Wer Hilfe braucht, der bekommt sie

Kernstadt-SPD bei Projektsommer zu Besuch in der Einbecker »Tafel« | Ehrenamtlich

Einbeck. Bei ihrem dritten Projektsommer-Termin hat die Kernstadt-SPD die Einbecker »Tafel« besucht. Es sei schade, dass es so etwas geben müsse, bedauerte der Vorsitzende René Kopka. Allerdings sei die Lage für viele Menschen so, dass sie auf diese Hilfe angewiesen seien, und für diese starke ehrenamtliche Hilfe wollte die SPD bei ihrem Besuch danken.

Im Dezember 2007, erinnerte Thomas Döhrel, der mit Pfarrer Ewald Marschler und Marco Spindler einer der Koordinatoren der »Tafel« ist, sei die Idee konkret geworden, aus der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Einbeck heraus eine »Tafel« zu gründen. Die Kirchengemeinden St. Josef und St. Alexandri sollten die Aufgabe übernehmen, und zu dritt wurde weiter geplant – mit schnellem Erfolg, denn die erste Ausgabe erfolgte bereits im Februar 2008. Innerhalb von acht Wochen wurden Spender geworben, ein Auto zum Abholen der Ware wurde beschafft, ein Laden, damals noch an der Ecke Stiftplatz/Haspel, eingerichtet. Ein hauptamtlicher Geschäftsführer wurde nicht eingestellt, sondern alles lief und läuft auf ehrenamtlicher Basis: »Das klappt gut, wir arbeiten komplett ohne Personalkosten«, so Döhrel. Die Abrechnung erfolge über das Kirchenkreisamt.

Die Nachteile des ersten »Tafel«-Ladens waren die vielen Ebenen und Stufen – die Arbeit für die Helfer war mühselig. Nahezu zeitgleich sei ihm und Pfarrer Marschler beim Betrachten des leeren Getränkegroßhandels an der gegenüberliegenden Ecke Münsterstraße/Hohe Münsterstraße die Idee gekommen, dorthin umzuziehen, und innerhalb von Minuten sei man mit dem Eigentümer einig geworden. Im Rahmen einer 72-Stunden-Aktion haben Jugendliche aus der katholischen Gemeinde die Räume renoviert. »Und seitdem sind wir hier, und wir sind ganz glücklich.«

Die ehrenamtliche Struktur setzt auf die Organisation in Teams. Chefs gibt es nicht, sondern alles läuft in Absprache. Rund 20 Personen sind bei den Fahrern aktiv, in Zweiergruppen rücken sie montags, dienstags und donnerstags aus, um Lebensmittel von verschiedenen Verbrauchermärkten in der Region abzuholen. Mittwochs und freitags stehen Sonderfahrten, etwa zum Abholen von Überproduktion, an. Die Sortierer, rund zehn Freiwillige, von denen immer drei bis fünf vor Ort sind, treffen sich dreimal pro Woche. Die Anlieferung wird dann für die Ausgabetage – Mittwochnachmittag und Freitagvormittag – sortiert. Die Lebensmittel werden von den Ausgebern verteilt. Die Vorsortierung spart man sich inzwischen. Stattdessen packt der Ausgeber für den einzelnen Kunden ein, was er bekommen soll beziehungsweise was er möchte. Durch langjährige Erfahrung geschehe das mit gutem Augenmaß, lobten Döhrel und Marschler. Jemand, der alleinstehend sei und nicht selbst koche, bekomme etwas anderes als die Mutter mit einer großen Familie. Die Ausgeber sorgten dafür, dass es für eine vierköpfige Familie auch kurz vor dem Ausgabeende noch etwas gebe. Pro Ausgabetag kommen etwa 100 Bedarfsgemeinschaften.

Die »Tafel« sieht diejenigen, die als Bedürftige Lebensmittel bekommen, als Kunden. Zurzeit sind es 400 Personen in 150 Bedarfsgemeinschaften beziehungsweise Familien. Pro Familie wird ein Berechtigungsausweis ausgestellt. Dafür wird ein Kostenbeitrag von fünf Euro pro Monat erhoben. Kinder sind frei. Die Fünf-Euro-Zuzahlung sei wichtig, damit sie sich nicht als Empfänger sähen, sondern einen kleinen Beitrag leisten könnten. Für die Berechtigungsausweise sind Leistungsbescheinigungen, etwa nach dem SGB II oder auf Grundsicherung, vorzulegen. Zum einen kommen Familien mit Migrationshintergrund, deren Aufenthaltsstatus es ihnen nicht erlaubt zu arbeiten, zum anderen sind Alleinstehende ab etwa Mitte 50 dabei, die durch Krankheit oder soziale Probleme »aus der Kurve getragen« wurden und nicht mehr arbeiten können. Sie müssten mit dieser Hilfe die Zeit bis zur Rente überbrücken. Mehrfach hätten sich Kunden entsprechend aus der Bedürftigkeit abgemeldet. Weiter kämen alleinerziehende Mütter, für die häufig kein beruflicher Einstieg – mehr – möglich sei. Schließlich seien auch einige wenige Menschen im sozialen Abseits auf die »Tafel« angewiesen. Lange habe es gedauert, bis sich beispielsweise Rentnerinnen gemeldet hätten – bei vielen gebe es da falsche Scham. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal hierher kommen muss«, das sei etwas, was man häufiger höre, so Döhrel. »Uns ist es egal, aus welchem Grund die Kunden kommen«, versicherte er. Alle würden mit Respekt behandelt. Etwa 20 Kunden, führte Döhrel weiter aus, würden aktiv mithelfen, sie seien vom Nutzerbeitrag befreit.

Auch über die Kirchengemeinden Markoldendorf und Dassel sei eine Versorgung gewährleistet. Sie würden den Fahrdienst aus diesem Bereich übernehmen und Lebensmittelkisten abholen; allerdings werde dieser Service nur wenig genutzt. Stattdessen kämen die Kunden lieber direkt in den Laden. Der Bereich Kreiensen wird über die Gandersheimer »Tafel« versorgt.

Die Waren seien teilweise von Super-Qualität, betonten Marschler und Döhrel, wenig beziehungs­weise nichts zum Wegwerfen. Dank großer Kühlschränke könne man im »Tafel«-Laden die Produkte ausreichend lange frisch halten.

Monatsweise ist das Angebot schwankend. So sind zum Jahresbeginn besonders Joghurt, Quark und Käse vorhanden, während es nur wenig Gemüse gibt. Etwa ab Ostern gibt es mehr Gemüse, und im ­Sommer kann die »Tafel« häufig auf Überproduk­tionen, etwa von Pizza oder Saft, zurückgreifen. Übers Jahr gesehen seien die Spenden ausreichend, zumal es eine gute Zusammenarbeit mit den ört­lichen Märkten gebe.

Ein besonderes Anliegen sind in Einbeck die »gesunden Kinderpakete«. 2009 gab es dafür eine auf zwei Jahre begrenzte Förderung durch die Landeskirche. Auch wenn das jetzt ausgelaufen sei, so halte man diese Unterstützung doch für wichtig und finanziere sie aus Spenden weiter, berichteten Thomas Döhrel und Sabine Blawe, die dafür im »Tafel«-Team verantwortlich zeichnet. Alle 14 Tage mittwochs gibt es für Kinder bis 13 Jahre ein Paket, das beispiels­weise Milch, Quark, Obst, Gemüse und Joghurt enthält. Es hat einen Wert von etwa vier Euro. Aktuell gibt es 134 Bezieher. Pro Monat sind damit Kosten von etwa 1.000 Euro verbunden.

Der nächste Termin des Projektsommers »Wir hören uns um« führt die SPD am Dienstag, 26. August, zur Straßenmeisterei. Treffen ist vor Ort in der Hannoverschen Straße um 18 Uhr.ek