Wissen, dass man nicht alles wissen kann

54 Abiturienten an den BBS Einbeck verabschiedet | Drei Jahre Schulzeit mit vielen positiven Erfahrungen

Einbeck. Im Rahmen einer Feierstunde wurden jetzt die 54 Abiturienten an den BBS Einbeck entlassen. Der Jahrgang 2013 hatte das Motto »Abicalypse« gewählt, und so handelten die Reden dann auch vom Maya-Kalender prophezeiten Weltuntergang, tapferen Kriegern auf dem Weg zum Abitur. Und Schulleiter Renatus Döring ging der Frage nach, was hilfreich für gelingendes Lernen ist.

Döring richtete seine Worte vor allem an die Abiturienten, aber auch an Eltern, Kollegen und Gäste. Zweieinhalb Jahre hätten die Abiturienten auf ihr Ziel hingearbeitet, ohne zu wissen, ob das Früchte tragen würde. Denn vor den Abiturienten lag am Anfang noch der Maya-Kalender, der das Ende der Welt voraussagte. Doch die Apokalypse sei zum Glück ausgefallen, hätte man doch sonst Bedeutendes nicht erlebt und auch nicht die Ausgabe der Abiturzeugnisse.

Abicalypse, fuhr Döring fort, heißt die Abizeitung, und damit hätten die Abiturienten einen sinnreichen Titel gewählt. Das Abitur sei die Apokalypse der Schulzeit, und nun sei diese Zeit zu Ende. Was die Abiturienten mitnehmen, bleibe abzuwarten. Vielleicht erinnere man sich im Nachhinein gerne an seine Schulzeit, wenn jetzt doch die Freude, dass sie vorbei sei, überwiege.

Döring ging auf die aktuelle Unterrichtsforschung ein. Schaden im Zusammenhang mit gelingendem Lernen würden das Sitzenbleiben, übermäßiges Fernsehen und lange Sommerferien. Nicht hilfreich seien offener und jahrgangsübergreifender Unterricht sowie webbasiertes Lehren und Lernen. Wenig helfen eine geringe Klassengröße, die finanzielle Ausstattung der Schule, entdeckendes Lernen und Hausaufgaben. Mehr helfen regelmäßige Leistungsüberprüfungen, lehrgeleiteter Unterricht und Zusatzangebote für starke Schüler. Richtig helfen Feedback durch Lehrkräfte, problemlösender Unterricht, Programme zur Leseförderung und ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. »Auf den Lehrer kommt es in der Tat an.«Der Hirnforscher Gerald Hüther formuliert, dass der Prozess des Lernens davon abhängt, ob und in welchem Umfang die Grundbedürfnisse nach Verbundenheit und Wachstum befriedigt werden. Die Aufgabe der Lehrer sei es, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Lernen sollte lebendig, praxisnah und am Entwicklungsstand des Kindes orientiert sein. Die Befragung der Schüler hat eine gute Bewertung für die Lehrer an den BBS gegeben, freute sich Döring. In den allermeisten Fällen sei die Chemie zwischen den Lehrern und Schülern lernfördernd. Aber die Lehrer lernten auch viel von den Schülern. Die Lehrer sollten darauf vertrauen, dass sich gute Arbeit lohne im Sinne der Schüler. Für Ziele sorgen, Perspektiven aufbauen und Gemeinschaft fördern, das könnten Lehrer, und dafür bedankte sich Döring  bei den Lehrkräften und Abteilungsleiterin Susanne Brandes. In Richtung Schüler wünschte sich Döring, dass sie wissen, dass sie nicht alles wissen können. Newton sagte »Unser Wissen ist ein Tropfen, unser Nichtwissen ist ein Ozean.«  Verinnerliche man dies, sei man vor Arroganz geschützt, und man habe keine Angst vor Autoritäten – »alles Wasserkocher«. Er wünschte den Schülern, dass sie Menschen finden, die sie vertrauensvoll begleiten und dass sie selbst zur vertrauensvollen Begleitern werden.

Der stellvertretende Bürgermeister Alexander Kloss verbindet als ehemaliger Schüler mit den BBS gute Erfahrungen. Mit den Abiturzeugnissen würden die Schüler in die Gesellschaft hineinwachsen, schlug er die Brücke zum zeitgleich stattfindenden Willkommensfest in Einbeck. »Die Zeit des Gammelns ist vorbei«, stellte er fest. Leistungsdruck und zielstrebiges Arbeiten hätten die Abiturienten aber in der Schule gelernt. Kloss ermutigte die kommende Zeit als Chance auf neue Sichtweisen und Veränderungen zu sehen. »Die Welt brauche Menschen mit Herz und Charakter.«

Abteilungsleiterin Susanne Brandes mit den Klassenlehrern Frank Knackstedt, Harald Meyer, Nikola Mönke und Heike Teves begrüßte ebenfalls die Besucher der Abiturfeier. Die Lehrer waren froh, dass das Abi-Motto »Tschüss Schule, hallo Arbeitsamt« nicht gewählt worden war. In ihrer Rede gingen die Klassenlehrer in Anlehnung an das Motto »Abicalypse« auf die Maya-Kultur und den prophezeiten Weltuntergang ein. Für manch einen Schüler, stellten sie fest, stand nach einer verhauenen Klausur der Weltuntergang bevor. Doch den hatte der Maya-Kalender eigentlich für den 21. Dezember 2012 vorhergesagt. Vier Gruppen tapferer Maya-Krieger machte sich zuvor auf den Weg, sich der Apokalypse entgegen zu stellen. Dabei entwickelten die vier Klassen mit den Schwerpunkten Informationstechnik, Sozialpädagogik, Ökotrophologie und Wirtschaft unterschiedliche Strategien:

Da gab es ein hohes Maß an Sozialkompetenz, die genaue Analyse des Gegners, die ausgeklügelte Marketingstrategie, Organisationstalent, Kreativität und Geduld. Mit den unterschiedlichsten Taktiken sei es den 54 Schülern gelungen, ihr Ziel, das Abitur, zu erreichen. Nun, nach zum Teil verlustreichen Scharmützeln, scheiden die Maya-Krieger aus. Für die Zukunft wünschten die Lehrer den Abiturienten alles Gute. Und sie gaben ihren ehemaligen Schützlingen mit auf den Weg: Der Maya-Kalender endet erst in 104 Jahren.

Für die Abiturienten blickten Felix Langanki und Romina Reese auf die vergangenen drei Jahre zurück: Es habe in den vergangenen Jahren viele positive Ereignisse gegeben, jede Klasse habe für sich, aber auch alle gemeinsam hätten viel Gutes erlebt. Langanki erinnerte an gewöhnungsbedürftige Kennenlernspiele, die Projektarbeit, das Kurssystem und viele Lernstunden. Vier unterschiedliche Klassen mussten miteinander lernen – die »wortgewandten« Informationstechniker, die »durchgeknallten« Ökotrophologen, die »verspielten« Sozialpädagogen und die »humorvollen, offenen und sportlichen« Wirtschaftler. Reese dankte im Namen der Schüler allen, die sie begleitet haben, den Lehrern und Eltern. Ein besonderer Dank ging an Susanne Brandes für ihr Verständnis für die Schüler. Es seien gute Freundschaften entstanden, und so blicken die Abiturienten auf eine »tolle gemeinsame Zeit« zurück. Die erste Etappe hin zu einem glücklichen Leben sei gemeistert, und deshalb könnten die Abiturienten stolz sein.

Mit der feierlichen Ausgabe der Abiturzeugnisse wurden die Abiturienten von der Schule in ihr weiteres Leben entlassen. Für die musikalische Umrahmung der Feierstunde sorgte die Schulband.sts