»Wer die Opfer vergisst, tötet sie noch einmal«

Einbeck. Eine Mahnung gegen das Vergessen: Im Gedenken an den Brand der jüdischen Synagoge in Einbeck am 9. November 1938 haben sich viele Bürger zum Jahrestag am Mahnmal in der Bismarckstraße zur Kranzniederlegung mit Bürgermeister Ulrich Minkner versammelt. Vor 74 Jahren, erinnerte er, brannten in ganz Deutschland jüdische Gotteshäuser. 1.400 Synagogen, Gedenkstätten, Schulen und viele andere Einrichtungen wurden zerstört. Mehr als 400 jüdische Bürger hätten ihr Leben verloren, entweder wurden sie ermordet, oder sie begingen verzweifelt Selbstmord. Zehntausende wurden festgenommen und landeten in Konzentrationslagern. Auch in den folgenden Tagen wurden Menschen gejagt und verprügelt, Läden gestürmt und geplündert, Friedhöfe verwüstet, und berufliche Benachteiligungen häuften sich.

»Unter dem Vorwand des vermeintlichen Volkszorns setzten die Nazis in dieser Nacht ganz bewusst ein öffentliches Zeichen«, erläuterte Minkner.« Der Kampf gegen die Juden habe zwar schon früher begonnen, mit dem 9. November 1938 wurde das Vorgehen aber öffentlich. Dabei blieben die jüdischen Mitbürger in dieser Nacht weitgehend allein, es sei wenig Widerstand und Protest überliefert, staatliche und städtische Organisationen blieben zurückhaltend. In einem Buch, das noch in diesem Jahr erscheinen werde, habe Christine Wittrock Erschütterndes zu den Umständen in Einbeck erforscht. Es gehe dabei aber nicht um persönliche Vorwürfe. »Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätten, und wir wissen, wie es vielen im Widerstand gegen die Nazis ergangen ist«, sagte der Bürgermeister. Es sei gut, dass sich am Jahrestag in vielen Städten Menschen zu Gedenkfeiern treffen würden. Es sei ermutigend, wenn Menschen gemeinsam Widerstand leisteten gegen Neonazi-Treffen oder wenn sie Schulungszentren einrichten wollten.

Es sei auch gut, dass Nazis nur in wenigen Parlamenten und Räten säßen und dass sie auch bei der nächsten Kommunalwahl in Einbeck nicht antreten würden. »Der Kampf gegen Antisemitismus und gegen Rassismus darf kein Ende haben«, mahnte er. Das sei Deutschland seiner Geschichte schuldig, und deshalb sei auch dieser Beitrag in Form der Gedenkfeier mit Kranzniederlegung wichtig – nahe der Stelle, an der ein Gotteshaus, das den Einbecker Juden heilig war, ungestraft niedergebrannt wurde. Die Erinnerung daran dürfe nicht verblassen. Gedenken heiße auch erinnern. »Wer die Opfer vergisst, tötet sie noch einmal«, zitierte er aus dem Talmud. Die gut besuchte Feier wurde umrahmt von der Bläsergemeinschaft Kuventhal-Einbeck. ek

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