Kreistag Northeim

Corona-Krise umfassendes Thema im Landkreis

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel mit ausführlichem Bericht über bisher ergriffene Maßnahmen und Kosten

Auf der Bühne der Northeimer Stadthalle hatten zur Kreistagssitzung die Kreistagsvorsitzende Frauke Heiligenstadt (vorn, Mitte), Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (vorn links), der Erste Kreisrat Jörg Richert (vorn rechts) und die Dezernatsleiter Platz genommen. Die Landrätin hat zur Corona-Pandemie und deren Bewältigung im Landkreis einen umfangreichen schriftlichen Bericht vorgelegt.

Northeim. Einen umfangreichen – schriftlichen – Bericht hat Landrätin Astrid Klinkert-Kittel bei der jüngsten Kreistagssitzung vorgelegt. Den Schwerpunkt bildete dabei das Thema Corona; um die Sitzung, die unter Wahrung von Abstands- und Hygieneregeln am Freitagnachmittag in der Northeimer Stadthalle abgehalten wurde, möglichst kurz zu halten, wurde der Bericht nicht verlesen, sondern er ist online einsehbar.

Der Landkreis Northeim war bisher weniger stark betroffen als viele andere Landkreise. Dies ist nicht zuletzt auf die konsequente Kontaktpersonennachverfolgung und Durchführung der vorgesehenen Quarantänemaßnahmen für Kontaktpersonen durch die Gesundheitsdienste zurückzuführen. Die berechtigte Sorge, die Coronavirus-Infektionen würden zeitnah viele Alten- und Pflegeheime betreffen und dort zu einer größeren Anzahl an Schwerkranken und Todesfällen führen, hat sich bisher erfreulicherweise nicht bewahrheitet. Es war bisher lediglich eine Einrichtung von Covid-19 -Infektionen betroffen. Die Kapazitäten der Akutkrankenhäuser wurden bislang nur zu einem geringen Anteil durch Covid-19 in Anspruch genommen. Darüber hinaus sind die Öffnungszeiten des Corona-Testzentrums in Einbeck auf drei Stunden täglich, von montags bis freitags, reduziert worden.

»Damit uns nicht zeitnah ›eine Welle‹ an Infektionen erreicht, müssen wir alle weiter privat und öffentlich konsequent für das Einhalten der Hygiene-und Abstandsregeln einstehen«, betont die Landrätin in ihrem Bericht. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landkreises wurden frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um ihren Schutz und die Funktionsfähigkeit der Kreisverwaltung gewährleisten zu können. Dazu wurden neben der Bereitstellung von Schutzmaterialien auch Verhaltensregelungen getroffen, die laufend angepasst werden. Für einen Großteil der Beschäftigten konnten die Voraussetzungen für ein Arbeiten im Homeoffice geschaffen werden. Auch nach den Lockerungen von Anfang Mai gilt, dass die Gebäude der Kreisverwaltung grundsätzlich geschlossen und persönliche Vorsprachen nur nach Terminvereinbarung möglich sind. Die telefonische Erreichbarkeit wird sichergestellt. Aktuell wird an einem Konzept zur tageweisen Öffnung gearbeitet.

Die Zulassungsstellen bieten wieder nahezu alle Dienstleistungen uneingeschränkt an. In die Fachbereiche Gesundheitsdienste, Ordnungs- und Vergabeangelegenheiten und Brand-und Katastrophenschutz sind einige Beschäftigte anderer Organisationseinheiten entsandt worden, um diese personell zu unterstützen. Im Gesundheitsdienst bindet die gegenwärtige Lage alle Mitarbeiter dort vollumfänglich. Neben dem Bürgertelefon sind insbesondere die Nachverfolgung von Kontaktpersonen und das Erlassen und Bearbeiten von Quarantänemaßnahmen sehr zeitintensiv.

Ein großes Thema ist die ausreichende Versorgung der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen mit Schutzmaterialien. Um unterstützend tätig zu werden, sind Beschäftigte der Kreisverwaltung abgestellt, um eine zentrale Beschaffung zu organisieren und zu koordinieren. Seit dem 20. März werden über die Polizeidirektion Göttingen Amtshilfeersuchen an das Innenministerium zur Beschaffung gestellt. Die so angeforderten Materialien können erfahrungsgemäß die Bedarfe der Einrichtungen nicht vollständig abdecken. Inzwischen ist es darüberhinaus gelungen, auch durch Bestellungen bei regionalen und überregionalen Anbietern Material zu erwerben, sodass die Bedarfe gedeckt werden können. Im Rahmen der regelmäßigen Ausgaben wurden bisher ungefähr 40 Einrichtungen versorgt. Vorrangig zu diesem Zweck hat der Kreisausschuss im Rahmen eines Umlaufverfahrens der außerplanmäßigen Bereitstellung von 500.000 Euro für Beschaffungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zugestimmt.

Im Dienstbetrieb der Kreisabfallwirtschaft sind neben Hygieneregeln und Beschränkungen im Publikumsverkehr der Verwaltung keine weiteren Einschränkungen im Dienstbetrieb mehr zu verzeichnen. Auch die Deponien sind wieder in vollem Umfang geöffnet.

Als Unterstützung für Unternehmen in der Corona-Krise bietet die Wirtschaftsförderung seit Ende März telefonisch und per E-Mail Beratungen und Hilfe bei Antragstellung sowie aktualisierte Informationen über die Homepage des Landkreises an. Bislang haben über 30 Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sofern noch keine Rückmeldung seitens der NBank zu ihrem Antrag erfolgt ist. Mit Blick auf die kürzlichen Lockerungen im Bereich Gastronomie hatten interessierte Gastronomen die Möglichkeit, sich über ein Servicetelefon über Hygienethemen, Abstandsregelungen und anderen Fragen zur Wiedereröffnung zu informieren. Darüber hinaus wurde die in dieser Woche geplante Eröffnung einer Fachstelle für qualifizierte Gründungsberatung vorbereitet.

Das Kultusministerium hat den Schulen am 23. April den Niedersächsischen Rahmen-Hygieneplan zur Verfügung gestellt. Die wesentlichen Hinweise wurden bereits im Vorfeld kommuniziert, sodass die Schulen die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln umsetzen konnten. Die Ausstattung mit Reinigungsmitteln wird durch die Kreisverwaltung sichergestellt. Soweit Schulleitungen darüber hinausgehende Maßnahmen umgesetzt haben, werden die entstandenen Aufwendungen über die Schulbudgets finanziert. Ergänzend haben die Schulen Handlungsempfehlungen bekommen, die Hinweise zum Umgang mit Covid-19-Verdachtsfällen beinhalten. Das kreiseigene Schulpersonal wurde im Rahmen des Arbeitsschutzes mit Mund-Nase-Schutz ausgestattet. Für die Schulsekretariate wurden umfängliche Schutzmaßnahmen umgesetzt.

Mit der stufenweisen Rückkehr der Schüler in die Schulen wird es zunehmend schwieriger, die Abstandsgebote in den Linienbussen einzuhalten. Um die Verkehrsunternehmen bei der Schülerbeförderung zu entlasten, wurde - in Abweichung vom Grundsatz der ÖPNV-Beförderung - die Möglichkeit eröffnet, die Kinder gegen Kostenerstattung selbst zu befördern. Dies gilt jedoch nur für Inhaber von Schülersammelzeitkarten.

Der Kreisausschuss hat beschlossen, die Abschlagszahlungen für die Karten nicht um die Tage des coronabedingten Schulausfalls zu kürzen, um weitere negative Auswirkungen auf die Einnahmesituation bei den Unternehmen zu verhindern. Den Busunternehmen wurden zur Notversorgung Einwegmasken zur Verfügung gestellt, damit noch nicht ausgestattete Schüler nicht von der Beförderung auszuschließen sind. In Abstimmung mit der Polizei sowie den Hauptverwaltungsbeamten der Städte und Gemeinden werden zur Kontrolle des Abstandsgebots an den Haltestellen verstärkt Kontrollen durchgeführt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung wurde auch im Bereich der Individualbeförderung mit Mietwagen und Taxen eröffnet. Als Ausgleich für die erheblichen Umsatzausfälle der Beförderungsunternehmen hat der Kreisausschuss beschlossen, eine Über­brückungshilfe von 50 Prozent als Zuschuss für die Beförderung von Schülern zu gewähren.

Zu den Schulen konnte die Landrätin weiter berichten, dass das Land in Vorbereitung auf das Homeschooling vorübergehend die Fördermodalitäten für die Beschaffung mobiler Endgeräte gelockert habe. Die Kreisverwaltung hat daraufhin 750 Tablets für 17 Schulen beschafft. Der Verteilung ging eine Bedarfsabfrage voraus. Die Anzahl der bereitgestellten Geräte wurde auf Grundlage der Schülerzahlen bemessen. Die Geräte sind zunächst als Leihgeräte in Härtefällen zu verwenden, sie sollen im Anschluss nach schulischen Medienkonzepten im Schulalltag eingesetzt werden. Alle 17 Fördermittelanträge aus dem Digital-Pakt Schule sind im Online-Antragverfahren zwischenzeitlich mit »geprüft/bewilligt« gekennzeichnet. Die beantragten Fördermittel in Höhe von 253.173,83 Euro wurden für alle 17 Schulen bewilligt.

Das Referat »Fördermittelmanagement« hat für den Landkreis Northeim einen Antrag auf Förderung einer Koordinatorenstelle zum kommunalen Strukturaufbau im Gesundheits­wesen gestellt. Damit wären Aufbau und Entwicklung kommunaler Kooperationsstrukturen im Sinne einer kommunalen Gesundheitsförderung durch Präventionsmaßnahmen unter Einbindung bestehender Strukturen möglich. Dabei verfolgt der Landkreis Northeim vor allem das Ziel, ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, gesundheitsförderliche Maßnahmen, die zu einem frühen Zeitpunkt im Leben greifen, zu implementieren und dadurch langfristig die Gesundheit der Menschen in der Region zu verbessern.

Am 31. März hat das Innenministerium mitgeteilt, dass durch die Gesundheitsämter auf Basis infektionsrechtlicher Erwägungen zu klären ist, ob beziehungsweise wie eine ordnungsgemäße Durchführung der Direktwahlen erfolgen könne. Entsprechend war eine Entscheidung für die geplante Bürgermeisterwahl in Uslar am 7. Juni zu treffen. Nach sorgfältiger Abwägung sei das Verschieben der Wahl angeordnet worden, so die Landrätin.
Weiter konnte sie berichten, dass die Berechnungen für Kreisumlage und Schlüsselzuweisungen für das laufende Jahr inzwischen vorliegen.

Nach aktuellen Berechnungen liegt die Kreisumlage 1,3 Millionen Euro über dem Planansatz, es ist jedoch auf lange Sicht mit erheblichen Verwerfungen zu rechnen. Die Schlüsselzuweisungen vom Land werden voraussichtlich fast fünf Millionen Euro weniger als geplant betragen. Ursächlich sind die geringer gewordenen Defizite bei den Soziallasten ab 2017. In der Summe bedeutet dies für 2020 Mindererträge in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro. Damit rutscht das geplante Ergebnis 2020 rechnerisch ins Minus. Ob als Sparmöglichkeit haushaltswirtschaftliche Sperren in Betracht gezogen werden müssten, lasse sie derzeit prüfen, so Astrid Klinkert-Kittel. Dies werde sich jedoch in der derzeitigen Situation als schwierig erweisen.

Darüber hinaus wird auch die Corona-Krise den Landkreis vor erhebliche finanzielle Herausforderungen stellen. »Ich gehe aufgrund der Pandemie-Auswirkungen insbesondere für das Kalenderjahr 2021 von nicht unerheb­lichen finanziellen Einbußen aus«, schreibt sie in ihrem Bericht. Vor dem Hintergrund rückläufiger Gewerbe- und Einkommenssteuer wird allein die Kreisumlage signifikant niedriger ausfallen als zurzeit geplant. Mehraufwendungen aufgrund von Leistungen nach SGB II, aber auch in anderen Bereichen der Sozial-und Jugendhilfe können auch schon 2020 auf den Kreishaushalt zukommen. Ein klareres Bild wird sich voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte abzeichnen. In der Gesamtbewertung wird dann zu entscheiden sein, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Nachtragshaushaltsplan eingebracht werden muss. »Es sind alle Kräfte zu bündeln, um den in den letzten Jahren durchaus positiven Verlauf der Finanzen des Landkreises nicht zu gefährden«, so die Landrätin.oh

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