Fussball Bezirksliga

Wird die Unterbauregelung abgeschafft?

Bezirksligist stellt Antrag auf Reform l FC Sülbeck/Immensen und SG Dassel/Sievershausen äußern sich

Der FC Germania Bleckenstedt, der in Bezirksliga Braunschweig 3 aktiv ist, sieht die Unterbauregelung als eine veraltete und nicht mehr zeitgemäße Vorgabe und empfiehlt das Umsetzen einer notwendigen Reform seitens des Niedersächsischen Fußballverbandes.

Einbeck. Derzeit werden Vereine zur Teilnahme am Spielbetrieb in der Landesliga nur zugelassen, wenn diese neben dem erreichten Aufstieg aus der Bezirksliga auch die sogenannte Unterbauregelung erfüllen. Die Unterbauregelung des NfV besagt, dass mindestens eine weitere Herrenmannschaft in einer unteren Leistungsklasse und ein Juniorenteam in einer der Altersklassen von den A- bis C-Junioren (11er-Mannschaft) im Verein vorhanden sein muss. Die »EM«-Sportredaktion hat die beiden regionalen Bezirksligisten SG Dassel/Sievershausen und FC Sülbeck/Immensen befragt, wie sie zu dem Antrag stehen.

Landesligaaufstieg im Blick

Da die Bleckenstedter die Unterbauregelung nicht erfüllen können, entgeht dem derzeitigen Tabellenführer die Chance, in der kommenden Saison trotz möglicher sportlicher Qualifikation, in der Landesliga spielen zu dürfen. Auch die bereits seit Jahren etablierte JSG mit den Nachbarorten Hallendorf und Üfingen können derzeit keine A- bis C-Juniorenmannschaft stellen. »In diesem Jahr haben wir ausgezeichnete sportliche Voraussetzungen und eine reelle Chance, den Sprung in die Landesliga zu schaffen« sagt Vorstandsmitglied Thomas Köhler und ergänzt stolz: »Der Verein feiert in diesem Jahr sein 100-Jähriges Bestehen. Unser Traum ist es, uns mit dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem Landesligaaufstieg, zu belohnen.«

Die fehlenden Jugendteams sind nicht etwa ausschließlich im mangelnden Nachwuchsengagement des Vereins zu suchen. Vielmehr sind die Gründe sehr vielseitig und auch infrastrukturellen und gesellschaftlichen Ursachen geschuldet. »Legt man den demografischen Wandel, die Auswirkungen der Corona-Krise sowie die wachsende Freitzeitkonkurrenz und den damit einhergehenden Rückgang von Teams und Spielern zu Grunde, so müssen wir uns eingestehen, dass kleinere Vereine trotz guter Arbeit und starkem ehrenamtlichen Engagement geringere Chancen haben, höherklassig zu spielen – trotz sportlicher Qualifikation. Die bisherige Unterbauregelung sehen wir daher nicht mehr als zeitgemäß an und hoffen auf ein Umdenken beim Verband«, führt Köhler weiter aus.

Ein Bericht im NFV-Journal beschreibt den Schwund an Jugendmannschaften eindrucksvoll und zeigt auch die Prognose auf, dass das Ganze durch die Corona-Krise noch verstärkt wird. Darin wird beschrieben, dass heutzutage den Jugendlichen der Ehrgeiz fehlt, um buchstäblich am Ball zu bleiben. Hinzu kommt der Zeitmangel durch Ganztagsschulen, die Freizeitkonkurrenz sowie der allgemeine Bewegungsmangel, gestresste Eltern, die ihre Kinder nicht permanent von A nach B fahren können, aber auch motivierte und qualifizierte Jugendtrainer fehlen in vielen Vereinen. Letztendlich aber kommt der Knick häufig spätestens dann, wenn die Jugendlichen ab der C-Jugend (14/15 Jahre) aufs Großfeld wechseln. Je älter die Spieler, desto dünner ist personell die Luft für die Mannschaften.

Trend erkennbar

Im Bezirk Braunschweig ist dieser Trend auch klar erkennbar. 36 der insgesamt 64 Vereine, aufgeteilt in vier Bezirksligen, sind bereits Jugendspielgemeinschaften eingegangen (Stand: Saison 2019/20). 13 dieser 64 Vereine haben keine Mannschaft im A-, B- und C-Bereich. Zehn Vereine haben lediglich eine einzige A-, B- oder C-Jugendmannschaft – eine JSG mit eingeschlossen. Aufgrund dieser nicht aufzuhaltenden Entwicklungen ist es dringend erforderlich, die Unterbauregelung zu reformieren oder gar abzuschaffen. Die Bleckenstedter wollen kurzfristig den Dialog mit dem NFV suchen und haben bereits einen entsprechenden Antrag zur Abstimmung beim NFV-Verbandstag im kommenden Februar eingereicht.

SG DaSie kritisiert Regeln

»Ich glaube schon, dass Vereine, die ambitioniert im Herrenbereich dabei sind, grund­sätzlich auch eine funktionierende Jugendabteilung benötigen oder in Jugendspielgemeinschaften organisiert sein sollten. Die deutlich nachlassenden Zahlen bei den jugendlichen Fußballern und auch jetzt die coronabedingte Pause wird nach meiner Einschätzung aber für die Zukunft weitere Probleme für ausreichend Fußballer mit sich bringen.«, sagt Matthias Riemer (Fußballfachwart SG Dassel/Sievershausen).

»Letztlich sollte es dennoch das Ziel eines engagierten Vereins sein, nicht ausschließlich den Herrenbereich erfolgreich zu führen, sondern mindestens genau so engagiert den Unterbau durch eine gute Ausbildung mit guten und motivierten Übungsleitern zu organisieren. Ansonsten wird die erfolgreiche Phase des Vereins immer sehr überschaubar bleiben oder man muss die in anderen Vereinen gut ausgebildeten Spieler abwerben. Dieses Abwerben führt letztlich aber zwangsläufig dazu, dass ein regelrechter Transfermarkt entstehen wird, der für die Planungen der Vereine wenig zuträglich sein wird. Im Raum Göttingen werden die Teams in höheren Leistungsklassen ja praktisch halbjährlich neu formiert. Die Identifikation der Spieler mit den Vereinen bleibt dabei tendenziell auf der Strecke«, führt Riemer fort, der auch zugleich die Spielordnung des Niedersächsischen Fußballverbands (NFV) in Frage stellt.

»Die Regeln des NFV sollten ohnehin regelmäßig auf zeitgemäße Veränderungen geprüft werden. Ich erinnere nur an die Vorschrift, dass ein Aufstieg aus der Kreisliga in die Bezirksliga nur selbstständigen eingetragenen Vereinen möglich ist und selbst langjährige Spielgemeinschaften nicht aufsteigen dürfen. Der erhebliche organisatorische Aufwand für die Gründung eines eigenen Fußballvereins, ist uns aus 2019 noch sehr gut in Erinnerung und sollte an dieser Stelle ebenfalls nochmals kritisch auf Verbandsseite hinterfragt werden.«

Sülbeck für Abschaffung

Der FC Sülbeck/Immensen, der als Tabellenführer der Staffel B am Saisonende von der- selben Situation betroffen sein könnte, teilt die Meinung des Antragstellers: :»Wir unterstützen die Meinung der Bleckenstedter und sind für eine Abschaffung!«, berichtet FC-Sprecher Dominik Peters. »Wir haben aktuell eine 9er C-Jugend. Allerdings mit mehr als elf aktiven Spielern. Wir könnten rein theoretisch eine 11er-Mannschaft melden, haben uns aber dagegen entschieden, weil wir das nicht von Spiel zu Spiel ändern wollten, da wir auch mit Absagen von Spielern rechnen müssen«, zeigt Peters die aktuelle Lage beim FC auf.

»Somit könnten wir die Bedingungen wohl mit Biegen und Brechen erfüllen und würden uns auch für einen Aufstieg entscheiden. Wobei man natürlich nie weiß, wie es nächste Saison mit unseren C-Jugendspielern aussehen wird«, so Peters weiter. Seit 2019 bildet der FC Sülbeck/Immensen mit dem TSV Edemissen die JSG Sülbeck. Davor beteiligten sich noch der SR Stöckheim und der TSV Hollenstedt an der Jugendspielgemeinschaft. Während Stöckheim sich komplett aus dem Jugendfußball zurückgezogen hat, hat Hollenstedt gemeinsam mit dem VfR Salzderhelden, TSV Vogelbeck, TSV Hohnstedt und dem TSV Edesheim den JFV Leinepolder gegründet, was zur Auswirkung gehabt hat, dass sich viele Spieler aus der JSG Sülbeck dem JFV Leinepolder angeschlossen haben.mc

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