Vor 1.000 Jahren begründete Graf Udo die Grafschaft

Von Einbeck-Katlenburg / Keine klare Namensgebung Stammen die Grafen von den Immedingern ab? Königskandidat ermordet

Vor 1.000 Jahren gehörte Einbeck zum Gebiet des Grafen Udo. Seine Familie waren die Grafen von Stade, beziehungsweise die Sippe der Udonen. Diese Familie ist bis in das Jahr 929 – Graf Luder (Lothar) und Gräfin Swanhilde – zurück zu verfolgen. Wie die Grafen von Stade zu ihrem Besitz im sogenannten Lisgau und Rittigau kamen (das Gebiet von der Leine bis zum Vorharz) ist bisher unbekannt. Graf Luders Sohn Luder-Udo hat wahrscheinlich die Tochter des Grafen Sigebert aus dem Geschlecht der Immedinger geheiratet, so dass seine Söhne immedingischen Besitz im Leine- und Vorharzgebiet erbten.

Einbeck. In einer alten Urkunde wird ein Abkommen zwischen Kaiser Konrad II. und Graf Udo aus der Zeit von 1024 bis 1039 als Rechtsgrundlage für die Erbschaft genannt. Danach wurden dessen Grafschaftsrechte im Liesgau und Rittigau und Forstrechte im Harz mit dem Besitz eines »predium« (auch praedium), einem Landgut oder einem Reichslehen in Einbeck verknüpft. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass beim Fehlen von männlichen Nachkommen auch Töchter als Erben eingesetzt werden konnten – eine außergewöhnliche Regelung für die damalige Zeit. Dies war insofern von Bedeutung, als man im Mittelalter zwischen Lehen und Allod unterschied.

Das Allod war der von Abgaben freie Grundbesitz, also das Eigentum. Das Lehen wurde von einem Lehnsherren, zum Beispiel dem Kaiser oder König verliehen, war also kein Eigenbesitz.

Graf Udo und sein Bruder Heinrich waren Söhne des Grafen Luder-Udo I. (Lothar) von Stade. Aufgrund der wenigen aus dieser Zeit vorliegenden Urkunden kann es aber auch möglich sein, das ihr Vater Sigebert war, um 990 ein Graf im Lisgau.

Aus einer dieser Urkunden geht hervor, dass Udo von Katlenburg, seine Frau Bertrada und deren Erben beiderlei Geschlechts gegen Abgabe des Erbgutes der Bertrada in der Nähe von Stuttgart und des Allods von Udo im sächsischen Hessengau fortan die schon in ihrem Besitz befindliche Grafschaft im Liesgau und einem Forst im Harz zu erblichem Lehn tragen sollten.

Der gesamte Lehnbesitz sollte demjenigen Erben beiderlei Geschlechts zufallen, an den ihr Allod in Einbeck fallen würde. Das ist recht kompliziert ausgedrückt – war aber alles in allem ein Tauschgeschäft.Vor 1.000 Jahren gab es noch keine einheitlichen Namensgebungen, so dass die Grafen des Lisgau und Rittigau verschiedene Namen hatten: Grafen von Stade-Katlenburg, Grafen von Einbeck und nach der Übersiedelung auf die strategisch sehr günstig gelegene Katlenburg zum Ende des elften Jahrhunderts Grafen von Katlenburg. In einer Urkunde aus dem Jahre 1007 findet sich nur die Bezeichnung »Udo comes« (Graf Udo) und im Jahre 1022 »astantibus Udone« (Udo erscheint als Zeuge) in Gandersheim.

Die Bezeichnung »Grafen von Einbeck« wurde nur zeitweise geführt. Nachgewiesen ist die Bezeichnung nur für Graf Dietrich III., deswegen hat sich in der Geschichtsschreibung eher die Bezeichnung »Grafen von Katlenburg« und nicht »Grafen von Einbeck« durchgesetzt.

Bis in die zweite Hälfte des elften Jahrhunderts war der Stammsitz und Wohnort der Grafen ein Landgut in Einbeck, zu dem vielleicht ein befestigter Herrenhof gehörte. Wahrscheinlich war Udo der jüngere der beiden Brüder, da er in den Quellen stets hinter Heinrich genannt wird.

Die erste Erwähnung von Graf Udo in den geschichtlichen Quellen kann man getrost als »Negativ-Schlagzeile« bezeichnen: Erstmalig wird Udo für den 30. April 1002 erwähnt, als er mit seinem Bruder an der Ermordung des Markgrafen Ekkehard I. von Meißen durch die Grafen von Northeim beteiligt war. Der thüringische Markgraf Ekkehard war einer der Bewerber auf den Königsthron und reiste durch Norddeutschland, um Unterstützer für sein Vorhaben zu finden. Nach einer Vorwahl von 16 sächsischen Bischöfen und Fürsten konnte Ekkehard aber noch keine Mehrheit für sich gewinnen.

Auf dem Rückweg machte er Rast auf dem Hof von Graf Siegfried I. von Northeim. Dessen Frau Ethelinde verriet Ekkehard, dass er von den Söhnen ihres Mannes und den Brüdern Udo und Heinrich ermordet werden sollte. Ekkehard wandte sich zur Flucht und konnte aus Northeim entkommen. In Pöhlde bei Herzberg wähnte er sich in Sicherheit. Allerdings war er noch nicht aus der Gefahrenzone heraus. Es gelang Graf Siegfried von Northeim, den Königskandidaten durch einen Lanzenstich zu töten.

Nach einer anderen Quelle wurde Ekkehard von Heinrich und Udo und anderen Adligen aus Rache bestialisch ermordet, wobei sein Haupt vom Rumpfe abgetrennt wurde – wahrscheinlich ein Angriff mit dem Schwert. Ob die Tat nun von Siegfried oder den Brüdern Udo und Heinrich oder von allen dreien begangen wurde, bleibt unklar. Offensichtlich hatte aber dieser Mord keine größeren Konsequenzen, denn von einer Bestrafung des Attentates ist nichts überliefert. Nach dem Mordanschlag blieb Udo unbehelligt in Südsachsen, während sein Bruder Heinrich in den Norden zurückkehrte.

Nach 1013 amtierte Graf Udo in der Dorfmark Pöhlde, also im östlichen Teil des Lisgaues, wo bereits für das Jahr 1002 sein Bruder als »comes de cadalenburg« – Graf von Katlenburg – erwähnt wurde. Im Jahr 1018 beteiligte sich Graf Udo an einer westfälischen Fehde, im Jahr 1039 wird Udo als Zeuge in Gandersheim erwähnt, ein Jahr später starb er.wk