Vollmer sucht das Männerversum

Kölner Comedian präsentierte sein neues süffisantes Programm

Einbeck. »Wir brauen das Bock-Bier in Einbeck, nicht in Kirgisien. Denn so wie in der Hansestadt, kriegt das kein Kirgise hin. Wir brauen das Bock-Bier in Einbeck, denn da gehört es hin. Das soll kein Inder machen, denn der hat nur Tee im Sinn«; nicht nur mit seiner Einbecker-Version des »kölschen« Kult-Hits »Wir lassen den Dom in Kölle« faszinierte und begeisterte Peter Vollmer die Zuhörer in der ausverkaufen Rathaushalle. Erneut war es dem Kulturing gelungen, den Comedian nach Einbeck zu holen, der mit viel Worwitz, zynischen Aussagen und überspitzten Darstellungen des Alltags sein neues Programm »Warum Frauen verblühen und Männer verduften«, angelehnt an ein Zitat von Heinrich Zille, unterhaltsam vorstellte.

Wohnhaft und verheiratet in Köln, nicht selbstverständlich dort mit einer Frau, erläuterte er süffisant, warum Männer in der heutigen Zeit gern verduften: Die bewährten Disziplinen Haus bauen, Baum pflanzen und Kind zeugen würden meist nicht mehr ausreichen. Erst wenn ein männliches Wesen eine Intim-Enthaarung bei der brasilianischen »Depiladora«, nervtötenden, gleichgeschaltete TV-Sendungen, denn »haben sie genug gesprochen, fangen sie an zu kochen«, Kindergeburtstage mit Fremdenlegion-Schatzsuche in Köln-Nippes, Elternabende als Fleisch liebender Genussmensch und fast einziger Vertreter des männlichen Geschlechts oder die schwierige Entsorgung von Pfandflaschen überstehe, dann sei der »Mann ein Mann«.In der Lebenskrise steckend, denke er jetzt beim Anblick einer netten Dame nicht mehr an deren sexuelle Kompetenzen, sondern folgere wegen der eigenen Arterhaltung: »Wow, die kann bestimmt einen leckeren Hefezopf backen.« Befriedigung bekomme er aber auch, beim Verzehr von Rotwein, der sei eine Prophylaxe gegen Herzinfarkt und mehr als einmal im Jahr verfügbar.

Überspitzt stellte er seinen Alltag vor, bei der seine Frau ihm vegetarischen Zwangsernährung angeordnet habe, er ein Navigations-Gerät erwarb, damit er jemanden zum Reden hat, nicht mehr die Frau streichele, sondern das Smart-Phone wische oder er zum Marathon-Läufer wurde, inklusive der engen Laufhosen, die den Unterkörper zum Anatomieatlas verwandelten, sowie den Pflegestufe-II-Kompressionsstrümpfen, um vier Stunden während des Wettkampfes endlich mal seine Ruhe zu haben.

Während Frauen für die Männer immer mehr »verblühen«, fühle er sich hingegen mit 40 im besten Alter, um zu Hause auszuziehen oder um erstmals geschlechtlich aktiv zu werden. Weiter haben sei beim männlichen Geschlecht nicht nur Respekt, sondern auch Angst vorhanden, dass Frauen ihnen die Machtpositionen wie Angela Merkel wegnehmen und ihnen nur - wie bei Bundespräsident Joachim Gauck - Repräsentationspflichten blieben. Da er nicht kochen könne, sei er zu Hause wie ein ­Wackeldackel nur ein Dekorationsobjekt, und er habe als einzige Aufgabe, in einer Art »Jürgen-Trittin-Gedächtnis-Prozession« die UPOs, die unbekannten Pfandobjekte, nach Pfandbook-Internet-­Recherche zu entsorgen, selbst wenn die Rück­gabe-stationen ihm dieses immer mehr erschweren wollen.

Weiter dürfe er im Bionade-Ghetto in Köln-Nippes nicht mehr Mohrenkopf sagen, sondern maximal pigmentierte Eierschaumspeise mit Migrationshintergrund, »verdufte« sich virtuell über mehrere Stunden mit Abnahme der Gehirnaktivitäten vor dem Computer oder erinnere sich noch an wahre Männer wie Helmut Schmidt, der vermeintlich an der Galapagos-Schildkröten-Krankheit leide, daher Charles Darwin schon geduzt habe und der es mehr als 60 Jahre mit einer Frau ausgehalten habe, weil er sie wohlmöglich durch den permanenten Rauchdunst nie sah.Während sein Vater früher Reisen ohne Karten und Navigationsgerät zielgerichtet bewältigt hätte, brauche er schon für Ausflüge in die tiefste Öde und Wildnis, nach Mönchengladbach, eine Outdoor-Jacke, die zum Gummiboot mutieren könne, vor Unwetterwarnung warne, nach Blähungen ABC-Alarm auslöse oder einen Lawinenhund beinhalte, der Irrende rette.

Ihm war bange, was er außer Hirsesteak oder Tofu-Burger noch zu Essen bekomme, wie viele Biere er noch vertrage, wie er einen Stollen vom Rückzugsgebiet Hobby-Keller zur Stammkneipe errichten könne oder dass seine Frau seine handwerkliches Geschick nicht genügen achte, selbst wenn Wände zusammenkrachen. Früher seien die männlichen Wesen als Jäger oder Sammler verherrlicht worden, so Vollmer, heute hingegen wünschten viele Frauen sie sich in Salzsäure als gelöstes Problem. Das ehemals starke Geschlecht fange schon an zu weinen, wenn das Smart-Phone herunterfalle, werde von Frauen ferngesteuert oder freue sich nach langem Desinteresse auf ein Rendezvous mit der Lehrerin seines Kindes, doch wolle diese ihn nur für den Protokolldienst beim frauenüberschwemmten Elternabend haben. Bei dem kamen die Teilnehmer nicht über den ersten Tagesordnungspunkt heraus, da es zu keiner Einigung kam, ob bei einer Aufführung der Räuber Hotzenplotz nicht geschlechtsneutral, bartlos, vegetarisch und vorurteilslos sein müsste. Aus dem Grund freue er sich jedes Mal, wenn im Männerversum sei, dem Baumarkt, oder er bei der Kölner Friedhofsverwaltung anrufe, denn dort werde ihm immer gesagt: »Der nächste freie Platz ist für sie reserviert.«

Zum Abschluss seines Programms, bei dem er Themen um Mann und Frau, Politik und Gesellschaft sowie Sport und Gesundheit überspitzt, witzig, zynisch, sarkastisch und zotig formulierte, kümmerte er sich um Lieder für Paare und ihre alltäglichen Probleme nach langer Zweisamkeit. Er präsentierte Hit-Adaptionen wie »Sag mir, wo meine Zähne sind, durch mein Zahnfleisch weht der Wind«, »Dank Biobrot und Magerquark kriegst du kein Herzinfarkt und liegst fitter im Sarg«, »Ich schau dir tief ins Gesicht, aber du erkennst mich nicht«, »Mit sieben Krücken musst du gehen«, »Immer, wenn du gehst, geht ein Teil von dir, doch das Leergut, das bleibt hier« oder »Nimm Abschied du mein Hüftgelenk«, so dass er den verdienten Applaus von den begeisterten Zuhörern im Alten Rathaus bekam.mru

»Zeitreise« durch Einbeck

Kunst und Kultur an außergewöhnlichen Orten