Viel geplant, aber letztlich wenig umgesetzt

Gehegt, gepflegt, ersehnt und unvergessen: Matthias Kaluza berichtet über den Trabant und DDR-Fahrzeugdesign

Der geschäftsführende Vorstand der Förderfreunde des PS.SPEICHERs, Dr. Günter Diener, zwischen zwei Zwickauern: Matthias Kaluza berichtete über die Arbeit am Trabant-Design.

Einbeck. Er ist maßgeblich daran beteiligt, wie die Ausstellung im PS.SPEICHER aussieht, auch im neuen Saal 7 mit dem »Mauerdurchbruch«. Über Pkw-Design aus Zwickau von 1950 bis 1989 hat Matthias Kaluza jetzt bei den PS.Förderfreunden referiert, und dabei ging es ihm um den Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Er staune, dass sich so viele für dieses Vehikel interessierten, schmunzelte der Designer mit Blick auf den Trabant 601. Eine Chance auf Weiterentwicklung habe es dafür nicht gegeben. Matthias Kaluza, Jahrgang 1960, studierte Industrielle Formgestaltung in Halle. Danach arbeitete er sich zum Chefgestalter des IFA Kombinats Pkw in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, hoch. 1995 gründete er ö_konzept, die Agentur für Werbung und Kommunikation Industrielle Formgestaltung: Im Westen sei das ein Produktdesigner, erklärte er. Er habe schon immer gern gezeichnet, erläuterte er den Berufswunsch.

Zwei Zwickauer, lachte er über sich und den Trabant auf der Bühne: Der sei ersehnt, geliebt, gehasst und doch unvergessen, und er existiere immer noch in den Köpfen, Gehegt und gepflegt wurde er, 26 Jahre lang fast unverändert gebaut. Das Bedürfnis nach der »überdachten Zündkerze« sei sehr groß gewesen.

Die Anfänge des Autodesigns in der DDR orientierten sich in den Nachkriegsjahren an Vorkriegsmodellen: So gab es den IFA F9, der sich auf den DKW bezog. Geldmangel bestimmte die Arbeit, man griff auf frühere Modelle sowie auf Holz und Kunstleder als Material zurück. Als familientauglicher Kleinwagen kam der Trabant P50, produziert bei Sachsenring in Zwickau, 1958 auf den Markt. Dass Personenkraftwagen gebaut werden sollten, war erst wenige Jahre zuvor beschlossen worden; bis dahin standen vor allem Nutzfahrzeuge auf dem Produktionsplan. Der erste Trabant sei, so Kaluza, ergonomisch fragwürdig gewesen und technisch nicht ausgereift, und während der Prototyp aus Blech gefertigt wurde, setzte man nun auf Blech und Kunststoffbeplankung, wozu ein neues Verfahren erfunden worden war.

Varianten waren die Limousine, der Kombi und das sehr schöne Coupé, das in Dresden gebaut wurde. Die gewünschten Stückzahlen waren allerdings nicht zu schaffen. 18, später 20 PS waren vorgesehen. Es sei viel entworfen worden, was nie gebaut wurde.

Rennpappe, Duroplast-Bomber, Sachsen-Porsche, fahrende Anbau-Wand: Alle möglichen Spitznamen fanden sich für den Trabant. 1962 kam der P 601, für den ebenfalls keine hochwertigen Bleche zur Verfügung standen. Er wurde zum meistgebauten Modell der Reihe. Immer wieder wurde etwas modernisiert, die äußere Form blieb jedoch im Wesentlichen gleich. Lediglich Prototypen gab es vom P603 oder vom P760. Es seien, so Kaluza, viele Ideen abgebrochen worden, geplante internationale Kooperationen hätten dann doch nicht geklappt. Im direkten Vergleich mit dem VW Käfer musste sich der Trabant mehrfach geschlagen geben, unter anderem bei Preis und Produktionszahlen: Er kostete 14.000 Mark, der Käfer bis zu 11.130 Mark. Das Durchschnittsgehalt war im Westen etwa dabei zehnmal so hoch wie im Osten.

Auf dem Schrottplatz landete der Trabant so schnell nicht: Alle acht bis zehn Jahre wurde er neu aufgebaut. 1984 kam es zum Vertrag mit Volkswagen über die Lieferung von Motoren: 1,1-Liter-VW-Motoren sollten in den Trabant »gezimmert« werden. Man habe die Hoffnung gehabt, daraus etwas mehr machen zu können, etwa einen Kübelwagen oder ein Fun-Car. Nach der Einführung 1988 sei 1990 ein Facelift geplant gewesen. Entwürfe für Trabant-Nachfolger habe es ab 1983/84 gegeben. Er zeigte Entwurfsskizzen mit verschiedenen Heck-Varianten, und auch in den Windkanal wurden die Studien geschickt. Immerhin kam er auf einen cW-Wert von unter 0,3.

Pläne für die Zukunft sei ein Einheits-Pkw mit einem Radstand und verschiedenen Varianten gewesen. Auch der Wartburg sollte 1987 neu herausgekommen – daraus sei, wie auch aus der Trabant-Nachfolge, nicht viel geworden. Er habe, berichtete Matthias Kaluza, von der Zeichnung bis zum Musterbau alles machen dürfen, aber letztlich wenig umsetzen können. Mit dem Mauerfall sei für ihn jedoch nicht alles vorbei gewesen: Er habe unter anderem als Gestalter für Volkswagen gearbeitet und Busse und Wohnmobile entwickelt, ebenso für Audi – und heute habe er ein eigenes Unternehmen mit 25 Beschäftigten. Mit dem Tablet habe zudem ein neues Medium in der Gestaltung Einzug gehalten, »aber das Kratzen des Stiftes hat noch was für sich«, schmunzelte er.ek