»Wilhelm Henze« reiste aus dem fernen Taiwan an

Ehemaliger Einbecker erhielt die Werke des plattdeutschen Schriftstellers aus Asien / Zufallsbekanntschaft sorgt für große Freude

In dem Buch »Ut ‘ner olden Stadt« schreibt Wilhelm Henze über die Erinnerungen an seine Heimatstadt Einbeck, in der er am 16. Februar 1845 geboren wurde. Mit zusätzlichen Bildern verschönert, erhielt Dieter Böhlke, in Celle lebender Einbecker, dieses Buch sowie weitere Werke des Schriftstellers jetzt zugeschickt: aus Taiwan.

Einbeck. Mehrmals im Jahr kommen Dieter und Karola Böhlke aus Celle nach Einbeck, um ihre alte Heimat zu besuchen. Der Einbecker und die Dasselerin genießen jeden ihrer Aufenthalte, und sie interessieren sich sehr für die Geschichte der Region und der Stadt. Deshalb informieren sich auch gern bei der Tourist-Information, wenn sie in den heimischen Gefilden sind. Bei einer ihrer letzten Fahrten nach Einbeck trafen sie im Eickeschen Haus Stadtführer Horst Bode, mit dem Böhlke zusammen in den 60er Jahren im Junggesellen-Corps aktiv war.

Gemeinsam schwelgten sie in Erinnerungen, und sie dachten an die gemeinsamen Corps-Zeiten zurück.Nach der Verabschiedung erkundigten sich Böhlkes noch weiter in der Tourist-Information. Dabei wurden sie von einem deutschen Mann und einer chinesischen Frau angesprochen, die sich über Einbeck und die Stadtgeschichte interessierten. Hartmut Erdmann-Harenberg, ein Kreienser, der jetzt in Taiwan lebt, hatte nach überstandener Krankheit seine asiatische Pflegerin, die ihn intensiv medizinisch versorgt hatte, jetzt nach Deutschland eingeladen, um ihr seine alte Heimat zu präsentieren. Anschließend gingen die vier durch Einbeck, dabei berichtete Böhlke den asiatischen Besuchern über die Historie der Stadt und das Brauwesen.

Bei ihrem Rundgang durch die Innenstadt kamen sie auch auf berühmte Persönlichkeiten Einbecks zu sprechen wie auf den plattdeutschen Schriftsteller und Rezitator Wilhelm Henze, der am 16. Februar 1845 hier geboren wurde. Im Gegensatz zu Erdmann-Harenberg, der mehrere Bücher des Heimat-Autors besitzt, konnte Böhlke bisher noch kein Werk des Schriftstellers erwerben. Nachdem sie sich lange über den Dichter unterhalten hatten, der am 1. März 1918 in der niedersächsischen Hauptstadt gestorben war, trennten sich die Wege der ungewöhnlichen Gäste, doch tauschten sie zuvor ihre Adressen aus.

Im vergangenen April erhielt Böhlke dann die Nachricht, dass am Hauptpostamt in Celle ein Päckchen auf ihn warte. Da er nichts bestellt hatte und ohne Brille den Absender nicht entziffernt konnte, wollte er zuerst die Annahme der Sendung verweigern. Zudem konnte er sich nicht vorstellen, wer ihm etwas aus Taiwan schickt. Erst als der Postbote ihm mitteilte, dass der Empfang kostenfrei sei und Böhlke doch noch den Adressaten erkannte, nahm er das Päckchen an. Beim Auspacken ahnte er nichts vom Inhalt, und er war total überrascht und sprachlos, als dann zwei gebundene Bücher von Wilhelm Henze vor ihm lagen. Angesichts der gemeinsamen Verbundenheit zum Autor hatte Erdmann-Harenberg dessen Werke in Taiwan kopieren lassen, zusätzliche Bilder von Einbeck wie das Geburtshaus von Henze, das Eickesche Haus und das Hotel »Zum Goldenen Löwen« eingefügt und sie als Literatur-Sendung zu Böhlke nach Celle geschickt.

Am 29. Februar in Hsinchuang in Taiwan abgeschickt, war das wertvolle Päckchen fast zwei Monate unterwegs, bevor es den ehemaligen Einbecker in Celle erreichte. Über die Überraschung, die ihm die Zufallsbekanntschaft bereitetet hatte, ist Böhlke immer noch sprachlos. Vergeblich hatte er schon nach Werken des Autors im Antiquariat gesucht, doch findet er es unglaublich, auf solch ungewöhnlichem Weg doch noch in den Besitz der besonderen Werke gekommen zu sein.mru