»Des Königs deutsche Legion«

Einbecker in englischen Dienste | Umfangreiche Recherche-Funde | Gerd Hillebrecht im Geschichtsverein

Einbeck. Am 4. Mai 1859 starb der Veteran Johann Justus Deterding in Einbeck. Er war der letzte Einbecker Soldat, der in »Des Königs deutsche Legion« diente. Über den Magistrat erhielt er seine Pensionszahlung vom »British Pay Office« in Hannover. Einem besonderen Kapitel der Personalunion zwischen dem Kurfürstentum Hannover und England zwischen 1714 und 1837 widmete sich jetzt Gerd Hillebrecht, bei einem Vortrag im Einbecker Geschichtsverein.

Von der »großen« Weltgeschichte bis zur Region gelang ihm der Bogen. Zur Vorgeschichte gehörte eine Regelung im »Act Of Settlement« von 1701: Ohne Parlamentszustimmung durfte das englische Königreich nicht an der Verteidigung des Kurfürstentums beteiligt werden. Hannovers eigene Verteidigung war nicht mehr unabhängig, wurde aber stets in Englands Auseinandersetzungen hineingezogen, so vom Spanischen Erbfolgekrieg 1701 bis 1714 bis zum Unabhängigkeitskrieg 1775 bis 1783. Stets wurde für Englands Interessen gekämpft.

Zu Napoleons Zeiten folgen Schlachten auf und um das Gebiet des Kurfürstentums mit Besetzung, Kontributionszahlungen, Toten. Am 5. Juli 1803 wurde Kurhannover besetzt, die Armee entlassen. König George III. ließ nun am 19. Dezember 1803 in Südengland, in Bexhill, eine Truppe gründen, zum Kampf gegen Frankreich: »The King’s German Legion«, also des Köngis Deutsche Legion, nicht »königliche«.

Dann hätte es »Royal« heißen müssen, erklärte der Referent. Es war eine Söldnerarmee, kein Teil der Königlich Britischen Armee. Sie bestand aus Deutschen, Ausländern: »Bloody Foreigners«. Briten war die Aufnahme untersagt. Der Zulauf war groß: Von geplanten 459 wurden es 15.000. Bis zur Auflösung 1816 dienten 28.000 darin. Stationiert wurde man in Bexhill, Sprache für die Deutschen war natürlich Englisch.

Mit Karikaturen, Landkarten, zeitgenössischen Abbildungen und vielen Original-Dokumenten illustrierte Hillebrecht seine Ausführungen, berichtete von den vielen Einsatzorten der Legion und ausführlich vom Anteil der Legion an der Schlacht bei Waterloo. Der zweite Vorsitzende des Geschichtsvereins, Willi Hoppe, hatte dem gut besuchten Zuhörerraum in der Teichenwegschule einen spannenden Vortrag versprochen, und das wurde es auch.

Detailliert und anschaulich erklärte Hillebrecht die Waffen von Kavallerie, Artillerie und Infanterie, die Kampfart der Infanteristen, in Formation, Mann an Mann vorzurücken, ohne Deckung, aber mit lautem Trommelschlag und in roter Uniform, mit dem Ziel den Gegner mit Musketensalven zu dezimieren.

Unterhaltend erläuterte er den umständlichen Vorgang des Nachladens bis zum Befehl: »Ready! Level! Fire!«. »Level« stand für Waagerecht, denn richtig zielen konnte man nicht. Auch der Uhland-Text von 1809 »Ich hatt’ einen Kameraden« nimmt auf dieses Laden Bezug. Der Pulverdampf nebelte alles ein, so dass Freund und Feind wirklich nur an der Uniformfarbe zu unterscheiden waren.

Umfangreiche Recherchearbeit leistete Hillebrecht, unterstützt von Stadtarchiv, Hellmut Hainski und Nachfahren einiger Legionäre. Durch Einzelbeispiele gelang es ihm Schicksale damals zu interpretieren. So gibt es auf dem Neustädter Kirchhof einen Gedenkstein für Freyherr von Walthausen, Hauptmann in der Legion, der 1813 auf Sizilien »durch Meuchelmörder« den Tod fand. Hillebrecht kam einer Quartierliste des Magistrats von 1801 auf die Spur.

Der Hauptmann lebte im Haus 11, bei Forstinspektor Kiep – später Kipp. Im Kirchenbuch von 1803 entdeckte er die Trauung zwischen Walthausen und Tochter Kipp und 1804 den Taufeintrag des Sohnes. In einer Quartierliste von 1802 ist ein Sergeant Friedrich Schultze mit Ehefrau und zwei Kindern zu finden, die im Kommandantenhaus untergebracht wurden. Während er an vielen Einsatzorten war, lebte die Familie in Bexhill.

Der dritte Sohn, ein geborener Einbecker, wanderte später nach Australien aus – ein Forscher, der auf Expeditionen zig tausende unbekannter Pflanzen und Tiere entdeckte. Christian Ludwig Heine ist ein weiteres regionales Beispiel: Bereits 1806, mit zehn, kam der spätere Musikdirektor und Einbecker Ehrenbürger als Tambour zur Legion. Weiteres Fundstück: Ein Wehrpass von 1815 des Soldaten Andreas Brandt, geboren 1763.

Als Veteran mit ehrenhafter Entlassung erhielt er eine ansehnliche Pension bis zum Lebensende. Allein diese Einzelschicksale samt der Fundbelege wären nachlesenswert in einem Jahrbuch des Geschichtsvereins, auch die Namen jener in Waterloo »Gebliebenen« dieser Region, von Christoph Helmker aus Amelsen über Christian und Conrad Düwel, Salzderhelden, bis zu Christian Wille, Lüthorst. Willi Hoppe und das Publikum dankten für den umfang- und aufschlussreichen Vortrag.des