Vorsorgeuntersuchungen sollen warten

Zahnarztbesuche weiterhin möglich | Im Zweifelsfall an den Zahnarzt wenden

Dr. Ulrich Huchtemann: Die Einbecker Zahnarztpraxen sind weiterhin erreichbar. Durchgeführt werden medizinisch notwendige Behandlungen.

Einbeck. Die zahnärztliche Versorgung wird in Deutschland trotz Coronavirus aufrecht erhalten. Zahnärzte zählen zu den systemrelevanten Berufen – dementsprechend haben die Zahnarztpraxen geöffnet. »Wir haben Berufsverbot, müssen aber gleichzeitig die Versorgung sicherstellen«, sagt Dr. Ulrich Huchtemann, Sprecher der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Jedoch sollen Behandlungen nur erfolgen, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist. Angst vor dem Gang in die Praxis muss man nicht haben: Man könne sich beim Besuch einer Zahnarztpraxis in Deutschland auf ein sehr hohes festgelegtes Hygieneniveau verlassen.

Desinfektionsmittel steht bereit, Abstände werden eingehalten. Huchtemann bemängelt allerdings, dass die Praxen nicht mit ausreichend Schutzmitteln versorgt werden. Er habe 15 Mundschutze bekommen, weitere müssten zu überhöhten Preisen selbst beschafft werden, ebenso wie Kittel aus Plastik. Vier Liter Desinfektionsmittel seien für 21 Praxen zur Verfügung gestellt worden – zu wenig.
Die Einbecker Zahnarztpraxen seien weiterhin erreichbar, stellt er klar. Allerdings leiden sie unter massiven Einbußen: »Die Leute sagen ab.« Die Kosten aber liefen weiter, und Kurzarbeit für die Beschäftigten sei »kein schöner Weg«. In niedersächsischen Zahnarztpraxen sollen derzeit also nur noch Patienten mit akuten Beschwerden behandelt werden, begonnene Arbeiten können noch beendet werden. Prophylaktische Maßnahmen, elektive (ausgewählte) Untersuchungen und planbare Behandlungen sollen in den Praxen derzeit unterbleiben und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Der Zahnarzt legt fest, was medizinisch notwendig ist. »Da die allermeisten zahnärztlichen Behandlungen medizinisch notwendig sind, kann man diese zeitlich nur sehr begrenzt aufschieben, ansonsten kommt es unvermeidlich zu einer Verschlechterung des gesamten gesundheitlichen Zustandes eines Patienten«, so die Zahnärztekammer Niedersachsen.

Bei Kontakten zu Patienten wird derzeit ganz besonders auf die Einhaltung geeigneter Schutzmaßnahmen geachtet. Das Infektionsrisiko in der Praxis ist erhöht, weil im Mund gearbeitet wird. Da eine Erkrankung an Covid-19 nicht immer mit starken Symptomen einhergeht, können Patienten oder Zahnärzte infiziert sein und es gar nicht wissen. Aus diesem Grund empfehlen die Zahnärztekammern, nur noch medizinisch notwendige Behandlungen durchzuführen.

Die professionelle Zahnreinigung ist zwar medizinisch sinnvoll, in Zeiten der Corona-Krise aber nicht medizinisch notwendig. Zurzeit gilt auch, dass Behandlungen von Patienten mit Atemwegserkrankungen verschoben werden Zahnärzte und Prophylaxe-Assistentinnen tragen bei der Behandlung einen Mund-Nasen-Schutz, dieser schützt sie aber nicht vor der Ansteckung mit dem Coronavirus. Der Mund-Nasen-Schutz verhindert lediglich die Ausbreitung von Covid-19, wenn ihn ein Infizierter trägt.

Wer also keine Zahnschmerzen hat, sollte jetzt nicht zum Zahnarzt gehen. Vorsorgeuntersuchungen etwa müssen erstmal warten. Gerade der Zahnarzt sei gefährdet, sich bei einem infizierten Patienten anzustecken. Denn in den ersten Tagen nach einer Infektion sind die Viren vor allem im Rachenraum hoch konzentriert. Beim Bohren, wenn sich mit dem Wasser ein feiner Nebel bildet, könnten Viren auch aus dem Rachenraum und der Mundhöhle in die Luft gelangen.

Grundsätzlich gilt: Zahnarztbesuche sind weiterhin möglich, betont die Bundeszahnärztekammer. Sie bittet aber Patienten, die Symptome haben, begründete Verdachtsfälle sind oder bestätigt an Covid-19 erkrankt sind, nicht in die Praxis zu kommen. Sie sollten sich zunächst telefonisch beim Zahnarzt melden. Für Covid-19-Patienten sind Schwerpunkt-Zahnarztpraxen eingerichtet – in Hameln und Hannover.

Im Zweifelsfall wenden sich Patienten an den Zahnarzt und klären individuell mit ihm ab, ob eine Behandlung zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich ist. Der Zahnarzt wird diese Entscheidung dann im Einzelfall treffen.

Und was ist mit dem Bonusheft für die Krankenkasse, in dem für jede Vorsorgeuntersuchung ein Stempelchen gesammelt wird? Darauf gibt es noch keine konkrete Antwort von der Bundeszahnärztekammer: Dies müsse zu einem späteren Zeitpunkt grundsätzlich geklärt werden.

Erwachsene müssen einen Stempel pro Kalenderjahr nachweisen, Kinder und Jugendliche zwei Stempel. Es wäre also egal, ob man die letzte Vorsorgeuntersuchung im Frühjahr 2019 hatte – und sie diesmal erst im Herbst 2020 machen ließe. Bei Kindern, wo zwei Untersuchungen pro Jahr gefordert sind, könnte es schon eher Probleme geben. Ist das Bonusheft über einen bestimmten Zeitraum lückenlos geführt, stehen einem bei einem Zahnersatz höhere Zuschüsse zu – bei fünf Jahren ohne Unterbrechung sind es 20 Prozent mehr.sts