»Vom Lehrling zum Gesellen und darüber hinaus«

Freisprechung der Kreishandwerkerschaft Northeim-Einbeck im BBS-Forum | 91 Prüflinge haben bestanden

Einbeck. »Nach altem deutschen Handwerksbrauch spreche ich euch öffentlich und feierlich frei. Macht eurem Handwerk stets Ehre, haltet hoch die guten Sitten eurer Väter, seid fleißig, sparsam, treu und redlich. Werdet gute, tüchtige und brave Handwerksgesellen.« Mit dem Akt der Freisprechung endete für 91 junge Männer und Frauen die Zeit ihrer Ausbildung. Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe konnte neben den erfolgreichen Absolventen der Sommer-Gesellenprüfungen die Meister und Lehrlingswarte sowie zahlreiche Vertreter aus dem Bereich des Handwerks, aber auch die Eltern und Angehörige zur Feierstunde im Einbecker BBS-Forum begrüßen. Die Aussage von Hans Marolius »Bildung ist nicht Wissen, sondern Interesse am Wissen« gab er den Junggesellen mit auf ihren kommenden Weg. Im Handwerk, das geistiges Wissen und Werk der Hand sei, hätten sie während der Ausbildung Abläufe in einem Betrieb und ihrem Beruf kennengelernt, sozusagen die elementaren Dinge, doch müssten sie jetzt ihr Interesse am Wissen »entzünden«, um ihren Grad der Bildung zu erhöhen.Der Lernprozess werde nicht aufhören, so dass sie sich nicht auf dem Erworbenen ausruhen sollten, sondern sich stetig weiterentwickeln. Jeder habe in der heutigen Gesellschaft viel mehr Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten als früher, davon sollte Gebrauch gemacht werden.

Weiter hinterfragte er das Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Freizeit: Wenn ein Junggeselle 18 Jahre alt sei, habe er bis zum Rentenalter ein Arbeitszeitkontingent von 83.848 Stunden. Werden jedoch tägliche freie Zeit, Urlaub, Wochenenden und Feiertage im gleichen Zeitraum addiert, hätten die jungen Menschen bis zur Rente 104.857 Stunden Freizeit, die genutzt werden solle. Die erfolgreichen Prüflinge müssten weiter hungrig nach Bildung sein, sich ehrenamtlich engagieren und sich nicht nur aufs Geld konzentrieren, denn dies werde sich, wenn sie sich aktiv einsetzen, von allein einstellen. Hupe schloss seine Rede mit einem Zitat von Gerhart Hauptmann, dass »Sobald jemand in einer Sache Meister geworden ist, sollte er in einer neuen Sache wieder Schüler werden«.

In der Kreishandwerkerschaft Northeim-Einbeck haben 108 Lehrlinge aus elf Innungen ihre Prüfungen abgelegt, davon haben 91 – das entspricht 85 Prozent – das Prüfungsziel erreicht. Davon haben sich wiederum sieben als Innungs- beziehungsweise Prüfungsbeste qualifiziert. Sie haben die Möglichkeit, am Leistungswettbewerb der Handwerksjugend teilzunehmen und dabei auf Kammer-, Landes- oder Bundesebene zu besonderen Ehren zu kommen.

Über das Thema »Vom Lehrling bis zum Gesellen und darüber hinaus« sprach Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek in ihrer Rede. Was im privaten Leben oft kein Grund zur Freude sei, nämlich zum »Junggesellen« zu werden, bedeute im beruflichen Leben einen großen und wichtigen Schritt, der gebührend gefeiert und gewürdigt werden solle. Vor drei Jahren sei der Tag der Freisprechung nur eine ferne verschwommen Perspektive gewesen, das jetzige feste Fundament für das Leben. Die Gesellen hätten durch ihre Ausbildung und ihre Prüfung etwas erreicht, worauf sie stolz sein könnten.

Da oft zu wenig gelobt werde, hob sie die Arbeit der Eltern und der Ausbildungsbetriebe hervor, die einen großen Anteil daran hätten, dass jetzt so viele junge Männer und Frauen geehrt werden. Der Weg zum Ziel war oft nicht leicht, aber durch Einsatz, Wille und Engagement erreicht.

Neben handwerklichen Fähigkeiten und Kenntnissen wurde auch Leistungsbereitschaft, Ehrgeiz, Ernsthaftigkeit, Eigeninitiative und Sozialkompetenz geschult, also auch die traditionellen Tugenden der Zuverlässigkeit, der Rücksichtnahme, der Pünktlichkeit und des Respektes.

Mit der erfolgreichen Prüfung hätten die jungen Handwerker die Grundausbildung beendet, doch warten in Zukunft viele Herausforderung auf sie. Michalek empfahl, die Bausteine des erhaltenen »Werkzeugkastens« zu nutzen, um sich stets fort- und weiterzubilden sowie offen für Veränderungen zu sein.Nicht nur das Handwerk, sondern die ganze Gesellschaft gründe sich auf die Bereitschaft zur Leistung und der Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung für sich selber und andere. Von Anfang an war die Soziale Marktwirtschaft vom handwerklichen Motor geprägt, wie auch die Gesellschaft eigenverantwortliche, selbstständige und mündige Bürger brauche, um sich weiter entwickeln zu können.

Zum Abschluss wünschten sie den Prüflingen, dass sie beruflichen Erfolg sowie privates Glück unter einen Hut bekommen und dass der Titel des »Junggesellen« nur auf den Betrieb beschränkt sei. Für alle Absolventen laute das Urteil bei der Verleihungsfeier: »Freispruch«, doch sollten sie zukünftig ihre Chancen nutzen und aus ihren Möglichkeit »etwas machen«.mru