn ansonsten wären manche Entwicklungen nicht möglich gewesen. Lautsprecheranlage, Spüle, Tische, Schränke, Tresor, Kühlschrank, Spülmaschine und nach besonderem Einsatz von Ulrich Renner auch eine Toilettenkabine wanderten in den Raum. Leben hatte sich in der Münsterkirche durchgesetzt. Gemeindefeste um die Kirche, Anlässe zum Essen und Trinken nach dem Gottesdienst, der sonntägliche Kirchkaffee – das alles war nun realisierbar.

Später öffnete sich die Kirche nicht nur dem Gemeinde-, sondern auch dem Besucherleben. Die Offene Kirche wurde ausprobiert. Besuchende trafen allerdings auf bewegliche Holzwände als Sichtschutz, Aufsteller, Gasflaschen, Biertischgarnituren und Leitern. Karten- und überforderte Gesangbuchständer hießen den Besucher willkommen, kunststoffbeschichtete Tische für Kirchkaffee korrespondierten mit einer Thekenleihgabe der Brauerei.

Mit der Neuordnung des Eingangs ist nach Meinung des Kirchenvorstands eine Jahrhundertchance wahrgenommen worden. Der Einbau von Teeküche, Toilette, Informationswand, die neue  Beleuchtung und der Gesangbuchständer sei gelungen, der Blick durch die Oberlichter herrlich, stellte Teicke fest. Teicke dankte dem Architekten Gerhard Bünemann und Dieter Mlynek von der Denkmalpflege, der die Idee hatte, die Thomaskapelle von profanen Dingen zu befreien. Corinna Lohse und Werner Lemke von der Klosterkammer hatten den Einfall, den Marienaltar in die Thomaskapelle zu bringen. »Nun werten sich Kapelle und Marienaltar gegenseitig auf«, freute sich Teicke. Der um 1500 entstandene Mittelschrein eines ehemaligen Fügelaltars gehört zu den bedeutendsten Bildwerken Niedersachsens. Der Altar in der Kapelle lädt zu einem persönlichen und geistlichen Geschehen ein.

In der Thomaskapelle aufbewahrt wurde ein Buch mit den Gefallenen des Ersten Weltkriegs, nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich dort Gemeindeglieder bei Gedenkfeiern an Vermisste und für tot Erklärte erinnern. Auch das zweite Abendmahl wurde hier gefiert.

Die Kapelle ist früh entstanden, im zweiten Bauabschnitt um 1330. Ob sie damals schon den Namen Thomas getragen hat, ist ungewiss. Möglicherweise steht der Name im Zusammenhang mit Thomas von Aquin. Archivfreund Gerd Hillebrecht fand heraus, dass es von 1493 bis 1538 in Einbeck einen Altar gab, der Thomas von Canterbury geweiht war. Der Altar wurde nach Gandersheim zurückgegeben. Der Name Thomaskapelle blieb erhalten. Und dann gibt es noch den skeptischen Thomas aus der biblischen Überlieferung. Nach Meinung von Experten ist die Kapelle dem Apostel Thomas geweiht. 

Nun verbindet sich die Kirche auch mit Namen aus Einbeck. Nach den Trauerfeiern für Carl-Ernst Büchting und Regina Jaus-Büchting nahm das Gesamtvorhaben Formen an. Diese beiden Namen finden sich nach Beratung durch die Klosterkammer nun in einer Sandsteinplatte in der Thomaskapelle.

Andreas Büchting sprach vom Einbecker Schmetterlings-Effekt: eine kleine Idee habe sich entwickelt zu einem Jahrhundert-Durchbruch. Das sei dem ungeplanten Zusammenwirken von scharfsinnigen Köpfen, gepaart mit Entschlossenheit zu verdanken. Seinem Vater Carl-Ernst Büchting sei es Ehre und Verpflichtung gewesen, sich für die Münstergemeinde zu engagieren Denn nach dem Verlust des Elternhauses in Kleinwanzleben habe er sich hier zuhause gefühlt. Zusammen mit seiner Frau Johanne-Margarete sei der sonntägliche Besuch in St. Alexandri ein »jour fixe« gewesen. Die Unterstützung diene nun dazu, die zusammengewürfelte Atmosphäre vergessen zu lassen. Sakrales paare sich mit Notwendigem. »Wir haben allen Grund dankbar zu sein«, so Büchting.Der wiedergewählte Kirchenvorstandsvorsitzende, Thomas Borchert, freute sich, die Kapelle – auch angesichts der Namensgebung – einweihen zu können. Er dankte der Familie Büchting für ihr Engagement, ebenso der Klosterkammer, der Denkmalpflege und dem Architekten Gerhard Bünemann: Jetzt lebt der große Name Thomas wieder auf in der Münsterkirche.sts

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