Versuchter Sprengstoffanschlag und weitere Delikte

Gericht verurteilt 26-jährigen Neonazi zu mehr als dreieinhalb Jahren Haft

Einbeck. Ein bereits mehrfach vorbestrafter 26-jähriger Neonazi aus Einbeck soll wegen eines versuchten Sprengstoffanschlags und diverser anderer Delikte für mehr als dreieinhalb Jahre in Gefängnis. Das ist das Ergebnis einer Berufungsverhandlung, die am Dienstag vor dem Landgericht Göttingen stattfand. Das Gericht verurteilte den 26-Jährigen unter anderem wegen versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, Volksverhetzung, Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen und Beleidigung.

Die Kammer hatte in der Berufungsverhandlung eine Reihe von Verfahren gebündelt, die in erster Instanz von den Amtsgerichten Einbeck und Duderstadt verhandelt worden waren. Die schwerwiegendste und aufsehenerregendste Tat soll der Angeklagte im vergangenen Juni gemeinsam mit einem Kumpan in Einbeck begangen haben. Weil beide in der rechtsextremen Szene aktiv waren und die Tat mutmaßlich einen politischen Hintergrund hatte, hatte die Generalstaatsanwaltschaft Celle diesen Fall an sich gezogen. Der 26-Jährige hatte gegen 3.50 Uhr nachts einen so genannten »Polenböller« in den Briefkasten eines Wohnhauses in Einbeck geworfen. In dem Haus wohnt eine 41-jährige Frau, die sich gegen rechtsradikale Aktivitäten im Raum Einbeck und für Flüchtlinge engagiert.

Der Angeklagte hatte sich bei dem Anschlag erheblich selbst verletzt, als er noch einen zweiten Böller zündete, der in seiner Hand explodierte.
Sein 24-jähriger Kumpan, der Schmiere gestanden hatte, hatte die im November vom Amtsgericht Einbeck verhängte Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten akzeptiert. Der 26-Jährige hatte in dem ersten Prozess wegen des »Briefkasten-Anschlages« und mehrerer weiterer Taten eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren erhalten. Dem Urteil zufolge hatte er einige Wochen vor dem Anschlag die 41-jährige Aktivistin aufgefordert, sich vom »Nazi-Kiez« in Einbeck fernzuhalten, anderenfalls werde man sie abends »besuchen«. Außerdem hatte er in der Tatnacht eine Polizistin als »Fotze« beschimpft und auf ihre Stiefel gespuckt, einen Polizeibeamten bezeichnete er als »Judensau«.

Sowohl der Angeklagte als auch die Generalstaatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil des Amtsgerichts Einbeck Rechtsmittel eingelegt. Die Celler Behörde hatte auf eine deutlich höhere Strafe plädiert. Das Landgericht Göttingen verurteilte ihn nun wegen des ersten Tatkomplexes zu einer etwas höheren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Hinzu kam eine weitere Gesamtstrafe von elf Monaten für zwei weitere Taten, für die er sich erstinstanzlich vor dem Amtsgericht Duderstadt hatte verantworten müssen.

Der Angeklagte hatte im August 2018 vor dem Haus seiner Ex-Freundin in Kreiensen (Kreis Northeim) nachts »Sieg Heil« gebrüllt. Im Oktober 2018 war er in der Notaufnahme des Klinikums Herzberg in einem T-Shirt aufgetaucht, auf dem die Silhouette vom Torhaus des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau abgebildet war, außerdem die Aufschrift »University of Auschwitz – The final solution ist the only solution«.

Zu Prozessbeginn hatten die Verfahrensbeteiligten auf Initiative des Verteidigers ein Rechtsgespräch geführt. Die Kammer hatte danach einen Verständigungsvorschlag unterbreitet, dem beide Seiten zustimmten. Der Verteidiger hatte zuvor seine Bereitschaft erklärt, die Berufung gegen zwei weitere Urteile der Amtsgerichte Duderstadt und Einbeck zurückzunehmen. Hierbei ging es unter anderem um einen volksverhetzenden Facebook-Eintrag sowieBeleidigung, Bedrohung und Vortäuschens einer Straftat.

Der Vorsitzende Richter David Küttler verwies darauf, dass der 26-Jährige bereits vielfach vorbestraft ist und »mit einer gewissen Hartnäckigkeit« Straftaten begehe. Es sei zu wünschen, dass er während seiner mehrjährigen Haft an sich arbeite, »damit das Leben nicht nur daraus besteht, ins Gefängnis zu kommen.«pid-nie