»Wenn es hinten juckt«

Vortrag von Dr. Christian Kley beim Förderverein des Bürgerspitals

Über ein gesellschaftlich tabuisiertes Thema, über das keiner gern spricht, die Hämorrhoiden, berichtete jetzt Dr. Christian Kley, Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie, beim Förderverein des Einbecker Bürgerspitals. Sie seien arteriovenöse Gefäßpolster, die ringförmig unter der Enddarmschleimhaut liegen und die dem Feinverschluss des Afters dienen, erklärte Kley. Im ­Normalfall enden sie zwischen Analkanal und Mastdarm. Wenn von Hämorrhoiden (Corpus cavernosum recti) gesprochen werde, seien meist die Hämorrhoidalleiden gemeint, die Beschwerden verursachen. Sie treten oft mit quälendem Juckreiz auf, daher auch der Titel des Vortrags: »Wenn es hinten juckt.«

Einbeck. Über die Ursachen der Entstehung gebe es keine gesicherten Daten. Männer und Frauen zwi-schen 45 und 65 Jahren seien meistens betroffen. 3,5 Millionen Behandlungsfälle gebe es in Deutschland sowie jährlich 50.000 Operationen, davon rund 100 im Einbecker Bürgerspital. Begünstigende Faktoren seien unter anderem Durchfall, zu wenig Ballaststoffe, Übergewicht, falsches Pressverhalten bei der Darmentleerung, Hitze, Schwitzen, sitzende Tätigkeiten samt Bewegungsmangel (»Hämorrhoiden lieben es bequem«) sowie der Gebrauch von Abführmitteln.

Beschwerden können Jucken, Brennen, Stuhl­schmieren, Blutungen, Schmerzen, anales Nässen, gestörte Defäkation oder unvollständige Darm­entleerung, Fremdkörpergefühl sowie Hämorrhoidenvorfälle sein. Die Hämorrhoidenleiden werden in vier Grade unterschieden. Beim ersten Stadium seien die Hämorrhoiden nur innen und nicht sichtbar, beim zweiten treten sie beim Pressen hervor, ziehen sich dann aber wieder zurück. Beim dritten Grad können sie noch in die Ausgangslage zurückgebracht werden, beim vierten ist das Zurückschieben nicht mehr möglich.

Bei der ärztlichen Untersuchung werden Informationen zu Entwicklung und zur Dauer des Leidens erfragt. Es folgen visuelle und teilweise taktile Inspektionen. Die schwerste Erkrankung (vierter Grad) ist äußerlich leicht zu sehen. Durch Pressen des Schließmuskelapparates können ­heraus­­-kommende Hämorrhoiden des zweiten und dritten Grades erkannt werden, die des ersten Grades nur mit einem Proktoskop. Kommt es zu Blutungen sind auch andere Enddarmerkrankungen möglich, Rektoskopien (Mastdarmspiegelungen), Proktoskopien (Enddarmspiegelungen) oder Kolos­kopien (Darmspiegelungen) können bei der Diagnose helfen.

Medial gebe es einen großen Markt an Möglich-keiten, so Kley. Ob beworbene Produkte wie Tee, Kügelchen oder Medikamente, die schnelle Heilung versprechen, wirklich helfen, sei fraglich. Oft kosten sie viel Geld, könnten eventuell Schmerzen lindern, halten aber den Krankheits-prozess nicht auf. Maßnahmen wie mehr Mobilität oder Gewichtsreduktion seien eher geeignet, die Symptome zu reduzieren. Mehr Hygiene vermindere Hautirritationen; dazu gehöre unter anderem die Reinigung des Afters mit klarem Wasser.

Zur Therapie des ersten Grades gehören Salben, Zäpfchen, Sitzbäder oder die Stuhlregulierung, so Kley, zur zweiten Stufe Gummibandligaturen, Verödungen oder die Hämorrhoidal-Arterien-Ligatur (HAL/THL). Dabei werden die Versorgungs­arterien abgebunden. Bei schwereren Erkrankungen erfolge eine ­Operation – spätestens beim vierten Grad. Die chirurgischen Verfahren haben sich seit dem Mittelalter stetig entwickelt, schmunzelte Kley, sie seien eine wirksame Therapie. Zwar können noch teilweise postoperative Blutungen oder Verletzungen des Schließmuskels auftreten sowie die Beschwerden wiederkehren, doch dies nicht oft. Bewährt habe sich das von Antonio Longo entwickelte Verfahren. Mit einem speziellen Operationsgerät werde dabei die Analhaut geliftet. Durch die gezielte zirkulare Entfernung des Gewebes komme es zur Reduzierung der Hämorrhoiden auf normale Größe. Sie werden auf die ursprüngliche Position zurückversetzt. Ein sicheres, schmerz­armes Verfahren, das schnell unter Narkose durchgeführt werden kann. In der Regel sei es für den Patienten möglich, nach 24 Stunden wieder nach Hause zu gehen. Gepaart mit Behandlungen durch den Hausarzt, Schmerztherapien, Salben, Kamillensitzbädern und Stuhlregulierungen sowie Geduld bei der Heilung werde man die Hämorrhoidenleiden los.

Früher wurde oft gesagt, »setze Dich nicht auf kalte Gegenstände, sonst bekommst du Hämorrho-iden« – ob dies zutreffe, glaube er nicht, so Kley. Sicher sei, dass je eher die Diagnose erstellt werde, um so schneller könne gezielt geholfen werden, dass es nicht mehr juckt. Viel Beifall bekam Dr. Christian Kley für seinen interessanten Vortrag. Brunhild Vatterodt, Vorsitzende des Fördervereins, dankte ihm mit einem Präsent.mru