Westzieher kehren in ihre Horste zurück

Storchenvater Bernd-Jürgen Schulz berichtet vom Storchenzug | Adebar in Markoldendorf und Immensen

Einbeck. Viele Jahre schon beobachtet Storchenvater Bernd-Jürgen Schulz die Tiere im Leinetal. Immer wieder berichtet er davon in der Einbecker Morgenpost. Über lange Jahre zählte man stets weniger Störche in Deutschland, und dieser Trend war auch hier im Leinetal in den 1950er Jahren festzustellen. Seit Anfang der 1990er Jahre scheint sich dies durch menschliche Hilfe umzukehren. Doch die Entwicklung ist trügerisch: Der Zuzug von neuen Brutpaaren entstammt aus Regionen mit intakten Lebensräumen für Adebar, wie der Storch im Volksmund auch häufig genannt wird. Dort zieht er mehr Junge auf, als zum Bestandserhalt notwendig sind.

Der Lebensraum für Störche wird in vielen Regionen Deutschlands kleiner, viele Wiesen ver- schwinden durch Bebauung oder werden intensiv genutzt. Es bleibt immer weniger Platz für den Storch. Seit Menschengedenken waren hier im Leinetal schon immer Störche angesiedelt, war doch die Landschaft von Wiesen und Äckern geprägt. Schon in den 1950er Jahren siedelte sich ein ­Storchenpaar auf einem Schornstein der Saline in Sülbeck an.

Nachdem die Schornsteine und Gebäude der alten Saline in Sülbeck abgerissen wurden, verschwanden auch hier erst mal die Störche. Ende 1980 siedelte dann aber wieder ein Weißstorchenpaar auf dem Schornstein in Drüber, auf der »Alten Meierei« an. Dieser wurde dann aber leider auch zwischen 1996 und 1997 abgetragen, so dass dann auch in Drüber keine Nistgelegenheit mehr vorhanden war. Eine Saison brütete erfolgreich ein Storchenpaar auf einem Hochsitz in der Gemarkung Stöckheim/Hollenstedt. Ein Jahr später waren auch dort die Weißstörche verschwunden.

Während des Polderbaus im Jahr 1987 wurde im Polder 1 ein Storchenhorst errichtet.Viele Jahre dauerte es, bis sich im Jahr 2002 ein Storchenpaar dort niederließ und 2004 erfolgreich der erste Jungstorch groß wurde. In den nachfolgenden Jahren bis 2012 wurden dort erfolgreich Jungstörche von ihren Elterntieren groß gezogen. Das Frühjahr 2013 zeichnete sich besonders durch nasskaltes Wetter aus. So entstand in den Nestern Nässestau, und die Storchenküken verendeten an Unterkühlung. Ab dem Jahr 2008, genau am 24. Mai, wurden dann das erste Mal vom Or­nithologen Georg Fiedler und Storchenbetreuer Bernd-Jürgen Schulz zwei Jungstörche im Salzderheldner Horst beringt. Diese beiden Jungstörche tragen nun für ihr weiteres Leben die DEW-6X251 und 6X252.Am 23. Februar 2008 konnte ein zweiter Storchenhorst auf der Crammschen Pferdekoppel in Immensen aufgestellt werden. Dieser wurde im Frühjahr 2010 von einem neuen Storchenpaar besetzt. Die dortige Störchin trägt die Ringnummer DEH-H-6397, der Partner ist nicht beringt. Jedes Jahr kommt nun auch dieses Storchenpaar auf ­seinem Storchenhorst aus dem Winterquartier dort hin zurück. 2012 erfolgte dort die erste erfolgreiche Brut. Drei Jungstörche konnten in dem Jahr beringt werden mit den Ringen DEW-9X293 bis 9-295, von einem der Jungstörche konnte der Ring in Spanien abgelesen werden. Doch leider wurde dieser dort von einem Lkw angefahren und verendete dabei. »Aber durch die Ringablesung wissen wir, es war ein Westzieher«, erklärt Schulz. 2010 siedelte ein weiteres Storchenpaar in Langenholtensen an, es errichtete dort auf einem stillgelegten Schornstein einer Bäckerei sein Nest. Jedes Jahr konnten dort vom Storchenpaar erfolgreich Junge groß gezogen werden.

2013 gab es eine Ansiedelung von einem Storchenpaar in Markoldendorf unterhalb der Kirchturmspitze in einer Höhe von 46 Metern auf der St. Martins-Kirche. Dieser Storchenhorst ist nun Deutschlands höchstes Storchennest und hat gleich viel Aufsehen erlangt, war es doch ohne jegliche menschliche Hilfe in dieser Höhe entstanden.

Am Ende des Jahres 2013 konnte ein weiterer Storchenhorst auf der Rimrodtschen Wiese in Denkershausen ganz in der Nähe der Denkershäuser Teichen aufgestellt werden. Anfang des Jahres 2014 stehen nun auch in Ellensen zwei Horste, errichtet von der dortigen Jägerschaft. Erst kürzlich konnte von der Jägerschaft in Greene und namhaften Unternehmen, Privatpersonen sowie dem Weißstorchenbetreuer Bernd-Jürgen Schulz neben dem Landgasthaus Greene ein Mast mit Nisthilfe für Weißstörche errichtet werden.

In den letzten Tagen hat, bedingt durch das gute Wetter, der Weißstorchenzug aus den Winterquartieren eingesetzt, und es sind auch einige der hiesigen Störche schon zurückgekehrt – fast gut drei Wochen früher. Besonders erfreulich ist, dass einer der Störche in Markoldendorf unterhalb der Kirchturmspitze der St. Martins-Kirche zu den frühen Rückkehrern gehört, aber auch ein Storch aus Immensen hat vor 14 Tagen seinen heimatlichen Horst erreicht, jedoch zieht es ihn immer nach Hollenstedt zum dortigen Storchenhorst. Seit einer Woche sind in ganz Deutschland die Westzieher verstärkt auf ihren Horsten zu beobachten. Die Ostzieher, die bis zu 12.000 Kilometer zurücklegen, befinden sich am Golf von Suez, und dann geht es weiter über den Bosporus über Zentralanatolien. Sie werden etwa in zwei bis drei Wochen Deutschland erreichen. »Hoffen wir weiter auf eine glückliche Rückkehr der jetzt noch fehlenden Störche«, meint Schulz.oh