Ausschuss für Finanzen und Rechnungsprüfung

Ausbaubeiträge: Änderung erstmal vom Tisch

Grüne ziehen Antrag zurück: Verwaltung verweist auf Aufwand und Risiko | Haushaltssperre bleibt weitgehend

Auf großes Interesse stießen die Sitzungsthemen des Finanzausschusses bei Einbecker Bürgern. Vor allem Anlieger von Tiedexer Straße/Tiedexer Tor waren es, die ihren Unmut zum geplanten beitragspflichtigen Ausbau deutlich machten.

Einbeck. »Wir sind nicht der Ausschuss, der sich mit den Baumaßnahmen befasst«, das machte der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Rechnungsprüfung, Frank-Dieter Pfefferkorn, Bürgerliste, für die zahlreichen Zuhörer im Alten Rathaus deutlich. Ihr Interesse bei der jüngsten Sitzung galt dem Thema Tiedexer Straße/Tiedexer Tor beziehungsweise der Straßenausbausatzung, über deren mögliche Änderung beraten werden sollte.

Während der Einwohnerfragestunde, vom Ausschuss einmütig an den Anfang der Tagesordnung gesetzt und nahezu als »Stunde« genutzt, ging es in erster Linie um den geplanten Ausbau der Tiedexer Straße und die damit für die Anlieger verbundenen Kosten. So habe es für Schützen- und Rabbethgestraße Sondersatzungen gegeben, mit denen auf Ausbaubeiträge verzichtet werden konnte.

Die Grundlage dafür, erläuterte Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder, sei ein Ratsbeschluss vom Juli 2007 gewesen: Ein wirtschaftlicher Vorteil für die Anlieger sei nicht gegeben gewesen, im Gegenteil: Möglicherweise habe sich der Verkehr sogar verstärkt und beschleunigt. Deshalb habe man auf Beiträge verzichten können. Schwierig ist das Verstehen des Einsatzes von Fördermitteln.

Freie Mittel für andere Projekte, wie von den Zuhörern vorgeschlagen, könne man nicht nutzen, um an der Tiedexer Straße auf Ausbaubeiträge zu verzichten. Zudem bekomme die Stadt eine Förderung erst dann, wenn sie Beiträge erhebe - das sehe das Landesgesetz so vor. Grundsätzlich seien die Anlieger zu beteiligen, bestätigte die Leiterin des Sachgebiets Haushalt und Steuern, Brigitte Hankel.

Es stelle sich nicht die Frage, ob, sondern allenfalls in welcher Höhe das geschehe. Die Grünen-Ratsfraktion hat einen Antrag auf Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung gestellt, wobei das, so Dietmar Bartels, Grüne, mit der Tiedexer Straße nichts zu tun habe. Seit 2017 sei es in Niedersachsen möglich, dass der umlagefähige Ausbauaufwand auf alle Grundstücke in der Stadt im Verhältnis der Nutzfläche verteilt werde.

Das sei wie eine Versicherung gegen kostspieligen Schaden. Die Nachteile des jetzigen Systems würden damit beseitigt, unter anderem, dass Bürger sich mit Blick auf die Kosten gegen einen Ausbau wehren würden. Das zeige sich dann nämlich im Zustand der Straßen.

Jetzt wäre ein günstiger Zeitpunkt für eine solche Änderung, meinten die Grünen. In einem abgeänderten Antrag wurde vorgeschlagen, die Verwaltung sollte für eine Abrechnungseinheit die erforderlichen Daten ermitteln, das Ergebnis vorstellen, und dann könne die Politik beschließen. Man wolle durchaus Begehrlichkeiten wecken, denn sie seien notwendig, um den Zustand der Straßen zu verbessern.

Den Vorwurf, Hasardeure zu sein, wiesen die Grünen zurück. Vielmehr wolle man den Eigentümern langfristige Sicherheit geben. Brigitte Hankel zeigte anhand einiger Beispiele, wie Ausbaubeiträge berechnet werden. Zu beachten sei die Frage, wer besondere wirtschaftliche Vorteile vom Ausbau habe, und es müssten Faktoren wie die Grundstücksfläche, die Zahl der Vollgeschosse und der Gebietscharakter hinzugezogen werden.

Die Baukosten würden nach den Vorgaben der Satzung aufgeteilt. Die neue Regelung, die in Niedersachsen möglich sei, habe zwar Charme. Es sei aber ein System, das nicht von heute auf morgen zu bekommen sei. Vielmehr sei eine aufwändige Vorbereitung erforderlich. Straßen müssten zu Abrechnungsgebieten zusammengefasst werden, ein einheitliches Abrechnungsgebiet, das Kernstadt und Ortschaften umfasse, werde es nicht geben. Offen sei die Frage, wie diese Gebiete zu bilden seien, aber auch Hinweise zu Anliegern fehlten der Verwaltung.

Unbekannt sei auch der Betrag, der jährlich für eine anständige Infrastruktur investiert werden müsse. Es sei also ein umfassendes Verfahren notwendig, eine Inventur, die nicht kostenfrei zu haben sei. Sie rechne, so Brigitte Hankel, dabei mit 250.000 Euro. Hinzu kämen rechtliche Unsicherheiten, denn keine Kommune habe bisher von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht.

Die Umsetzung käme für Tiedexer Straße/Tiedexer Tor nicht mehr rechtzeitig, stellte Marcus Seidel, SPD, fest. Man sollte ein funktionierendes System nicht durch ein nicht erprobtes ersetzen, warnte er. Außerdem halte der Zukunftsvertrag die Stadt an, alle Einnahmen auszuschöpfen.

Ein grundsätzlicher Verzicht sei vor den Haushaltskennzahlen nicht realistisch. Nicht möglich sei auch die Anhebung von Grundsteuern; sie seien soeben grundsätzlich auf den rechtlichen Prüfstand gestellt worden, und damit zu arbeiten, wäre grob fahrlässig.

Seine Fraktion sei dafür, eine weitere Kategorie von Straßen in die Gebührensatzung einzubauen. Er wäre dafür, dem Grünen-Antrag zu folgen, denn die Antwort der Verwaltung werde deutlich machen, dass ein Verzicht nicht umsetzbar sei und auch keinen Sinn mache.

Er verspreche sich viel Erkenntnisgewinn. Das würde auch die CDU unterstützen, kündigte Albert Eggers an. Zuletzt seit 2013 eine Veranlagung von Anliegern erfolgt. Vor den möglichen Kosten und weiteren Risiken warnten Brigitte Hankel und Dr. Florian Schröder: Die Installation eines neuen Verfahrens werde mindestens ein Dreivierteljahr benötigen, wobei die Aufteilung der Stadt nicht einfach sei.

Außerdem wäre Einbeck die erste Kommune in Niedersachsen, die diese Regelung einführe, und in vielen Bereichen werde man rechtlich im Dunkeln tappen. Die Ängste der Bürger müsse man ernst nehmen: Ausbaubeiträge schwebten über ihnen wie ein Damokles-Schwert, so Dr. Marion Villmar-Doebeling, FDP. Es wäre deshalb wichtig, sich mit der Materie intensiver auseinander zu setzen.

Er sehe, so Ulrich Vollmer, CDU, keinen Zeitdruck, »und wir müssen nicht unbedingt die Ersten sein.« Vielleicht gebe es andere Vorreiter, von denen man lernen könne. Im Moment sollte man nur Minimalaufwand betreiben. Dem Ursprungsantrag der Grünen habe er nichts abgewinnen können, so Frank-Dieter Pfefferkorn, denn die Stadt brauche die Einnahmen aus den Beiträgen.

Er sei nicht dafür, viel Geld für die erforderlichen Ermittelungen auszugeben, denn die Eckdaten, die Verwaltung dafür brauche, seien nicht vorhanden. Man gebe möglicherweise 50.000 Euro aus für Untersuchungen, deren Folgen oder Grundlagen man nicht kenne. Einbeck sei mit diesem Thema zu früh dran. Besser sei es, auf weitere Informationen aus dem Land zu warten beziehungsweise auf eine Mustersatzung.

Er sehe, dass Ausbaubeiträge den Betroffenen weh tun würden, aber man brauche ein belastbares System. Und auch beim neuen Modell werde es Gewinner und Verlierer geben. Angesichts der rechtlichen Bedenken und des hohen finanziellen Aufwands ziehe er den Antrag »vorläufig« zurück, sagte Dietmar Bartels nach einer Sitzungsunterbrechung. Wenn sich etwas getan habe, werde man das aber wieder zum Thema machen.

Weiter ging es um die Aufhebung der Haushaltssperre für den barrierefreien Umbau der Magistrale Tiedexer Straße. Anfang 2017 wurde bei den Haushaltsberatungen beschlossen, dass IEK-Projekte mit einer Haushaltssperren versehen werden und die jeweilige Mittelfreigabe durch den Finanzausschuss erfolgt.

Damit weiter geplant werden kann, soll jetzt eine Freigabe erfolgen, wobei noch 32.600 Euro zur Verfügung stehen; eine Schlussrechnung für den Entwurf steht noch aus. Man sollte, schlug Marcus Seidel vor, nicht die gesamte Summe freigeben, sondern nur ausreichend Geld, um die offene Summe bezahlen zu können.

Die Anlieger, das machte Frank-Dieter Pfefferkorn deutlich, dürften nicht automatisch von der alten Satzung erfasst werden. Bevor die Baumaßnahme nicht beendet sei, passiere in dieser Hinsicht nichts, gab die Verwaltung Entwarnung. Einstimmig wurde empfohlen, die Sperre bis zur Begleichung der offenen Schlussrechnung aufzuheben.ek