Die Stimme erheben gegen Populismus

Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe: Angst-Analyse beim Gildentag | Fachkräfte fehlen

Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe eröffnete den Gildentag, und er stellte Überlegungen zur gegenwärtigen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage an.

Northeim. »Vielleicht passiert gar nicht mehr, sondern es wird nur von dem mehr bekannt, was passiert«: Über Meldungen, die Angst machen, hat Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe in seinem Wort des Handwerks anlässlich des Gildentages gesprochen. Er rief dazu auf, die demokratischen Werte der Gesellschaft stärker zu verteidigen.

Zuvor hatte er in der vollbesetzten Northeimer Stadthalle gute Wünsche für das neue Jahr übermittelt. Nach dem astrologischen Kalender gelte noch bis zum 20. März das Jahr des Kriegsgottes Mars. »Ab dem 21. März beginnt das Sonnenjahr. Deshalb kann 2017 nur noch besser werden.«

Nachrichtenprofis stellten derzeit fest, dass sie eine solche Häufung von negativen Ereignissen, wie in der letzten Zeit auftreten würden, noch nicht erlebt hätten. Verstärkt werde der Eindruck durch Internet und soziale Medien, die die Zeitspanne zwischen Ereignis und Bericht auf null verkürzten. Das habe zu einer Mitteilungsdichte geführt, die es vor diesen Medien nicht gegeben habe. Es sei viel von Angst die Rede, und es lasse sich nur schwer sortieren, wieviel Angst tatsächlich umgehe im Land, so Hupe: Wovor ängstigten sich die Menschen tatsächlich, was gehe auf die Veränderungsdynamik zurück?

Zweifellos seien die sozialen Netzwerke und obskuren Nachrichtenportale ein Verstärker selektiver Ängste - einfach deshalb, weil die Besonnenen nicht jede vermeintliche Beobachtung von irgendetwas der ganzen Welt mitteilen müssten. Daraus folge eine qualitative Hysterisierung der Kommunikation. Während früher die 20 Prozent Menschenfeinde unter sich bleiben, könnten sie sich heute so äußern, dass sie von 80 Prozent wahr und von 50 Prozent ernst genommen würden - darunter von den politischen Eliten und als Kollateralfolge von den etablierten Medien.

»Daraus resultiert eine geradezu absurde Überpräsentanz des Themas Angst in der öffentliche Debatte«, so der Kreishandwerksmeister, und das passiere in einer Gesellschaft, in der es den allermeisten Menschen so glänzend gehe, dass sie vor allem Angst davor hätten, zu dick, zu alt oder sonstwie unattraktiv zu sein. Die Veränderungsgeschwindigkeit sei enorm, und die Wahrnehmung der Wirklichkeit könne komplett verzerrt sein. Allerdings würden mit dem, was aufgrund dieser Wahrnehmung entstehe, Tatsachen geschaffen. Besonders fatal sei das, wenn darauf mit einer Politik der Angst reagiert werde, woraus der Rechtspopulismus Kapital schlage.

Viele Entwicklungen machten Angst oder erregten Besorgnis: Flüchtlingskrise, Brexit, Erdogan, Trump, Populisten in Frankreich und den Niederlanden, die AfD in Deutschland, in Italien Staats- und Bankenkrise, die Nationalisten in Polen. Diesen Entwicklungen müsse man mit der positiven Kraft der Gedanken und den positiven Fakten aus dem tatsächlichen Leben und Handeln entgegenwirken:?»Es sind nur Minderheiten, die uns Angst machen wollen. Sie können es nur schaffen, wenn die Mehrheit sich nicht artikuliert.« Er wünsche sich in diesem Zusammenhang, so Hupe, dass die demokratischen Werte mit der gleichen Leidenschaft verteidigt würden wie manchmal die Erhaltung der Abstandsflächen eines Neubaus zum Nachbargrundstück.

Die Weltkonjunktur, fuhr er fort, erhole sich langsam, der Konsum trage zur guten Binnenkonjunktur bei. Im Handwerk seien die Auftragsbücher voll, der Geschäftsklimaindex weise die höchste Zufriedenheit seit der Wiedervereinigung auf. Allerdings spüre das Handwerk den Fachkräftemangel, und man müsse Kunden warten lassen. Das bremse die Betriebe aus. Das Handwerk brauche dringend Facharbeiter und Auszubildende. Das Handwerk sei bekannt für seine gute Ausbildungsleistung, und dieser Weg werde auch für Abiturienten immer attraktiver.

Die Branche sei offen für Auszubildende aller Nationalitäten, frühzeitig habe man sich bei Qualifizierung, Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen engagiert. Man müsse in der Region für die betriebliche Ausbildung bei Jugendlichen und ihren Eltern werben, unter anderem durch eine verbesserte flächendeckende Berufsorientierung und durch stärkere Vernetzung der Berufsberater mit den Kammern. Außerdem müsse man besonders auf die Infrastruktur im ländlichen Raum achten und Berufsschulen und Bildungszentren in angemessener Dichte und auf neuestem Stand vorhalten.

Schließlich, so Hupe abschließend, bitte er um Verständnis für die Handwerker, wenn es derzeit manchmal nicht so schnell gehe wie erwartet. Er bitte auch um weitere Unterstützung, und er fordere dazu auf, die Stimme gegen Populismus und Extremismus in der Gesellschaft zu erheben, damit Splittergruppen nicht stärker wahrgenommen würden, als sie wirklich seien.ek

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